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Zwischen jetzt und immer

Zwischen jetzt und immer

Titel: Zwischen jetzt und immer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Dessen
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aushielt, machte ich einfachden Mund auf, um etwas zu sagen, obwohl ich noch gar nicht wusste, was.
    »Also«, fing ich an. Doch weiter kam ich nicht. Und wie sich herausstellte, kamen auch wir nicht weiter.
    Denn der Motor, der bis zu diesem Moment vergnügt vor sich hin gebrummt hatte, fing plötzlich an zu husten. Dann zu stottern. Zu stöhnen. Und schließlich: nichts mehr. Wir hielten auf dem platten Land an. Und da standen wir nun.
    Zuerst sagte keiner von uns beiden etwas. Über uns flog ein Vogel daher, man sah allerdings nur seinen Schatten auf der Windschutzscheibe.
    »Also«, meinte Wes, als würde er da weitermachen, wo ich begonnen hatte. »
Das
hat Delia vergessen.«
    Ich sah ihn an. »Was?«
    Er hob die Hand und deutete auf die Tankanzeige des Armaturenbretts. Der Zeiger stand bei null. Leer. »Benzin.«
    »Benzin«, wiederholte ich. Und konnte in meinem Kopf förmlich hören, wie auch Delia das Wort aussprach, nachdem es ihr endlich eingefallen war. Ein Schlag mit der flachen Hand gegen die Stirn und:
Benzin
.
    Wes hatte bereits die Tür auf seiner Seite geöffnet und stieg aus. Die Tür fiel hinter ihm ins Schloss. Ich stieg ebenfalls aus, lief um den Lieferwagen herum und blickte in beide Richtungen die leere Straße entlang.
    Ich hatte schon oft gehört, wie Leute beim Erzählen den Ausdruck »mitten im Nirgendwo« benutzten, und es eigentlich immer als Übertreibung empfunden. Doch während mein Blick nun über die flachen Wiesen und Felder schweifte, die uns umgaben, kam mir der Ausdruck plötzlich als sehr zutreffend in den Sinn. Kein Auto in Sicht, keineHäuser in erreichbarer Nähe. Das einzige Licht stammte vom Mond, der voll und gelb auf halber Höhe über uns am Himmel hing.
    »Wie weit ist es deiner Meinung nach bis zur nächsten Tankstelle?«, fragte ich.
    Wes kniff die Augen zusammen und blickte prüfend in die Richtung, aus der wir gekommen waren, bevor er sich umdrehte und die Straße vor uns entlangschaute. Er sah aus, als würde er eine wissenschaftliche Einschätzung vornehmen. »Keine Ahnung«, meinte er schließlich. »Ich schätze, das finden wir noch früh genug heraus.«
    Wir schoben den Lieferwagen an den Straßenrand, kurbelten die Fenster hoch, schlossen die Türen ab. In der Stille hörte sich alles besonders laut an: unsere Schritte, das Schließen der Türen, der unvermittelte Ruf einer Eule, bei dem ich heftig zusammenzuckte. Während Wes ein letztes Mal nachsah, ob der Lieferwagen auch wirklich okay stand und richtig abgeschlossen war, stellte ich mich mitten auf die Straße und wartete auf ihn. Die Hände in den Taschen vergraben, kam er schließlich auf mich zugelaufen.
    »Okay, jetzt müssen wir uns entscheiden«, sagte er. »Links oder rechts?«
    Ich blickte erst in die eine, dann in die andere Richtung. »Links«, meinte ich. Und wir marschierten los.
     
    »Grüne Bohnen«, sagte Wes.
    »Nusseis«, konterte ich.
    Er musste einen Moment überlegen. Alles, was ich in der Stille hören konnte, waren unsere Schritte. »Sahnetorte.«
    »Erdbeereis.«
    »Mit wie vielen Eissorten willst du mir denn noch kommen?« Entnervt legte er den Kopf in den Nacken undblickte gen Himmel. »Mir fallen keine Wörter mit S mehr ein.«
    »Ich habe dich gewarnt«, antwortete ich. »Ich spiele das Spiel schließlich nicht zum ersten Mal.«
    Wieder dachte er schweigend nach. Bereits seit zwanzig Minuten gingen wir die dunkle Landstraße entlang. Bisher war kein einziges Auto vorbeigekommen. Ich hatte zwar mein Handy dabei, aber Kristy ging nicht ran, Bert war nicht zu Hause und meine Mutter bei einer Besprechung, deshalb waren wir fürs Erste auf uns allein gestellt. Nachdem wir eine Zeit lang stumm nebeneinander hergelaufen waren, meinte Wes, wir könnten vielleicht etwas spielen, weil es a) Spaß mache und b) die Zeit dadurch schneller vergehe. Für Ich-sehe-was-was-du-nicht-siehst war es zu dunkel, deshalb schlug ich Letzter-Buchstabe-gleich-erster-Buchstabe vor. Das kannte er zwar nicht, hatte aber nichts dagegen. Ich ließ ihn sogar das Gebiet aussuchen, Nahrungsmittel und Speisen, aber er hatte trotzdem schwere Probleme mitzuhalten.
    »Slim Fast«, verkündete er nun.
    »Das ist nichts zu essen.«
    »Was denn sonst?«
    »Was zu trinken.«
    Er warf mir einen Blick zu. »Du willst wohl um jeden Preis gewinnen?«
    »Nein.« Ich schob meine Hände in die Hosentaschen. Ein leichter Wind strich über uns hinweg, so dass die Blätter in den Bäumen am Straßenrand raschelten. »Trotzdem ist

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