Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters
Traum
Stockholm im Herbst
In diesem Herbst sind nicht viele Pilze gesammelt worden, dachte Berg immer, wenn er auf diesen Herbst zurückblickte. Nachdem alles passiert war. Seine Frau und er hatten oben in Roslagen ein kleines Ferienhaus, und normalerweise sammelten sie im Herbst eifrig Pilze. Pilze mag ich gern, dachte Berg, und es macht Spaß, in Gedanken verloren durch den Park zu wandern, während die Gattin zwischen den Sträuchern herumrennt. Und es entlastet auch die Haushaltskasse ein wenig. Er war zwar Bürochef und verdiente mehr als alle anderen Kollegen in der Truppe, aber Kleinvieh macht auch Mist.
Aber in diesem Herbst war alles anders gewesen, denn seine politischen Auftraggeber wurden immer anspruchsvoller, und der Sonderbeauftragte des Ministerpräsidenten tauchte bei den Besprechungen wieder auf, und wenn er wirklich so intelligent war, wie behauptet wurde, konnte sich zumindest Berg allerlei Leute vorstellen, die mit den Talenten, die der Herrgott ihnen anvertraut hatte, wesentlich pfleglicher umgingen. Er war nicht einmal ironisch, eher schon perfide, und alles, was er sagte, stellte Bergs gesamte analytische Fähigkeiten auf die Probe. Doch nach sieben Sorgen und acht Kümmernissen war er endlich fertig, der erste Bericht über »Verfassungsfeindliche Bewegungen und Elemente innerhalb der offenen Polizeiarbeit in Stockholm«.
Gegen Ende hatte er eingreifen müssen, um Ordnung und Form in den Inhalt zu bringen, obwohl seine Mitarbeiter sich sicher alle Mühe gegeben und er immerhin seine besten Kräfte damit betraut hatte. Leute, die er viel lieber an wichtigere Aufgaben gesetzt hätte. Leider war er es jedoch selbst, der diesem Auftrag den Namen gegeben und den Titel des Berichts festgelegt hatte, etwas, das ihm bei vielen Sitzungen in diesem Herbst noch aufs Butterbrot geschmiert werden würde und das zu einem bestimmten Zeitpunkt sogar drohte, ihn dermaßen an die Wand zu drängen, dass er fast die Kontrolle über den Fortgang der Arbeit verloren hätte.
Sein Elend von Neffe tauchte natürlich ebenfalls im Material auf, womit er eigentlich gerechnet hatte, was ihm aber zu seinem Bedauern ebenso viel psychische Energie abverlangt hatte wie die eigentliche Arbeit. Sollte er die Namen der im Material auftauchenden Kollegen erwähnen, wenn er die Auftraggeber informierte? Natürlich nicht, das verstieß gegen den bisherigen Usus und führte zu beträchtlichen und absolut unnötigen Risiken. Würde über die Sache geklatscht und geredet werden? Vermutlich. Würde es gerade zu diesem Thema Fragen geben? Wohl nicht. Würde es gegen ihn verwendet werden, egal, was er machte oder nicht machte? Aber sicher.
Es war kein langer Bericht. Inklusive Anlagen umfasste er an die hundert Seiten. Was das rein menschliche Material betraf, so ging es um die entsprechende Menge an Polizisten, die fast alle bei der Bereitschaftspolizei in Zentral-Stockholm arbeiteten und die einzeln und gemeinsam, in unterschiedlichem Grad und variierender Häufigkeit, rechtsextreme oder nazi-orientierte Ansichten vertraten. Wie sie das taten, wechselte auch und war durchaus von Bedeutung. Es gab einzelne Polizisten, die offen und bei jeder Gelegenheit herabsetzend oder sogar hasserfüllt über Kolleginnen und Ausländer sprachen, über die so genannte Klientel, mit der sie es zu tun hatten, über Menschen ganz allgemein, über Sozialdemokraten, über die politische Linke. Oder, im Grunde, über alle außer ihnen selbst. Es gab andere, die sich weniger zurückhielten und sich auch gegenüber Nicht-Polizisten äußerten. Die auf der Innenseite des Kragens ein Hakenkreuz stecken hatten, die in der Kneipe den Hitlergruß vorführten, die auf Adolf Hitler anstießen und die erklärten, der Ministerpräsident müsse erschossen werden und man müsse alle Ausländer zu Leim verarbeiten.
Es gab außerdem einen harten Kern, der auf unterschiedliche Weise organisiert war, regelmäßige Treffen abhielt und der Umwelt gegenüber höchste Sicherheitsmaßnahmen und Diskretion walten ließ. Natürlich hatte Berg seinen Neffen in diesem harten Kern wieder gefunden, noch dazu als zentrale Figur, als offiziellen und inoffiziellen Führer. »Polizist B scheint in diesem Zusammenhang eine leitende Rolle zu spielen. Wir müssen jedoch darauf hinweisen, dass sein Chef ihn in den höchsten Tönen lobt und ihn als einen der besten Polizisten im Bezirk beschreibt, als einen urteilsfähigen Mann von tadellosem Auftreten.«
Diese Leute trafen sich in
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