Zwischen Himmel und Liebe
früh tot auf dem Weg vom Wintergarten zur Wäscheleine aufgefunden. Seine zu Tode betrübte Familie berischtet, dass er das ’aus verlassen ’at, als der Regen auf’örte, um zur anderen Seite des Jardins zu krieschen. Seine Gründe sind nischt bekannt, aber es ist sischer normal für einen Würm.«
Luke und Elizabeth blickten sich an und lachten.
»Der Regen hat aufge’ört um ’alb sieben gestern Abend, und zu dieser Zeit ’at der Würm das ’aus verlassen. Können Sie mir sagen, was Sie zu dieser Zeit getan ’aben, Madame?«
»Verdächtigen Sie mich etwa?«, lachte Elizabeth.
»In dieser Phase der Ermittlungen ist jeder verdächtisch.«
»Tja, ich bin um Viertel nach sechs von der Arbeit gekommen und habe mit den Vorbereitungen fürs Abendessen begonnen. Dann bin ich in die Waschküche gegangen, habe die feuchten Sachen aus der Waschmaschine geholt und in den Korb gepackt.«
»Und was geschah dann?«, frage Ivan. »Isch suche nach Beweisen«, flüsterte er Luke zu.
Elizabeth lachte. »Danach habe ich gewartet, bis es zu regnen aufhörte, und dann hab ich die Wäsche auf die Leine gehängt.«
Ivan schnappte theatralisch nach Luft. »Monsieur Reztesrebü, ’aben Sie das ge’ört?«
Luke kicherte so heftig, dass man sein Zahnfleisch sah, und Elizabeth entdeckte, dass er schon wieder einen Zahn verloren hatte.
»Nun, das bedeutet zweifelsfrei, dass Sie der Tätter sind!«
Beide wandten sich zu Elizabeth um, die Lupe vor dem Auge.
»Da Sie versucht ’aben, Ihren Geburtstag nächste Woche vor mir ge’eim zu ’alten, werden Sie dazu verurteilt, zum Gedenken an den leider verstorbenen Monsieur Ringel, also den Würm, eine Party in Ihrem Jardin zu feiern.«
Elizabeth stöhnte auf. »Kommt gar nicht in Frage.«
»Ich weiß, ich weiß, Elizabeth«, erwiderte Ivan. Statt des französischen Akzents nahm er jetzt den affektierten Slang der britischen Oberschicht an. »Mit den Dorfleuten verkehren zu müssen, ist so entsetzlich gewöhnlich.«
»Was denn für Dorfleute?«, fragte sie und kniff argwöhnisch die Augen zusammen.
»Ach, bloß ein paar Leute, die wir eingeladen haben«, meinte Ivan leichthin. »Luke hat die Karten heute Morgen in den Briefkasten geworfen, ist das nicht supernett von ihm?« Er nickte dem vor Stolz strahlenden Jungen aufmunternd zu. »Nächste Woche gibst du also eine richtige Gartenparty. Leute, die du nicht besonders gut kennst, werden rücksichtslos durch dein Haus trampeln. Meinst du, damit kommst du zurecht?«
Vierunddreißig
Elizabeth hockte mit geschlossenen Augen im Schneidersitz auf dem weißen Laken, das sie wieder über den staubigen Betonboden gebreitet hatte.
»Aha, hierher verschwindest du also jeden Tag«, sagte eine leise Stimme.
Ohne die Augen zu öffnen, antwortete Elizabeth: »Wie machst du das eigentlich, Ivan?«
»Wie mache ich was?«
»Einfach aus dem Nichts auftauchen, wenn ich gerade an dich denke.«
Sie hörte ihn leise lachen, aber er beantwortete ihre Frage nicht. »Warum ist dieser Raum der einzige, der noch nicht fertig ist? Noch nicht mal angefangen, wie’s aussieht.« Er stellte sich hinter sie.
»Weil ich Hilfe brauche. Ich stecke fest.«
»Na, was ist das denn? Elizabeth Egan bittet um Hilfe?« Stille trat ein. Dann begann Ivan eine vertraute Melodie zu summen, den Song, den sie die ganzen letzten zwei Monate nicht mehr aus dem Kopf bekommen hatte und der sie dank Poppys und Beccas Sparschwein im Büro fast an den Bettelstab gebracht hätte.
Ihre Augen sprangen auf. »Was summst du denn da?«
»Den Summsong.«
»Hat Luke dir den beigebracht?«
»Nein,
ich
hab ihn
ihm
beigebracht«, erklärte er.
»Ach wirklich?«, brummte Elizabeth. »Ich dachte, sein unsichtbarer Freund hätte ihn sich ausgedacht.« Sie lachte vor sich hin und blickte dann zu Ivan auf. Er war ernst geblieben.
Schließlich sagte er: »Warum hörst du dich eigentlich an, als hättest du eine Socke im Mund?« Er sah sie an. »Und was ist das da auf deinem Gesicht? Ein Maulkorb vielleicht?«, fragte er, und jetzt lachte er doch.
Elizabeth wurde rot. »Nein, das ist kein Maulkorb«, stieß sie hervor. »Du hast ja keine Ahnung, was in diesem Gebäude alles an Staub und Bakterien rumfliegt. Eigentlich müsstest du auch einen Schutzhelm tragen«, verkündete sie und klopfte zur Veranschaulichung auf ihren eigenen. »Das Gebäude könnte einstürzen – was Gott verhüten möge«, fügte sie sarkastisch hinzu. »Aber du bist ja unsichtbar, das hab ich ganz
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