Zwischen jetzt und immer
sie.
»Hände«, wiederholte ich. Sie legte ihre kleine Hand auf die der ersten Skulptur. Ihre Finger lagen auf den rostigen Fingern der Skulptur, und ihre weiche, weiße Haut stand in starkem Kontrast zu dem dunklen, wettergegerbten, spröden Metall. Wieder schaute sie mich an und ich legte meine Hand neben ihre auf die zweite Skulptur.
Ich hörte Stimmen und wandte mich um. Wes und Delia kamen über die Wiese auf uns zu. Als Lucy ihre Mutterbemerkte, rappelte sie sich hoch, sauste ihr entgegen und schmiss sich an Delias Knie. Delia blickte mit einem belustigten Kopfschütteln auf ihre Tochter und wuschelte mit beiden Händen durch Lucys dunkle Locken.
»Was treibt ihr zwei da?«, fragte Wes.
»Lucy hat mir die Skulpturen gezeigt«, antwortete ich und zeigte mit einer Kopfbewegung darauf. »Ich wusste gar nicht, dass du auch kleine Herzhände gemacht hast.«
»Bloß für kurze Zeit.« Er machte eine abwehrende Geste. »Irgendwie lief’s nie richtig damit.«
»Soll ich zum Kartoffelsalatdienst antreten?« Ich stand auf.
»Nein, falscher Alarm«, erwiderte Wes.
»Wie jetzt?«
Delia drückte Lucy liebevoll gegen ihre Beine. »Es ist wirklich sehr, sehr merkwürdig. Gerade als ich die Kartoffeln ins kochende Wasser schmeißen will, ruft die Kundin an. Es stellt sich raus, dass sie doch keinen Kartoffel-, sondern lieber Krautsalat und Käsemakkaroni will. Und von beidem habe ich noch mehr als genug.«
»Ich habe versucht Delia zu erklären, dass das eine gute Nachricht ist«, meinte Wes.
»Klar«, sagte ich. »Warum auch nicht?«
Delia strich mit der Hand über Lucys Kopf. »Ich find’s einfach . . . seltsam. Ich weiß auch nicht genau, warum, aber es macht mich irgendwie nervös.«
Wes warf ihr einen Blick zu. »Manchmal laufen die Dinge eben so, wie sie sollen. So was kommt vor.«
»Bei
Wish Catering
nicht.« Delia seufzte. »Jedenfalls haben wir genug Zeit, um alles in Ruhe vorzubereiten. Und das ist . . . ja, das ist wahrscheinlich wirklich eine gute Nachricht.« Aber ihre Stimme klang nach wie vor skeptisch.
»Keine Angst«, meinte Wes, während wir alle zusammen zu ihrem Haus zurückliefen. »Die nächste Katastrophe kommt bestimmt.«
Was Delia tatsächlich aufzumuntern schien. »Ja, du hast Recht.« Sie nahm Lucy an die Hand.
Während wir den ganzen Kram für die heutige Veranstaltung zusammenpackten, passierte dann doch ständig was. Beziehungsweise es passierte eben gerade nichts. Zum Beispiel mussten wir normalerweise sämtliche Servierwagen in den Lieferwagen stopfen in der verzweifelten Hoffnung, dass sie irgendwie reinpassen würden; doch diesmal war es Delia aus irgendeinem Grund gelungen, die Sachen in den Kühlboxen so Raum sparend zu stapeln, dass wir mit einem Servierwagen weniger auskamen, alles entsprechend gut in den Lieferwagen passte und wir (huch!) sogar noch Platz übrig hatten. Die große runde Servierplatte (die schönste im Inventar von
Wish Catering
, die allerdings seit langem verschwunden gewesen war) tauchte wie von Zauberhand hinter einem der Gefrierschränke auf. Und am Ende bretterten wir – oh Wunder! – nicht wie üblich auf den allerletzten Drücker den Sweetbud Drive runter, sondern waren tatsächlich einmal fertig,
bevor
wir losmussten. Wir hatten Zeit übrig, um sie totzuschlagen, mussten nicht wie sonst immer hinter uns selbst herhecheln. Es war tatsächlich etwas eigenartig.
Delia und ich hockten uns auf die Stufen vor ihrer Veranda und fächelten uns mit allem, was wir in die Finger kriegen konnten, Luft zu, während Bert und Wes in der Garage rumtrödelten und die letzten paar Sachen zum Lieferwagen trugen. Delia stützte sich auf ihren Händen ab, lehnte sich leise ächzend zurück und versuchte eine möglichst bequeme Position zu finden. »Wie ich höre, hast du deinen Job hingeschmissen?«
Wes, der genau in dem Moment mit einem Karton Papierservietten vorbeischlenderte, erntete dafür einen bösen Blick. Von mir.
»Tut mir Leid, ich konnte nicht anders«, sagte er. »Die Geschichte war einfach zu gut, um sie für sich zu behalten.«
»Dann gehst du am besten auch gleich noch zu meiner Mutter und bringst es ihr schonend bei.« Ich griff mit beiden Händen in meine Haare und zog sie zu einem Pferdeschwanz nach oben.
»Nein, danke.« Und rasch verschwand er aus meinem Blickfeld.
»Glaubst du wirklich, sie ist deswegen sauer auf dich?«, fragte Delia. »Nach allem, was ich von dir über den Job gehört habe, hast du da ziemlich
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