Zwischen Ewig und Jetzt
hängen. Wie im Museum.
»Was ist eigentlich mit Konrad los?«, gelingt es mir zu fragen, während ich ein durcheinandergewirbeltes, viereckiges Pferd begutachte, das gut und gerne ein Picasso sein könnte.
»Warum?« Felix wirft mir einen undefinierbaren Blick zu.
»Er kommt mir irgendwie … eifersüchtig vor.« Ja, eifersüchtig ist das richtige Wort. Vielleicht hatte Fred doch recht mit ihren Andeutungen? Dass Konrad schwul ist? Vielleicht steht er auf Felix? Nein, das kommt mir dann doch zu unwahrscheinlich vor. Es bleibt mir sowieso keine Zeit, dem Verdacht nachzugehen, denn Felix zieht mich lachend weiter.
Wir gehen am Wohnzimmer vorbei, aus dem Stimmen dringen, und einen gläsernen Gang entlang. Rings um uns herum ist Garten. Der Regen ist laut wie Platzpatronen und heftet abgerupfte Blätter gegen das Glas. Dann stehen wir vor einer Eisentür, die Felix aufhält. Er hebt den Arm und lässt mich durchschlüpfen. Es riecht sumpfig und gleichzeitig klinisch, nach Reinigungsmitteln, vielleicht. Der Regen ist immer noch zu hören, wenn auch leiser.
»Warte mal«, sagt Felix, »hier muss irgendwo …«
Zack, wird es hell. Ich schließe geblendet die Augen.
»Ups, das war der Falsche«, sagt Felix. »Der hier ist besser.«
Als ich sie wieder öffne, bewegt sich der ganze Raum in grünem Licht. Nein, nicht der Raum: Es ist das Wasser. Wir stehen vor einem Schwimmbecken, das von unten beleuchtet wird.
»Wow«, sage ich, nicht zum ersten Mal an diesem Abend.
»Ja, das ist cool, was?« Felix geht in die Halle, deren großes Glasfenster mit lamellenartigen Vorhängen zugezogen ist. Die anderen Wände sind aus Holz. Überall um das flimmernde Becken herum stehen Liegestühle, weiter hinten erkenne ich einen Tisch mit einem Schachbrett. Es gibt eine kleine Bar, die allerdings leer ist. In dem Regal daneben stapeln sich lavendelfarbene Handtücher.
»Ich habe meinen Eltern bestimmt monatelang in den Ohren gelegen, um so einen Pool zu kriegen, aber angeblich ist bei uns das Grundwasser zu hoch. Na, was ist?« Felix ist schon dabei, sich auszuziehen. Er hat die Schuhe aus und sich im null Komma nichts sein T-Shirt über den Kopf gezogen.
»Äh, warte mal.« Ich sehe mich um. »Dürfen wir das denn?«
»Klar, sagte ich doch. Anni weiß Bescheid.« Er nestelt schon an seiner Jeans.
»Aber wir haben keine … äh, Badesachen.« Ich weiß, ich weiß. Spießig. Aber splitternackt im Pool fremder Menschen zu planschen …
Felix grinst und nimmt mich in den Arm. Fühlt sich gut an, seine nackte Brust. Alles fühlt sich gut an, eigentlich. Und trotzdem bin ich ein wenig nervös. Nein, das ist gelogen: Ich bin
sehr
nervös.
»Endlich«, sagt Felix und küsst mich sanft, »sind wir mal wieder ungestört. Weißt du, wie lange ich mich nach diesem Moment gesehnt habe?«
»Eine Woche oder so?«
Felix lacht und küsst mich noch mal. »Na los, meine Schöne, zieh dich aus.« Er tritt zurück und schlüpft aus seiner Jeans. »Der Pool gehört ganz uns.« Ungeniert streift er sich auch seine Boxershorts ab und springt ins Wasser. Es platscht, er ist weg, ein Schatten, dann taucht er wieder auf, lacht. Wirft seine nassen Haare zurück und lächelt zu mir hoch. »Super. Das ist echt spitzenmäßig.« Er fängt an zu schwimmen.
Ich streife meine Schuhe ab, knöpfe meine Jeans auf, knöpfe sie wieder zu. Ich sehe mich um. Irgendwo muss es doch Badeanzüge geben, oder? »Felix?«
Er krault, hört mich nicht.
Ich knie mich ans Becken. »Felix!«
»Ja?« Er hört auf, paddelt auf der Stelle. Die nassen Haare hängen ihm in die Stirn, seine Wimpern sind Sterne.
Das Licht von unten lässt wahrlich keinen Raum für Phantasie mehr offen. Ich blinzele, spüre, wie ich rot werde. »Ich frage mal Anni, ob sie mir einen Bikini leiht, ja?«
Felix grinst. »Da ist nichts zu verstecken, was ich nicht schon kenne.«
»Ja schon, aber …« Ich sehe mich hilflos um. »Es ist nur wegen der anderen. Die können doch jederzeit reinkommen. Ich würde mich einfach wohler fühlen.«
Felix, immer noch mit den Beinen rudernd, zuckt mit den Schultern. »Wenn du dich dann besser fühlst?! Anni hat bestimmt irgendwo ein paar Bikinis.«
Ein paar, natürlich. »Einer würde mir schon genügen«, sage ich und stehe auf. »Bin gleich wieder da.« Auf Socken mache ich mich auf den Weg, höre hinter mir wieder Wasser spritzen. Ja, vielleicht bin ich albern, aber wenn man es genau nimmt, hat Felix mich noch nie nackt gesehen. Und das hier ist mehr
Weitere Kostenlose Bücher