Zwischen Krieg und Terror
konkreten Denkrahmen. Dies ist das Ergebnis des Scheiterns ihrer Strategie.« Praktisch sind die Gegner des Präsidenten handlungsunfähig. Ahmadinejad kann seine Politik weitgehend ungehindert durchsetzen.
Ein Jahr nach der Wahl hat er die Schlüsselstellungen in Politik, Verwaltung und auch den meisten Staatsbetrieben mit seinen Gefolgsleuten besetzt. Gegner werfen ihm vor, politische Freunde an den Hebeln der Macht zu platzieren. Meist sind es jedoch junge Mitglieder der »Koalition der Entwickler eines Islamischen Iran«. Die Gruppe wurde 2003 in Teheran aus Anlass der Kommunalwahl gegründet und errang - bei einer Wahlbeteiligung von lediglich zwölf Prozent - nahezu alle Sitze. Ein Jahr später stellt sie im neu gewählten iranischen Parlament sechzig Prozent der Abgeordneten. Bis heute hält sich die Organisation in politischen Auseinandersetzungen zurück. In der Koalition haben sich konservative, nationalreligiöse Gruppierungen Irans zusammengeschlossen. Die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Bekämpfung der Armut gehören zu ihren wichtigen Zielen. Sie agieren zurückhaltend, um andere Kräfte des religiösen Lagers nicht von einer Zusammenarbeit abzuschrecken. Dieser Haltung entspricht auch Ahmadinejads Eintreten für die Modernisierung und Entwicklung Irans. Doch mit Parolen lässt sich die Stagnation nicht überwinden. Die Wirtschaftskrise dauert an, die Kapitalflucht ist ungebrochen, und die Inflationsrate steigt. Nur mithilfe der reichlich ins Land flieÃenden Petrodollars kann er Arbeitsplätze sichern und die ansonsten labile Wirtschaftssituation stabilisieren.
Ob sich die Lage normalisiert, wird vor allem von der Entwicklung des Atomkonflikts abhängen. Anhänger und Gegner Ahmadinejads sind gleichermaÃen verunsichert. Auf beiden Seiten wächst die Ãberzeugung, dass sich Ahmadinejad und die gesamte Führung des Landes letztlich doch mit den USA einigen werden. Doch angesichts des Libanonkriegs vergröÃert sich die Kluft zwischen Teheran und Washington, und die Schaffung eines Ausgleichs zwischen beiden Kontrahenten wird immer komplizierter. Dabei ist der Atomkonflikt nur zu lösen, wenn das überreizte politische Klima in beiden Staaten wieder in normale Bahnen gelenkt werden kann. Glaubt man allerdings den Reden der Verantwortlichen, so wird eine Aussöhnung zwischen den Regierungen in Washington und Teheran nicht so schnell zustande kommen.
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Die Geschichte einer Erzfeindschaft
Der Krieg der Worte zwischen Iran und den USA ist bereits seit 1979 voll entbrannt. »GroÃer Satan« und »Tod Amerika« gehören auf iranischer und »Achse des Bösen« auf US-amerikanischer Seite zum Arsenal dieses verbalen Schlagabtauschs. Bereits vor dem Sturz des Schahs entwickelt die islamische Bewegung im Iran eine deutliche antiamerikanische StoÃrichtung. »Weder Ost noch West - Islamische Republik« lautet eine ihrer zentralen Parolen. Mit der Flucht Mohammed Reza Pahlewis, des letzten Schahs, am 16. Januar 1979, der Auflösung des Parlaments und dem Rücktritt der letzten von ihm eingesetzten Regierung ist die Ãra der Monarchie beendet. Vor einer Volksbewegung mit einer in der Geschichte beispiellosen Beteiligung kapitulieren die Sicherheitsapparate des alten Regimes.
Nationalisten und Linke ordnen sich dem islamischen Charakter des Aufstands weitgehend unter. Mit dem aus dem Exil zurückgekehrten Ayatollah Khomeini stellt die islamische Bewegung eine Führungsfigur, die über eine scheinbar natürliche Autorität verfügt. Nach einer Volksabstimmung am 1. April ruft der siebenundsiebzigjährige Geistliche die »Islamische Republik Iran« aus. In der revolutionären Atmosphäre bauen die Anhänger Khomeinis systematisch ihre Positionen aus. Sie gewinnen die Wahl zur verfassunggebenden Versammlung und bestimmen die Ausarbeitung einer Verfassung, die ganz auf Khomeini zugeschnitten wird und ihm als religiösem Staatsführer eine nahezu unumschränkte Machtfülle einräumt.
Die Besetzung der US-Botschaft in Teheran
Doch trotz der radikalen Umwälzungen im Inneren verfolgt die Ãbergangsregierung Mehdi Bazargans, der sein Amt vom im Untergrund regierenden Revolutionsrat erhalten hat, einen gemäÃigten auÃenpolitischen Kurs. Bazargans Ziel ist es, die internationale Isolierung der jungen Islamischen Republik zu verhindern. Für radikale Mitglieder des
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