Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwischen jetzt und immer

Zwischen jetzt und immer

Titel: Zwischen jetzt und immer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Dessen
Vom Netzwerk:
ein gurrendes Lachen, dasich leider nur zu gut kannte. Und als Kristy nun mit einer leeren Servierplatte hereinkam (die sie, mit Schinkenmuffins beladen, erst vor wenigen Minuten hinausgetragen hatte), sah ich durch die halb geöffnete Tür flüchtig Mrs Talbot. Dann fiel die Tür wieder zu, und mich beschlich das sichere Gefühl, dass sie mich ebenfalls bemerkt hatte.
    »Unglaublich«, sagte Wes.
    »Was?« Für einen Augenblick dachte ich, er meinte Mrs Talbot.
    »Ich fasse es nicht.« Als ich seinem Blick folgte, merkte ich, dass er sowohl die Garnele in meiner Hand als auch den Garnelenberg vor mir meinte, der ungefähr doppelt so hoch war wie seiner. »Wie kriegst du das nur so schnell hin?«
    »Tue ich doch gar nicht.« Ich zog die Garnele aus ihrer Schale und legte sie zu den anderen.
    Er warf mir bloß einen Blick zu und betrachtete dann etwas kläglich die Garnele in seiner Hand. »Ich habe dich beobachtet«, sagte er. »Während ich noch mit dieser einen rummache, hast du schon fünf geschafft. Mindestens.«
    Ich schnappte mir die nächste Garnele, zupfte die Beine ab, zog sie an einem Stück aus der Schale, legte sie auf den Stapel vor mich. Alles in einer einzigen, fließenden Bewegung.
    »Sechs«, meinte er. »Das wird allmählich peinlich. Wo oder von wem hast du das gelernt?«
    Ich nahm mir die nächste vor. »Von oder besser gesagt wegen meines Vaters. Wenn wir in den Sommerferien am Meer waren, haben wir oft pfundweise Garnelen fürs Abendessen gekauft. Sie wurden nur kurz gedünstet und dann ging die Post ab. Sein absolutes Lieblingsessen. Und er war superschnell. Wenn man also überhaupt welche abhabenwollte, musste man sich tierisch beeilen.« Ich legte die nächste geschälte Garnele zu den übrigen auf den Haufen. »Ich musste es einfach lernen, es war der reinste Darwinismus: Nur die Starken kommen durch.«
    Endlich schaffte er es, die Garnele in seiner Hand zu schälen und auf seinen Stapel zu legen. »Bei uns zu Hause war’s genau umgekehrt«, meinte er. »Man tat alles, was man konnte, um
nicht
essen zu müssen.«
    »Wieso das denn?«
    »Nach der Scheidung war meine Mutter auf dem Trip, dass man sich unbedingt gesund ernähren muss.« Wes nahm sich die nächste Garnele vor und imitierte meine Methode, indem er zunächst einmal alle Beine auf einmal abriss. »Nach dem Motto: Wer seinen Körper entschlackt, reinigt auch seinen Geist. Oder so was Ähnliches. Es gab keine Hamburger mehr, keine Hotdogs, sondern Linsenauflauf mit Tofusalat. Und das waren noch die Highlights.«
    »Mein Vater war das genaue Gegenteil.« Ich machte mich über die nächste Garnele her. »Für ihn gab es nichts Besseres und Gesünderes als Fleisch, und zwar rotes Fleisch. Schon Huhn war in seinen Augen ein Gemüse.«
    »Die Einstellung gefällt mir«, meinte Wes.
    »Garnelen! Ich brauche dringend Garnelen!«, fauchte Delia aus dem Hintergrund. Ich schob den Stapel vor mir auf eine Platte, sauste zum Spülbecken, wusch sie blitzschnell ab und tupfte sie noch schneller trocken, während Delia Zahnstocher, Servietten sowie Cocktailsauce auf einem Tablett bereitstellte.
    »Die Schinkenmuffins sind echt der Hit. Gehen rasend schnell weg«, verkündete Kristy, die gerade schon wieder zur Tür hereinkam; ihre leer geräumte Servierplatte balancierte sie auf der flachen Hand. Was sie heute anhatte,stellte ihre bisherigen Outfits in den Schatten: Schwarzer Lederrock, Motorradstiefel, eine weiße, weite Bauernbluse, und die Haare hatte sie mit einem Paar roter Essstäbchen hoch auf dem Kopf festgesteckt. »Da draußen schwirren lauter Professoren und so Leute rum. Echt daneben, die Typen. Tun total vornehm und sind gleichzeitig so was von gierig. Sagen total affig ›Das sieht aber köstlich aus‹, machen einen auf höflich und zurückhaltend, aber bevor man Piep sagen kann, haben sie einem die Platte leer gefuttert.«
    »Zwei Stück und weiter«, sagte ich.
    »Ja ja, schon klar.« Kristy pustete sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Heute ist es irgendwie nervig.«
    In dem Moment, als Delia Kristy das Tablett mit den Garnelen geben wollte, ertönte aus dem Nebenraum ein lautes Scheppern. Wir alle blieben wie angewurzelt stehen.
    »Scheiße«, sagte Delia. »Ich meinte Scheibenkleister. Nein, ehrlich gesagt, meine ich Scheiße. Aber wirklich.«
    Kristy öffnete die Tür einen Spalt weit. »Nichts von dem Edelkram, der hier überall rumsteht«, berichtete sie. Delia entspannte sich merklich.
    »Aber ein paar Weingläser sind

Weitere Kostenlose Bücher