Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters

Titel: Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
Vom Netzwerk:
Abend war er in seine Stammkneipe gegangen und hatte sich erst mal richtig volllaufen lassen.
    Natürlich handelte es sich dabei um die übliche alte Tränke unten in der Kungsgatan, und so kurz vor Weihnachten fehlte es dort durchaus nicht an Kollegen. Die Warteschlange erreichte sogar die Vasagatan, zwei Typen von den Streifenwagen hatten es so eilig gehabt, dass sie noch immer ihre Uniformhosen trugen, und als er endlich im Lokal stand, war es so voll, dass Boden, Wände und Decke bebten. Aber obwohl er am Ende voll gewesen war wie eine Haubitze, hatte die richtige Stimmung sich nicht einstellen wollen. Nach einer Weile hatte er den jungen Oredsson entdeckt, der mit zwei Frauen in einer Ecke saß, und da sie ungewöhnlich nüchtern wirkten, hatte er sich zu ihnen gesetzt.
    Er hatte Oredsson im Sommer kennen gelernt. Sie besuchten dasselbe Fitness-Center und waren beim Training aufeinander gestoßen. Gestemmtes Eisen und gemeinsame Sauna und männliche Gemeinschaft, und eins hatte zum anderen geführt, und ziemlich bald hatten beide erfasst, was vom anderen zu halten war. Da er selbst häufiger mit der Beobachtung der Kollegen aus Norrmalm beauftragt wurde, hatte er seinen Chef auf Oredsson hingewiesen. Das sei ein angehender Kollege, der sicher keine Probleme damit haben würde, in die Kreise einzudringen, die man im Visier hatte. An Oredsson war eigentlich nicht viel auszusetzen, dachte Martinsson. An seinen Ansichten im Grunde auch nicht, denn die waren meist nur recht und billig und gehörten zur polizeilichen Alltagskost. Als Infiltrator wäre er also perfekt gewesen, doch als sie ihm schon das Angebot machen wollten, hatte der Chef plötzlich alles abgeblasen, und wie üblich hatte Martinsson den Grund nicht erfahren. Und wenn er daran dachte, was ihm widerfahren war, dann war das wohl auch besser so.
    Als er auf dem Klo stand und seine Blase erleichterte, kam Oredsson herein und stellte sich neben ihn.
    »Wie sieht’s denn aus, Pille?«, sagte Oredsson und klang besorgt. »Du scheinst nicht ganz gut drauf zu sein.«
    »Ist schon gut«, sagte Martinsson und schüttelte den Kanonenkönig, ehe er ihn wieder in seiner Hose verstaute. Mit nur einer Hand, dachte Martinsson, denn auf so was achtete er.
    »Was ist eigentlich aus dem Job geworden, den du im Sommer erwähnt hast?«, fragte Oredsson. »Danach hast du nie wieder von dir hören lassen.«
    »Das hat sich erledigt«, sagte Martinsson. Und dafür solltest du Gott danken, dachte er.
    »Schade«, sagte Oredsson. »Das mit der Säpo klang spannend.«
    »Ich hab aufgehört bei denen«, sagte Martinsson.
    »Ist was passiert?«, fragte Oredsson und packte ihn am Arm.
    »Verdammte Fünftekolonnisten«, sagte Martinsson und zog Oredsson in eine Klozelle. Schloss die Tür ab und erzählte ihm genau, was Berg und die anderen Wichser so trieben.
    Danach fühlte er sich sehr viel besser. Oredsson hatte zwei Bier ausgegeben, und sie hatten in stummem Einverständnis miteinander angestoßen. Und dieses Scheißpapier kann der kleine Persson sich in seinen fetten Arsch stecken, dachte Martinsson.
    Bäckström hatte im Dienst Weihnachten gefeiert. Es war nicht das erste Mal und sicher auch nicht das letzte, vor allem nicht jetzt, so lange der alte Vollsuff in dieser miesen Stimmung war, aber im Grunde war es gar nicht so schrecklich gewesen. Die Gewerkschaft hatte offenbar einen Sieg errungen, denn es war ein weiterer Ruheraum eingerichtet worden. Nicht, dass das für Bäckström irgendeine Rolle gespielt hätte. Er verzog sich ins Dezernat für Gewaltverbrechen, wenn er eine Pause brauchte, denn dort ging es um einiges ruhiger zu, aber der Betriebsrat war stolz wie ein Pfau, und weil er ein blöder Trottel war, hatte Bäckström ihm so nebenbei denn auch einen Stich versetzt.
    »Ich dachte, wir sind hier, um zu arbeiten, und nicht, um zu pennen«, sagte er. »Aber du kannst mir ja Bescheid sagen, wenn ich mich irre.«
    Der Arsch hatte ihn nur angeglotzt, obwohl doch Weihnachten war und alle froh sein sollten, und danach hatte der Gesundheitsbeauftragte das Wort ergriffen und sich eine Viertelstunde lang über diese neue Krankheit Äädees verbreitet. Geht mich nichts an, dachte Bäckström, denn er stand weder auf Arschficker noch auf Neger oder Junkies, und wenn er welche anfassen musste, dann konnte er vorher ja immer noch Klempnerhandschuhe überstreifen.
    Die Fälle waren der übliche Scheiß gewesen. Allesamt unter der Würde eines echten Profis wie ihm. Fast nur

Weitere Kostenlose Bücher