Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwischen dir und mir

Zwischen dir und mir

Titel: Zwischen dir und mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lino Munaretto
Vom Netzwerk:
stehen.«
    Ihre Entscheidung, letzte Woche zu Hause zu duschen, war keinesfalls besser gewesen. Am nächsten Tag ging das Gerücht, dass Lisa Jahnke sich »nie« duschte.
    Die Tränen hatte sie nur mit viel Mühe zurückhalten können. Sie war einiges gewohnt. Das war nur eine von vielen Demütigungen gewesen. Die ganzen Mädchen, die sie ansprachen und die wohl meinten, eine neue Freundin finden zu können, wimmelte sie so schnell wie möglich ab. Die Jungs, die ohnehin schon hinter ihr herliefen, seit mit Dennis Schluss war, versuchte sie genauso auf Distanz zu halten. Es war zum Verrücktwerden. Am Ende führte ihre Haltung dazu, dass jeder sie für arrogant und eingebildet hielt. Ihre Idee diesmal war ebenso simpel wie idiotisch. Sie ging auf dem Weg zur Kabine in Richtung Toilette weiter, öffnete die Tür und schloss sich ein. Das kannte sie sonst nur aus Filmen und Büchern. Wer machte das schon? Außenseiter. Wieder einmal war ihr zum Heulen zumute, als sie die kalten Fliesen anstarrte. Dennis hat Marie gefickt , stand dort mit grünem Edding geschrieben. Die Minuten verstrichen, bis die letzten die Turnhalle verlassen hatten. Sie schlich die Treppe hoch zum Flur, wo die dritte Tür zur Mädchenkabine führte. Sie zog das Top über den Kopf und öffnete umständlich den Sport- BH .
    • • •
    »Am letzten Schultag können wir bei mir richtig abstürzen. Flo hat wieder eingekauft und diesmal sind unsere Nachbarn weg. Das heißt … wir können in den Pool.«
    »Das wird geil. Ich kann mich noch gut an letztes Jahr erinnern.« Georg grinste vielsagend. »Obwohl. Ich weiß nur noch, dass ich am nächsten Tag Fieber hatte. Aber es muss lustig gewesen sein.«
    »Das war auch im November, du Trottel«, entgegnete Julian. »Diesmal haben wir dreißig Grad.«
    Alex lächelte matt und zog an der Zigarette.
    »Was ist los mit dir. Bist du immer noch voll von gestern?«, fragte Georg, der seine Schweigsamkeit bemerkt hatte.
    »Klar. Fünf Promille.«
    »So siehst du auch aus«, entgegnete Julian.
    »Na ja. Ich muss los.« Georg hatte die Zigarette ausgetreten und schaute auf die Uhr.
    »Ich auch.« Beide griffen ihre Sporttaschen und verabschiedeten sich mit Handschlag.
    Alex schaute nur lustlos zu ihnen auf und lehnte sich wieder gegen die raue Waschbetonmauer des Fahrradkellers, die Arme vor der Brust verschränkt. Aus der Turnhalle kamen die letzten Mädchen. Greta und Marie.
    »Was war denn mit Anni los«, fragte Marie.
    »Ach, keine Ahnung«, meinte Greta schulterzuckend und warf Alex einen misstrauischen Blick zu.
    Beide verschwanden Richtung Bushaltestelle. Lisa war noch nicht an ihm vorbeigegangen. Oder hatte er sie übersehen, während sie geraucht hatten? Nein. Er hatte immer zur Tür geschielt. Also wartete er weiter, ohne zu wissen, was er eigentlich wollte. Einen Plan hatte er nicht. Aber er wollte sie sehen. Er rauchte die nächste Zigarette und schaute durch die Tür der Turnhalle ins Leere.
    Eine Schulter stieß ihn zur Seite und er ließ die Kippe beinahe fallen.
    »Was willst du?«, blaffte er, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, dass es Dennis war, der ihm vor ein paar Wochen noch das Auge blau geschlagen hatte. Jetzt hätte er keine Hemmungen, zurückzuschlagen. Ja, für einen Moment wollte er sogar, dass Dennis sich umdrehte und auf ihn zukam, aber der spuckte nur aus und ging mit seinen Freunden weiter Richtung Turnhalle.
    Alex stand da. Ein Blick auf die Uhr sagte ihm, dass es bereits fünfzehn Minuten nach Unterrichtsschluss war. Sie würde nicht kommen. »Scheiße«, zischte er und schnippte die Zigarette ins gelbstichige Gras. Sie glimmte noch eine Weile. Alex sah die Wiese vor seinem inneren Auge schon in Flammen aufgehen. Er blieb wie gelähmt stehen und starrte auf die Kippe, die langsam erlosch und nur ein paar Halme ansengte.
    Einmal schaute er sich noch um. Nichts. Die Tür blieb zu. Lustlos trottete Alex Richtung Fahrrad, hob es auf und schwang sich auf den Sattel.
    • • •
    Sie fühlte sich unbeobachtet, als sie mit einem Handtuch über der Schulter in die Duschräume ging. Nur die Lüftung summte. Doch wider Erwarten war sie nicht alleine. Dort stand Annika unter der Dusche. Den Rücken gekrümmt, die Haare verdeckten ihr Gesicht.
    »Annika?«
    Auch wenn sie zerstritten waren, konnte sie einfach nicht anders, als sie anzusprechen. Zwischen den dicken nassen Strähnen hob Annika ihren Blick, der keinesfalls feindselig, vielmehr traurig war. Ihre Augen waren rot und

Weitere Kostenlose Bücher