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Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters

Titel: Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
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nur ein wenig gemenschelt hätten, denn sie waren allesamt absolut waschechte Homohasser, auf diesen Teil ihrer Beziehung fiel also keinerlei Schatten, trotz der geheimen literarischen Neigungen des Polizeichefs, Kudos wiederholten Wichtelbeobachtungen und Büllings allgemeinen Verschrobenheiten. Was jedoch vorlag, war eine überaus starke, fast übersinnliche geistige Gemeinschaft von der Art, wie sie nur dort entstehen kann, wo hoch begabte Menschen durch ein gemeinsames Interesse vereint werden, das sogar noch größer ist als sie selbst.
    »Die Kurden«, sagte der Polizeichef und betonte alle drei Silben auf schicksalsschwangere Weise. »Meine Herren«, fügte er dann feierlich hinzu und nickte seinen beiden Besuchern zu. »Wir sprechen hier von der derzeit gefährlichsten Terrororganisation in der gesamten westlichen Hemisphäre. Also gebt mir einen weisen Rat. Was machen wir?«
    Endlich, dachte Kudo. Endlich eine Führergestalt, die den Ernst der Lage erfasst hat. Not kennt kein Gebot, dachte er anschließend, denn das hatte er irgendwo gelesen, und rein konkret entstand die Not aus den unbegreiflichen Geheimhaltungsregeln der Sicherheitspolizei, und dann erzählten er und Bülling ihrem neuen Alliierten alles, doch zuerst hatten sie ihm natürlich die notwendigen Hintergrundinformationen geliefert.
    Zu allererst hatte er den Code der Kurden geschildert, in dem es um Hochzeiten und andere Begebenheiten ging, um Sänger und um Lämmer, die geschlachtet werden mussten. Um Torten und Gebäck und Frikadellen, und das viele Kopfzerbrechen, das die Entschlüsselung dieser Codes nun einmal mit sich brachte.
    »Wir halten Hochzeit, wir schlachten ein Lamm, wir brauchen zwei Sänger, Torten, Gebäck und Frikadellen …« Der Stockholmer Polizeichef nickte genüsslich und kostete jedes Wort aus.
    »Genau wie mir selbst ist den Herren sicher die starke ethnische Prägung dieses Codes aufgefallen.«
    »Genau«, sagte Kudo. »Genau.«
    »Genau«, sagte Bülling und nickte dem frisch gebohnerten Boden des Polizeichefs zu.
    »Es kann also kaum ein Zufall sein, dass sie sich für ihre Operationen hier im Westen für diesen Code entschieden haben«, stellte der Polizeichef fest. »Erzählt«, sagte er dann und rieb sich erwartungsvoll die Hände. »Erzählt, wie ihr dieses ethnisch orientierte Problem gelöst habt.«
    Es war Kudo, der von ihrem neuen Gewährsmann erzählte. Es handelte sich dabei um einen Kurden. Politischer Flüchtling, wie alle Kurden, aber anders als ihre anderen Gewährsleute hatte er sich freiwillig gemeldet. Außerdem war er Bäcker und hatte einen Bruder, der Schlachter war, und zusammen hatten sie einen kleinen Cateringservice aufgezogen, der fast ausschließlich kurdische Kundschaft versorgte. Seit vielen Jahren belieferten sie zahllose kurdische Hochzeiten, Bestattungen und Feste.
    In einem solchen Zusammenhang war dieser Hintergrund doch einfach unschlagbar, hatte Bülling gedacht, als er die vorbereitende Analyse vorgenommen hatte. Ihr neuer Gewährsmann wusste schließlich alles darüber, welche Waren und welche Arrangements zu einer echten Hochzeit gehörten, einer normalen Bestattung oder einem regulären Fest. Auf Grund seiner besonderen Kenntnisse konnte er sofort sehen, ob etwas nicht stimmte, wenn das Ermittlungsobjekt seine Aktivitäten plante, und damit saß es in der Falle, dachte Bülling. Einen politischen Mord auf Grund der Bestellung zu planen, die für eine wirkliche Hochzeit angesagt war, war natürlich unmöglich. Und damit war die gesamte Operation zum Scheitern verurteilt.
    Außerdem verfügte der Bursche noch über eine weitere Eigenschaft, und dass sein bester Freund und engster Kollege Kudo die entdeckt hatte, war eigentlich kein Wunder, wenn man bedachte, dass Kudo dasselbe Talent besaß: Der neue Gewährsmann war außerdem ein Seher. Er konnte Zusammenhänge, Verbindungen und Ereignisse sehen, die normalen Menschen verborgen blieben, und dabei spielte es keine Rolle, ob sie schon geschehen waren oder noch in der Zukunft lagen. Zuerst hatte Bülling sich der bloßen Vorstellung widersetzt, dass solches möglich sein könnte. Wenn man bedachte, welche Qualitäten dieser Gewährsmann sonst noch besaß, war es fast zu schön, um wahr zu sein, und Büllings kritische Veranlagung und sein analytischer Auftrag ließen ihn derartige Möglichkeiten eher skeptisch betrachten. Deshalb hatte Kudo einen wissenschaftlichen Test vorgeschlagen, den Bülling dann entwickelt und durchgeführt

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