Zwischen den Zeilen
Hochzeitszeitschriften und welche über Blumen. Etwas anderes fällt mir unter den entsprechenden Titeln jedenfalls nicht auf.
Ich greife nach der obersten, die mich vom Layout ein bisschen an ein Hochglanzmagazin erinnert, und blättere darin. Ein paar Sachen hat er mit Kreuzen und Kringeln, gezackten Linien und Pfeilen markiert. Hauptsächlich Fotos mit Blumen und Arrangements.
Nach ein paar Seiten langweilt es mich. Also beschließe ich, den Balkon in Augenschein zu nehmen und mich noch ein bisschen in der Wohnung umzusehen.
Ich stehe auf und öffne die schwere Tür. Der Balkon ist größer, als ich es für Dachgeschoss erwartet hätte. Und ziemlich hübsch. Ich glaube, ich verliebe mich grade in einen Balkon.
Es gibt eine Liege aus dunklem Rattan mit hellen Polstern, die verdammt gemütlich aussieht, Pflanzen, von denen ich, wie eben in der Zeitschrift, mindestens die Hälfte noch nie im Leben gesehen hab und die mindestens genauso perfekt arrangiert sind wie auf den Hochglanzfotos, und ein zur Liege passendes Sofa. Davor einen niedrigen, ebenfalls passenden Tisch aus Rattan, so, wie viele hippe Cafés und Bars sie im Sommer an der Alster haben. Etwas abseits steht eine weiße Säule, die oben einen Windfang aus Glas hat. Ich schätze, das ist so ein Ding, in dem man Feuer machen kann.
Der ideale Ort für einen lauen Abend mit Freunden und einem Glas Wein oder um sich nach einem anstrengenden Tag in die Abendsonne zu fläzen und ein Buch zu lesen. Und für die Liege fallen mir noch ein oder zwei andere nette Sachen ein, für die er sich vielleicht einen Sichtschutz besorgen sollte.
Einen Moment lang denke ich darüber nach, mich auf die Liege plumpsen zu lassen, aber mittlerweile fröstle ich, obwohl heute mit Sicherheit wieder ein warmer Tag werden wird.
Also ziehe ich die Tür wieder hinter mir zu und gehe zurück in den Wohnraum. Schwanke zwischen der Option, meine Kaffeetasse zurückzubringen, und der, nachzusehen, welcher Raum sich hinter der Tür neben dem halbhohen Regal verbirgt, in dem er seine CDs und DVDs aufbewahrt. Es sind nicht sonderlich viele. Aber das stört mich nicht weiter. Ich finde, das ist, zusammen mit dem eher kleinen Fernseher etwas, das im Zweifel eher für ihn spricht.
Ich zucke zusammen, als ich einen Schlüssel im Schloss höre, entscheide mich spontan für die Variante mit der Kaffeetasse, greife danach und bringe sie zurück in die Küche.
»Josh?«, höre ich seine Stimme fragend aus dem Flur, bevor er die Schlafzimmertür wohl öffnet, sie dann wieder zuzieht und mit einer Tüte in der Hand zu mir in den Wohnraum tritt.
»Hi«, sage ich ein wenig verlegen, als würde ich mich bei irgendwas ertappt fühlen, und muss kurz in die Spüle und meine leere Tasse starren, um mich zu sammeln. Schon seine Anwesenheit macht mich nervös.
Und ich glaube, ich hatte schon wieder ein bisschen vergessen, wie unverschämt gut er aussieht. Er sieht verschlafen aus und sein Haar ist ungemacht. Aber das macht ihn grad ziemlich sexy.
»Hey!« Er tritt hinter mich und legt die Brötchentüte auf der Arbeitsplatte ab.
»Morgen.« Ich drehe mich zu ihm. Er lächelt. Ich erwidere es und spiele am offenen Reißverschluss seiner Kapuzenjacke herum. Ich würd ihn gerne küssen. Aber irgendwie trau ich mich nicht.
»Wo bist du gewesen?«, frage ich ihn.
»Großmarkt«, ist seine Antwort.
»Du hättest einen Zettel hinlegen können«, beschwere ich mich ein wenig vorwurfsvoll.
»Ich hab Brötchen mitgebracht. Lust auf Frühstück?«, ignoriert er meinen Einwand.
»Hm.« Ich nicke. Seine Hände umfassen mein Becken und sein Daumen streichelt sanft über meinen, auch in einer Jeans noch ein bisschen vorstehenden Hüftknochen. Ich mag diese Berührung. Unsere Blicke treffen sich und ich sehe ihn an. Sein breites Kinn mit dem Grübchen, seinen Hals, die Haut, die rau ist und so gut schmeckt, seine schönen Lippen, seine Nase, seine Augen. Mir wird warm und mein Herz schlägt hart in meiner Brust.
»Ich hab mir Kaffee gemacht«, murmle ich, bevor er mir die Entscheidung, ob ich ihn küssen sollte, abnimmt, nach meinem Kinn greift, mich festhält und mich dann küsst. Liebevoll und gleichzeitig fordernd, ein bisschen spielerisch, aber begehrlich. So, dass ich die Augen schließen müsste, selbst wenn ich es nicht wollte. Seufzend gebe ich seiner Zunge nach, die meine Lippen öffnet. Lasse ihn gewähren und dränge mich ein wenig an ihn. Er schmeckt nach frisch geputzten Zähnen und einem winzigen
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