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Zwischen Krieg und Terror

Titel: Zwischen Krieg und Terror Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Tilgner
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Geiseln gescheitert ist. Zudem wollen die Radikalen in Teheran Jimmy Carter auch nicht entgegenkommen, weil er mit dem gestürzten Schah zusammengearbeitet und das Friedensabkommen von Camp David zwischen Israel und Ägypten ausgehandelt hat.
    Erst nach der Wahlniederlage Carters einigen sich Washington und Teheran auf die Bedingungen zur Rückführung des Botschaftspersonals in die USA. Iran verzichtet auf die Übertragung des Schahvermögens und auf eine Nichteinmischungsgarantie der USA. Gegen die Freigabe von in den USA eingefrorenen Vermögenswerten werden die Geiseln am 20. Januar 1981, dem Tag der Amtseinführung des neuen Präsidenten Ronald Reagan, nach 444-tägiger Gefangenschaft freigelassen. Trotz aller Probleme und Verzögerungen ist die diplomatische Lösung der Geiselnahme ein Beispiel dafür, dass Konflikte ohne den Einsatz militärischer Mittel beendet werden können.
    So wünscht sich Warren Christopher, der mit den Verhandlungen zur Freilassung der US-Geiseln beauftragt war, fünfundzwanzig Jahre später auch für die Atomkrise eine diplomatische Lösung. Wie bei dem Geiseldrama sei militärischer Aktionismus unklug und wahrscheinlich unmöglich, schreibt er in einem Aufsatz. Christopher fordert von der US-Regierung: »Auch wenn die Möglichkeit eines Militäreinsatzes nicht ausgeschlossen werden darf, müssen wir auf dem diplomatischen und, soweit notwendig, auf dem Weg wirtschaftlicher Strafmaßnahmen bleiben.« 1
    In den ersten Jahren der Amtszeit von Präsident Reagan gleitet das Verhältnis zwischen der Islamischen Republik Iran und den USA in ruhigeres Fahrwasser. Bei den Freitagsgebeten in Teheran werden zwar immer noch Parolen gegen die USA skandiert, und zum Jahrestag der Besetzung der US-Botschaft ziehen Demonstranten weiterhin lautstark den »Tod Amerikas« fordernd vor das von Revolutionswächtern besetzte Gelände der US-Vertretung, aber die Wirtschaftsbeziehungen zwischen beiden Ländern verbessern sich wieder, und im Geheimen werden sogar Waffengeschäfte abgewickelt.
    Die Anschläge auf die US-Botschaft in Beirut im April 1983 und auf das Hauptquartier der US-Truppen im Libanon im Oktober desselben Jahres treiben die Beziehungen zwischen Iran und den USA erneut auf einen Tiefpunkt zu. Selbstmordattentäter fahren Lastwagen mit gewaltigen Sprengsätzen in die Botschaft und in den Stützpunkt der US-Marines auf dem Flughafen von Beirut. Zwar fehlt es an Beweisen, dass die Hisbollah (»Partei Gottes«) Drahtzieherin dieser Anschläge ist, gleichwohl wird die 1982 in Iran gegründete und aufgebaute Schiitenorganisation für den Tod von 241 amerikanischen Soldaten verantwortlich gemacht.
    Die Regierung in Washington betitelt die Islamische Republik auch wegen ihrer Unterstützung der libanesischen Hisbollah als »Sponsor des internationalen Terrorismus«. Im März 2003, also zwanzig Jahre später, verurteilt ein US-Gericht Iran, Entschädigung an die Überlebenden und die Hinterbliebenen der Toten zu zahlen. Die Hisbollah habe die Anschläge mit Billigung und Unterstützung iranischer Funktionäre ausgeführt, heißt es in dem Urteil. Mit dieser Entscheidung wird die Islamische Republik zu einem Terrorstaat erklärt. Die strikte Ablehnung der Hisbollah durch die US-Regierung kommt auch in der nahezu bedingungslosen Unterstützung Israels während des Libanonkriegs im Sommer 2006 deutlich zum Ausdruck.
    Doch in den Jahren nach diesen Terroraktionen kommt es nichtsdestotrotz wieder zu vorsichtigen Geheimkontakten zwischen Washington und Teheran. Unter Umgehung des eigenen Waffenembargos verkauft die US-Regierung dem angeblichen Erzfeind während des Krieges gegen den Irak sogar panzerbrechende Raketen. Mit den Lieferungen verfolgt die US-Regierung unterschiedliche Ziele. Einerseits soll die iranische Führung die Freilassung amerikanischer Geiseln durchsetzen, die sich in den Händen der libanesischen Hisbollah befinden. Andererseits nutzen die USA die Gewinne aus den Waffengeschäften mit Iran, um in Nicaragua den Guerillakrieg der rechtsgerichteten »Contras« gegen die sandinistische Regierung zu finanzieren. Sowohl die geschäftlichen Kontakte mit Iran als auch die Unterstützung der Rebellen in Nicaragua werden verdeckt abgewickelt, da der von der Demokratischen Partei dominierte US-Kongress eine offizielle Hilfe für die mittelamerikanischen

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