Zwischen Krieg und Terror
geschwächt worden. Rafsanjani erinnert auch an Khomeinis Zustimmung zum Waffenstillstand, um zu betonen, wie wichtig es für Iran sein kann, Kompromisse einzugehen. Diese Hinweise Rafsanjanis sind ein Zeichen für den erbitterten Machtkampf, der unter den Spitzenpolitikern Irans in der Atomfrage tobt. Rafsanjani gilt als Führer einer Fraktion, die einen Kompromiss befürwortet, um eine Eskalation in Form von Wirtschaftssanktionen oder gar Militäraktionen gegen die Islamische Republik abzuwenden. Auch seine Gegenspieler wollen keinen Krieg. Sie sind jedoch bereit, das Risiko einer Eskalation einzugehen, weil sie darauf setzen, dass die USA zu schwach sind, um eine Wirtschaftsblockade oder gar Militäraktionen durchsetzen zu können.
Welch weitreichende Konsequenzen innenpolitische Auseinandersetzungen für Geheimdiplomatie haben können, hat sich zwanzig Jahre vorher gezeigt. Von Iran zurückgestoÃen, greifen die USA ab 1987 direkt zugunsten des Iraks in den Krieg ein, als sich der militärische Druck Irans erhöht.
Dabei ist der Auslöser überraschend. Am 17. Mai attackieren irakische Flugzeuge des Typs F-1 Mirage die USS Stark , eine Fregatte der US-Marine, die von zwei Exocet-Raketen getroffen wird. An Bord des brennenden Schiffes sterben siebenunddreiÃig Seeleute. Tariq Aziz, Iraks AuÃenminister, weià in den Stunden nach dem Angriff genau, was für sein Land auf dem Spiel steht. In Interviews bedauert er immer wieder den Zwischenfall als ein fürchterliches Versehen. Eigentlich verantwortlich sei aber der Iran, weil er gegen den Irak Krieg führe. Für mich wird seine Argumentation von Stunde zu Stunde absurder. Aziz bittet uns Journalisten wiederholt in sein Arbeitszimmer, weil er mit unterschiedlichsten Erklärungen erreichen will, dass die von der US-Ãffentlichkeit geforderten Vergeltungsschläge nicht gegen den Irak, sondern gegen den Iran gerichtet werden. Mich erstaunt, dass ihm dieses Vorhaben gelingt und die US-Streitkräfte tatsächlich iranische Ziele angreifen. Iranische Ãlplattformen werden bombardiert und Einheiten der iranischen Seestreitkräfte unter Beschuss genommen. Welches Ausmaà die Militäraktionen gegen das Land annehmen, wird nicht bekannt. Iranische Offiziere berichten, selbst bei der Rückeroberung des Ãlhafens Fao im April 1988 seien die Republikanischen Garden Saddam Husseins von US-Hubschraubern der Typen Sikorski und Apache unterstützt worden.
In Iran weckt die offene Parteinahme der Amerikaner für Irak den alten Hass gegen die USA zu neuem Leben. Als der US-Zerstörer Vincennes am 3. Juli einen Airbus der iranischen Fluggesellschaft auf dessen Linienflug nach Dubai abschieÃt, sterben alle 290 Insassen, unter ihnen 66 Kinder. Die US-Streitkräfte behaupten, es habe sich um ein Versehen gehandelt, der Angriff habe einer F-14 der iranischen Luftwaffe gegolten. Doch eine Maschine dieses Typs befand sich gar nicht in Reichweite der Waffen des Kriegsschiffs. Zudem verschweigt der US-Generalstab, dass die Vincennes zum Zeitpunkt des Zwischenfalls in iranischen Hoheitsgewässern unterwegs war. Dies dürfte den vorschnellen Feuerbefehl des später ausgezeichneten Kapitäns ausgelöst haben. Zwar zahlen die USA an die Familien der Opfer eine Entschädigung, doch die politische Kluft zwischen der Islamischen Republik und Iran scheint nun unüberbrückbar.
Terrorismusvorwürfe gegen Iran
1992 erneuert Präsident George Bush das Waffenexportverbot und schlieÃt dabei auch »Dual-Use«-Güter ein. Davon sind groÃe Bereiche des Exports betroffen, weil viele auf den ersten Blick zivile Produkte, die Iran importiert, auch im militärischen Sektor Verwendung finden können. Mit diesen MaÃnahmen wollen die USA eine Wiederaufrüstung der durch den achtjährigen Krieg mit Irak geschwächten Islamischen Republik verhindern. Hoffnungen, dass der Zermürbungskrieg das Land entscheidend schwächt und einen Prozess politischer Veränderungen einleitet, sind nicht in Erfüllung gegangen.
Aber statt zu versuchen, durch Verhandlungen eine allmähliche Normalisierung des Verhältnisses zwischen beiden Staaten herbeizuführen, setzt die US-Regierung erneut auf eine Politik der Schwächung und Isolierung. In Washington arbeitet man weiter darauf hin, die islamische Herrschaftsform zu beseitigen. Gleichzeitig soll aber auch der an den Kriegsfolgen leidende Irak
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