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Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters

Titel: Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
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Schleift ihn in die Diele und schlägt sicherheitshalber noch zweimal zu. Und das alles hat ihn dermaßen erregt, dass er auf den Dielenteppich des Nachbarn kacken muss, und als er dann die Hose wieder hochzieht, hat er total vergessen, was er eigentlich sagen wollte. Er hat sogar vergessen, den kleinen Piepmatz aus dem Käfig zu lassen. Danach latscht er voll durch die Blutlachen, geht die Treppe hoch und zurück in seine Wohnung. Dort setzt er sich vor den Fernseher und mampft eine Packung Negerküsse mit Kokosstreuseln.
    »Also«, sagte der Vortragende auf diese gelangweilte Weise, die alle Ignoranten kennzeichnet, denen das Glück widerfahren ist, dass sie ein Ergebnis gefunden haben. »Meine Herren. Was sagen Sie dazu? Darf ich um Kommentare bitten?«
    Verdächtige Ähnlichkeit mit einem antisozialen organisierten Mörder, dachte Johansson, doch ehe er die Hand heben konnte, hatte sein Kollege von der dänischen Mordkommission bereits etwas sagen können. Es war ein ungewöhnlich übellauniger alter Kämpe, der trotz seiner dreißig Jahre im Dienst noch immer stur sofort die fand, die er gesucht hatte. Außerdem sprach er ein überraschend gutes Englisch.
    »Der Nachbar war der Mörder.«
    Der Vortragende sah erschüttert aus, und trotz eifrigen Schattenboxens in Bezug auf allein stehende Mütter, abwesende Väter, frühe Fremdbetreuung, Bettnässerei, Schuleschwänzen und wiederholte Fälle von Tierquälerei in der Kindheit gab das hier wirklich keine gute Note.
    »Da hast du es ihm aber gegeben«, sagte Johansson, als er und sein dänischer Kollege nach beendetem Vortrag und einer ungewöhnlich belebenden Diskussion zur planmäßigen Kaffeepause wanderten.
    »Ja«, sagte der Däne und grinste. »Diese verdammten Akademiker. Ich hasse sie.«
    »Es gibt nur drei Regeln«, sagte Johansson und lächelte.
    »Ja, lass hören.«
    »Du sollst dich mit der Lage abfinden, sie nicht unnötig durcheinander bringen und den Zufall hassen«, sagte Johansson.
    »Du bist ein guter Junge, Johansson«, sagte der alte Kämpe mit unerwartet warmer Stimme und legte Johansson die Hand auf den Arm. »Und jetzt trinken wir ein Bier.«
    Am Donnerstag hatte er Jarnebring in Stockholm angerufen. Einerseits wollte er wissen, ob etwas passiert sei. Andererseits wollte er Krassners Adresse. Warum, wusste er nicht so recht, aber wo er schon mal im Lande war, konnte er sich das Haus auch ansehen. Und vielleicht mit irgendwelchen Nachbarn reden, dachte Johansson vage. Sich ein wenig umhören. Das Ohr an die Schienen legen. Die Adresse von Krassners Verflossener hatte er ja schon. Warum auch immer er sie vor seiner Abreise in seinem Notizbuch verzeichnet hatte.
    »Bruder«, sagte Jarnebring mit warmer Stimme. »Wie sieht’s aus? Gibt’s nur Bier und Frauen, oder drückst du auch die Schulbank?«
    Nach den üblichen einleitenden Floskeln war Johansson zur Sache gekommen. »Was macht der Fall Krassner?«, fragte er, unschuldig und ganz nebenbei.
    »Du lässt auch nie locker, Lars«, sagte Jarnebring. »Den Arsch hab ich vorgestern abgeschrieben. Selbstmord.«
    »Du hast nicht zufällig seine Adresse?«, sagte Johansson. »Hier in den Staaten, meine ich.«
    »Was willst du damit?«, fragte Jarnebring. »Möchtest du einen Kranz überreichen oder was?«
    »Na ja«, sagte Johansson. »Ich dachte nur, wo ich schon mal hier bin …«
    »Wolltest du dir gleich mal sein Haus ansehen, vielleicht ein bisschen mit den Nachbarn plaudern, dich ein wenig umhören …«
    »So ungefähr«, sagte Johansson.
    »Sicher«, sagte Jarnebring. »Komm bloß nicht auf dumme Ideen. Ich hab die Adresse hier. Hast du was zu schreiben?«
    »Leg los«, sagte Johansson.
    Am Freitagnachmittag, als Johansson und seine beiden Reisekameraden im Flugzeug nach New York saßen und jeder seinen kleinen Whisky trank, als Gegengewicht gegen das viele schale amerikanische Bier, das sie in dieser Woche konsumiert hatten, prustete der Kollege von der Drogenfahndung plötzlich los.
    »Ja«, sagte Johansson. »Raus damit.«
    Der Kollege von den Drogen nickte.
    »Ja«, sagte er. »Ich musste nur an die letzte Tagung denken, auf der ich war. Als die Drogenleute sich auf der Finnlandfähre getroffen haben.«
    »Ja«, sagte Johansson.
    Wieder lachte der Kollege.
    »Ja, Scheiße«, sagte er. »Die hatte keine große Ähnlichkeit mit dieser hier, wenn ich das so sagen darf.«
    Johansson lächelte und nickte.
    »Ich verstehe, was du meinst«, sagte er.

 
IV
     
Frei fallen wie im

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