Zwischen Himmel und Liebe
Überstunden machen, aber diesmal war es untypischerweise Elizabeth, die alles ins Stocken brachte. Ihr fiel einfach nichts Passendes für die Gestaltung des Spielzimmers ein, und allmählich fing sie an, sich dafür zu hassen, dass sie die Idee Vincent gegenüber überhaupt zur Sprache gebracht hatte. In letzter Zeit hatte sie einfach andere Dinge im Kopf. Jetzt beispielsweise saß sie an ihrem Lieblingsplatz in der Küche und lachte vor sich hin, weil sie sich an das Bad im See erinnerte.
Die Beziehung zwischen ihr und Ivan war ungewöhnlicher denn je. Heute hatte sie eigentlich mit ihm Schluss gemacht, und es hatte ihr das Herz gebrochen, aber er war immer noch da und brachte sie zum Lachen, als wäre nichts geschehen. Trotzdem passierte irgendetwas. Etwas Großes, das spürte sie im Oberbauch, direkt unter den Rippen. Während der Tag verging, wurde ihr klar, dass sie in einer Beziehung zu einem Mann noch nie so viel nachgegeben und sich trotzdem in seiner Gegenwart so wohl gefühlt hatte. Sie waren beide nicht bereit für mehr, jedenfalls nicht momentan, auch wenn sie es sich tief in ihrem Innern immer noch wünschten.
Das Essen mit Benjamin am Abend vorher war sehr nett gewesen. Elizabeth hatte ihre allgemeine Abneigung gegen Essengehen tapfer niedergekämpft – sowohl ihre Abneigung gegen das Essen an sich als auch gegen unnötige Gespräche –, und obwohl sie von Ivan gelernt hatte, anders mit diesen Dingen umzugehen, fand sie es dennoch schwierig. Unter Leute zu gehen war für sie kein angenehmer Zeitvertreib. Sie und Benjamin fanden viele Gemeinsamkeiten, unterhielten sich gut, und auch das Essen war lecker, aber sie war auch nicht besonders enttäuscht, als es vorbei war und sie nach Hause musste. In Gedanken war sie ohnehin anderswo und zerbrach sich den Kopf über ihre Zukunft mit Ivan. Wenn Ivan nach einem gemeinsamen Abend aufbrach, war das ganz anders.
Lukes Kichern holte sie aus ihren Tagträumen.
»Bonjour, Madame«, erklang Ivans Stimme.
Elizabeth blickte auf und sah die beiden vom Garten in den Wintergarten gehen. Jeder hielt sich eine Lupe vors rechte Auge, wodurch es gigantisch wirkte, und ein mit schwarzem Marker aufgemalter Schnurrbart zierte ihre Oberlippe. Elizabeth musste lachen.
»Ah, es gibt nischts zu lachen, Madame. Es ’at gegeben einen Morrrt«, meinte Ivan ganz ernst, während er sich dem Tisch näherte.
»Einen Mord«, übersetzte Luke.
»Was?«, fragte Elizabeth und sperrte die Augen auf.
»Wir suchen nach Spuren, Madame«, erklärte Luke, und sein schiefer aufgemalter Schnurrbart bewegte sich äußerst seltsam, wenn er redete.
»Ein scheußlischer Morrt ist gesche’en mitten in Ihrem Jardin«, ergänzte Ivan und ließ die Lupe suchend über den Tisch wandern.
»Jardin ist das französische Wort für Garten«, erläuterte Luke.
Elizabeth nickte und versuchte sich das Lachen zu verkneifen.
»Bitte verseihen Sie uns, dass wir so un’öflisch in Ihr ’eim eindringen. Gestatten Sie, dass wir uns vorstellen. Isch bin Mister Monsieur, und das hier ist mein törischter Ge’ilfe Monsieur Reztesrebü.«
Luke kicherte. »Das ist rückwärts für Übersetzer.«
»Oh.« Elizabeth nickte. »Nun, ich freue mich, Sie beide kennen zu lernen, aber ich habe hier leider furchtbar viel zu tun, wenn es Ihnen also nichts ausmacht …« Sie blickte Ivan viel sagend an.
»Ausmachen? Aber selbstverständlisch macht es uns etwas aus! Wir sind ’ier mitten in sehr ernsten Morrtermittlungen, und was tun Sie?« Vorwurfsvoll blickte er sich um und entdeckte die zerknüllten Papierbälle beim Mülleimer. Mit spitzen Fingern hob er einen davon auf und unterzog ihn einer ausführlichen Inspektion mit seiner Lupe. »Sie produssieren Schneebälle, wie es scheint?«
Elizabeth schnitt ihm eine Grimasse, und Luke kicherte.
»Wir müssen Sie ver’ören. Besitzen Sie vielleischt eine grelle Lampe, um Sie ein wenisch zu schikanieren?« Ivan sah sich um und zog die Frage nach einem kurzen Blick in Elizabeths Gesicht wieder zurück. »Nischts für ungut, Madame.«
»Wer ist denn ermordet worden?«, erkundigte sich Elizabeth.
»Ah, genau wie isch es vermutete, Monsieur Reztesrebü«, rief er, während sie beide mit der Lupe vor dem Auge durch die Küche defilierten. »Sie benimmt sisch, als wüsste sie nischt, dass wir sie verdächtigen. Kluges Köpfschen, das muss isch sagen.«
»Glauben Sie, dass Madame der Mörder ist?«
»Wir werden sehen. Madame, ein zerquetschter Würm wurde ’eute
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