Zwischen Ehre und Verlangen
Gastgeberin Mrs. Clare auf.
“Danke”, erwiderte Amanda und erkundigte sich bei Miss Wilkens, ob sie die Pflichten einer Zofe kenne und beherrsche.
“Ja, Madam”, bestätigte Susan höflich. “Meine Schwester hat mir die Aufgaben erklärt, die ich wahrzunehmen habe. Ich bin zwar noch nicht sehr versiert, habe aber bereits einige Übung im Frisieren, Schminken und in der Pflege von Damengarderobe.”
“Nun, das hört sich gut an”, meinte Amanda. “Ich werde Sie eine Weile zur Probe beschäftigen, sagen wir, vier Wochen lang.”
“Wie Sie wünschen, Madam”, erwiderte Susan und knickste.
“Ich lasse Sie benachrichtigen, wenn ich heimreise”, fuhr Amanda fort und erhob sich. “Ich bin Ihnen sehr verpflichtet, Mrs. Thornton, möchte Ihre Gastfreundschaft jedoch nicht über Gebühr in Anspruch nehmen.”
“Das tut mir leid”, sagte Florence Thornton bedauernd und stand ebenfalls auf. “Bitte beehren Sie mich bald wieder, falls Sie die Zeit dazu finden.”
“Es wird mir ein Vergnügen sein”, erwiderte Amanda herzlich, verabschiedete sich mit ihrer Gesellschafterin und nickte beim Verlassen des Empfangssalons freundlich Miss Wilkens zu. Man war soeben ins Freie gelangt, als sie zu ihrer großen Überraschung Lord Oughton auf sich zukommen sah.
Er bemerkte sie, blieb bei den Damen stehen und zog galant den Hut. “Damit hätte ich nicht gerechnet, meine Damen”, sagte er erstaunt. “Welch unerwartetes Vergnügen, Sie hier wiederzusehen. Was hat Sie in die Stadt geführt, Mrs. Clare?”
“Guten Tag, Mylord”, antwortete sie höflich. “Ich habe einige Dinge zu erledigen.”
“Dafür haben Sie sich eine schlechte Zeit ausgesucht”, erwiderte er lächelnd. “Ich bin bei meiner Mutter zu Besuch, und wir beklagen, dass es so wenig interessante Gesellschaft gibt. Vielleicht gestatten Sie mir, hin und wieder mit Ihnen auszufahren, damit wir uns unterhalten können.”
“Ja, sehr gern”, willigte Amanda erfreut ein. “Kann Ihre Mutter Sie denn entbehren?”
“Das nehme ich an. Im Moment ist sie damit beschäftigt … Oh, wen haben wir denn dort?” fragte James überrascht und schaute neugierig Miss Poste an, die in ihrer Kutsche saß und mit einem neben dem Wagen auf der Straße stehenden Herrn sprach.
Amanda blickte in dieselbe Richtung wie der Viscount, sah eine junge, sehr hübsche Frau mit jemandem plaudern und erkundigte sich: “Kennen Sie die Dame, Sir?”
“Das ist Miss Diana Poste”, antwortete er, während er mit ihr und Miss Porter weiterging.
“Oh!”, äußerte Amanda betroffen. “Ich meinte, sind Sie gut mit ihr bekannt?” setzte sie neugierig hinzu.
“Ja”, bestätigte er, blieb bei der Barouche stehen und verneigte sich.
Amanda meinte, den Augen nicht trauen zu können, denn auf der anderen Seite der Kutsche stand Jared.
Diana bemerkte Lord Oughton und sagte freundlich: “Guten Tag, Mylord.”
“Guten Tag, Miss Poste”, begrüßte er sie und zog den Hut. “Darf ich vorstellen? Miss Diana Poste und Miss Woodley, ihre Gesellschafterin. Mrs. Clare und Miss Porter.”
“Sehr erfreut”, äußerte Diana gleichmütig.
“Ganz meinerseits”, erwiderte Amanda etwas kühl.
Jared verneigte sich und sagte, während er den Hut zog: “Guten Tag, die Damen.”
“Guten Tag, Lord Severn”, murmelte Amanda steif und ärgerte sich, dass sie ihm über den Weg gelaufen war. Sie sah Miss Poste sie befremdet anschauen und bemühte sich um Fassung.
“Ich hatte keine Ahnung, James”, wandte Jared sich an ihn, “dass du dich in der Stadt befindest.”
“Meine Mutter hat mich herzitiert”, antwortete James schmunzelnd. “Ich war vorhin bei dir zu Haus und erfuhr, dass du ausgegangen bist. Auf dem Rückweg habe ich dann zufällig Mrs. Clare und Miss Porter getroffen.”
“Werden Sie sich lange in London aufhalten, Mrs. Clare?” erkundigte sich Jared.
“Das weiß ich noch nicht”, gestand sie wahrheitsgemäß und fragte sich, wie er die Ruhe selbst sein konnte, wohingegen ihr das Herz zum Zerspringen klopfte. Ihre anfängliche Irritation war verflogen, und plötzlich hatte sie das Bedürfnis, mit Jared allein zu sein und ihn zu fragen, wie es ihm ergangen war.
Überrascht wurde sie sich gewahr, dass die Stimmung jäh angespannt zu sein schien, und ihr fiel auf, wie unwirsch Jared auf die Hand seines Freundes starrte, die dieser leicht unter ihren Ellbogen gelegt hatte. Verblüfft überlegte sie, ob er vergessen habe, dass seine angebetete Miss Poste direkt
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