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Zwischen dir und mir

Zwischen dir und mir

Titel: Zwischen dir und mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lino Munaretto
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Verlegenheit bringen würde. Neid war das letzte Gefühl, das sie auslösen wollte. Lisa schaltete die Anlage an und drehte leise Cro auf.
    »Du verstehst dich nicht gut mit deiner Mutter, oder?«
    Jenny schien doch mehr bemerkt zu haben, als Lisa vermutet hatte. »Ach, ich … mag ihre Fragen nicht«, antwortete Lisa ausweichend und ließ sich auf ihr Bett fallen. Von hier aus beobachtete sie ihre Freundin, die jeden Gegenstand im Raum ganz genau anschaute.
    Jennys Blick war auf eine Elfenbeinschatulle gefallen, in der Lisa ihre Liebesbriefe aus der sechsten und siebten Klasse aufbewahrte. Ihre Finger strichen über den glatten weißen Deckel. Lisa schreckte sofort hoch und stand eine Sekunde später hinter ihrer Freundin. Jetzt erst fiel ihr ein, dass sich die kleine Kiste ohne den Schlüssel ohnehin nicht würde öffnen lassen.
    »Oh, darf ich das nicht?« Jenny zuckte zusammen und errötete.
    »Schon gut«, beruhigte Lisa sie.
    Das Lächeln kehrte in ihr Gesicht zurück. »Keine Angst, ich öffne sie nicht. Aber sie ist so schön.«
    »Mein Vater hat sie mir von einer Geschäftsreise mitgebracht.«
    »Reist dein Vater viel?«
    »Shanghai, Dubai, Rio. Momentan ist er in London. Das ist sein Beruf.« Ihr Blick schweifte von einer chinesischen Vase zu einer brasilianischen Trommel. Es war, als sehe sie alles zum ersten Mal. Nur blasse Gegenstände ohne eine Erinnerung.
    »Bist du oft dabei?«
    »Er nimmt uns nur manchmal mit. Wird immer seltener. Er hat viel zu tun da. Das letzte Mal waren wir in New York für ein paar Tage.«
    »Da wollte ich immer mal hin«, seufzte Jenny. »Mein Vater fährt mit mir immer an die See zum Zelten.«
    Diesmal konnte Lisa nicht umhin, ein wenig Eifersucht zu spüren.
    Jenny hatte sich wieder vom Regal abgewandt. Ihre Neugier schien befriedigt. »Ich mag dein Zimmer. Meins ist winzig und nie aufgeräumt«, grinste sie.
    »Ach was. Ich habe gerade erst gestern aufgeräumt, sonst sieht es hier auch anders aus«, log sie. Sie musste ihrer Mutter unbedingt sagen, dass sie bei ihr nicht mehr aufräumen sollte.
    Jenny ging an ihr vorbei und blieb vor dem Bett stehen. »Darf ich?«
    »Natürlich«, lachte Lisa über Jennys Vorsicht.
    »Das ist schön, hier kannst du zum Himmel schauen«, schwärmte Jenny, als Lisa sich neben sie legte und durch das Dachfenster das helle Blau bewunderte.
    Lisa schaute nicht nach oben, sondern zu Jenny. »Willst du etwas auf dem Klavier hören?«
    »Klar«, antwortete sie, und wieder ließ sich die Begeisterung an ihrem Gesicht ablesen.
    Das erste Mal seit Langem wollte Lisa gerne etwas auf dem Klavier spielen. Ab und an hatte sie Dennis etwas vorgespielt, doch sie hatte gemerkt, dass es ihn langweilte, sein Lob aufgesetzt war. Jetzt wusste sie, dass sie jemandem eine Freude machte.
    »Was möchtest du gerne hören?«
    »Keine Ahnung. Das, was du am liebsten spielst!«
    Hinter den üblichen dicken Notensammlungen der Klassiker zog sie ein paar Blätter hervor. Die Noten hatte sie aus dem Internet. Sie übte die Stücke, wenn sie wusste, dass ihr niemand zuhörte. Ein paar andere Lieder hatte sie sich so inzwischen selbst beigebracht: Too Close, Call me Maybe, We found Love .
    Für die Wettbewerbe und Konzerte lernte sie stets klassische Musik. Wenn ihr Lehrer es gut meinte, durfte sie Beatles-Hits spielen. »Warum machst du den Scheiß eigentlich noch?«, hatte Marie sie mal gefragt. »Ist doch total langweilig. Sag deiner Mutter doch einfach, dass du keinen Bock mehr hast.« Oft war sie kurz davor gewesen. Doch der Wunsch war nie stark genug. Zu groß wäre die Enttäuschung ihrer Mutter, als dass sie gewagt hätte, sie auch nur darauf anzusprechen. Jetzt wusste sie, dass sie jemanden hatte, der ihr zuhörte. Ihre Finger waren wie elektrisiert, spielten wie von alleine, eine Melodie nach der anderen, bis sie ganz und gar aufgehört hatte zu denken. Der letzte Ton verklang und sie fand sich wieder auf dem Klavierhocker.
    »Wunderschön.«
    Sie drehte sich zu Jenny um, die nun hinter ihr stand.
    »Ich höre das Lied gerne, aber nie hat es sich so warm und …« Wenn sie nach Worten suchte, kräuselte sich ihre Stirn immer und sie verzog ihren Mundwinkel, als wolle sie alle Gedanken sammeln, nur um dieses Gefühl beschreiben zu können. »… na … angehört«, schloss sie mit einem Ausdruck, den Lisa nicht unbedingt erwartet hatte.
    Es passte.
    Sie lagen wieder auf dem Bett. Diesmal schauten sie nicht hoch zum Himmel.
    »Weißt du, ob deine Eltern noch Sex

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