Zwischen den Zeilen
die es neben Bade- und Schlafzimmer noch gibt und betrete den dahinterliegenden Raum. Er ist ziemlich groß und lang gezogen. Es ist eine Dachwohnung mit Gaubenfenstern. Dadurch, dass es Altbau ist, sind die Decken trotzdem nicht allzu schräg.
Der Raum ist ziemlich geschmackvoll eingerichtet und teilt sich in Wohnzimmer und offene Küche. Ich mag seine Möbel. Das helle Sofa links an der Wand sieht gemütlich aus. Darüber hängt ein Bild auf einer Leinwand. Rechts daneben gibt es ein paar Rahmen mit Fotos. Ich gehe rüber, um sie zu betrachten. Irgendwie finde ich so was immer interessant.
Auf einem der Bilder ist Daniel zusammen mit einem anderen Kerl seines Alters. Daneben hängt ein Bild von einem Mann, der Ben ein bisschen ähnlich sieht, zusammen mit einer Frau und zwei Kindern. Daneben Portraitfotos der beiden Jungs, die nach Schulfotograf aussehen. Auf einem weiteren Bild Ben, wohl vor ein paar Jahren, mit anderer Frisur und dem Kerl, der auch auf dem Bild mit Daniel zu sehen ist. Nirgendwo gibt es Fotos von seinen Eltern.
Der Fernseher ist nicht übermäßig groß und steht an der Wand gegenüber. Außerdem gibt es einen Couchtisch, der mich ein bisschen an das Treibholzteil vor dem Laden erinnert, und einen Sessel.
Am Ende des Raumes erstreckt sich eine Fensterfront mit Balkontür. Davor stehen ein paar Orchideen in weißen Übertöpfen. Ich kann eine Sitzgruppe sehen, draußen, Holzboden und natürlich auch dort eine Menge Pflanzen.
An der Wand neben der Fensterfront lehnen ein paar dunkle Bilderrahmen in unterschiedlichen Größen. Zum Teil verdecken sie einander. Ich kann Hochzeitsfotos darin erkennen. Und eine Menge solcher Karten von Brautpaaren, wie Nati sie neulich als Dankeschön verschickt hat.
Rechts von mir gibt es eine kleine, offene Küche mit einer Bar, die ins sichtbare Gebälk der Wohnung integriert ist und die sie offen vom Raum trennt. Vermutlich war dort irgendwann mal eine Wand, die man entfernt hat. Jetzt hängt ziemlich weit oben zwischen den Balken ein Türreck. Der Kühlschrank ist so ein großes Teil im Retro-Look mit einem Hebel, an dem man ziehen muss, um die Tür zu öffnen. Sehr cool.
Ganz offensichtlich steh ich nicht nur auf den Kerl, sondern auch auf seine Wohnung. Und noch mehr würd ich wohl drauf stehen, wenn er jetzt hier wäre. Aber ganz offensichtlich ist er das nicht, denn ich kann ihn nirgendwo entdecken.
Mein Blick wandert suchend durchs Zimmer. Nirgends eine Nachricht, kein Zettel, den er hinterlassen hat und der einen Hinweis darauf liefert, wo er steckt.
Ich gehe ein paar Schritte in die Küche. Auch hier ist kein Zettel. Die Kaffeemaschine ist aus. In der Dose dahinter, in die ich neugierig schaue, finde ich ein paar Kapseln. Ich hoffe, ich schrotte das Teil nicht, wenn ich versuche, mir einen Kaffee zu machen.
Etwa fünf Minuten später sitze ich mit einer Tasse einigermaßen gelungenem Kaffee auf seinem Sofa. Immer noch keine Spur von ihm und auch mein Handy, das ich zwischenzeitlich im Schlafzimmerchaos wiedergefunden hab, zeigt keine Nachrichten an. Seines hat er nicht dabei, ich hab's grade angerufen und aus dem Schlafzimmer den Klingelton gehört.
Na super... Hoffentlich ist er nur Brötchen holen und nicht einfach geflohen, weil er vergangene Nacht nicht ganz so toll fand wie ich. Oder er dreht mit dem Riesenhund eine Runde an der Alster. Er hat ja erzählt, dass er meist morgens Laufen geht. Allerdings haben wir, wenn dem so sein sollte, eine sehr unterschiedliche Definition von Morgen . Denn nach meiner Meinung ist es noch mitten in der Nacht. Trotzdem hätte er einen Zettel hinlegen können. Dann müsste ich mir die Zeit jetzt nicht mit Spekulationen vertreiben.
Ich nippe an der schlichten, weißen Tasse, die ich im Schrank gefunden habe. Er hat ziemlich viel zusammenpassendes Geschirr für jemanden, der alleine lebt. Und keine einzige peinliche Kaffeetasse mit lustigen Motiven oder so. Jedenfalls hab ich keine gefunden, dabei hab ich zugegebenermaßen ein bisschen gewühlt. Offenbar hat er nur Freunde, die wissen, womit sie ihm wirklich eine Freude machen, und nicht, wie ich, welche, die in letzter Minute eine völlig indiskutable Motivtasse mit lustigen Sprüchen oder nackten Kerlen klarmachen, um nicht mit leeren Händen dazustehen.
Mein Blick gleitet über den Couchtisch vor dem Sofa. Die Fernbedienung liegt auf einem Stapel mit Zeitschriften. Seitlich am Boden gibt es noch mehr davon. Anscheinend liest er nur amerikanische
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