Zwischen Krieg und Terror
unter Kontrolle gehalten werden. Die USA gehen zum Regime von Saddam Hussein auf Distanz.
Da Iran und Irak beide langfristig isoliert und die Regierungen nach Möglichkeit gestürzt werden sollen, folgt unter der Clinton-Administration 1995 das Konzept des »dual containment«. Iran und Irak sollen durch Sanktionen und mittels internationaler Absprachen langfristig geschwächt werden. Doch es gelingt der US-Regierung nicht, dieses von Israel befürwortete Konzept weltweit durchzusetzen. Staaten in Fernost, wie Japan und China, sowie einzelne Länder Westeuropas weiten ihre Handelsbeziehungen zum Iran sogar noch systematisch aus. Damit verkehrt sich die Politik Washingtons in ihr Gegenteil: Statt Iran den Zugang zum Weltmarkt abzuschneiden, werden vor allem US-Firmen daran gehindert, Handelsbeziehungen mit Teheran aufzunehmen.
Doch auch diese nicht beabsichtigte Wirkung führt zu keinem Umdenken in der US-Regierung. Gegenüber Iran bleibt die Politik der Vereinigten Staaten durch Verschärfung der Sanktionen gekennzeichnet. Im Kongress nimmt sogar die Anzahl der Abgeordneten zu, die sich für eine völlige internationale Isolierung Irans aussprechen. 1995 untersagt Präsident Clinton per Erlass US-Firmen und ihren im Ausland angesiedelten Tochterunternehmen, in iranische Energiesektoren zu investieren. 2 Diese MaÃnahme wird im Mai 1995 durch ein umfassendes Handels- und Investitionsverbot erweitert, das allerdings den Import iranischen Ãls ausnimmt, wenn es auÃerhalb der Islamischen Republik raffiniert wird. 1996 folgt ein umfangreiches Sanktionsgesetz, das sich sowohl gegen Iran als auch gegen Libyen richtet. Fortan kann der Präsident jede Firma oder Einzelperson, die mehr als zwanzig Millionen US-Dollar in einem der beiden Länder investiert, bestrafen. 3 Dieses Gesetz stöÃt auf internationale Kritik, weil es nicht auf US-Investoren beschränkt ist, sondern weltweit gelten soll. Damit wollen die USA ihren Handelspartnern die eigene Iranpolitik aufzwingen. Trotz internationaler Ablehnung verlängert Präsident Bush 2001 per Dekret diese SanktionierungsmaÃnahme.
In Teheran wird dieser Schritt als Absage an Versuche der iranischen Führung gewertet, die Beziehungen mit den USA wieder in normale Bahnen zu lenken. Für den 1997 gewählten Reformpolitiker Mohammad Khatami bedeutet die Halsstarrigkeit Washingtons einen herben Rückschlag. Im Zentrum der Politik des Geistlichen stehen vorsichtige Bemühungen, die Islamische Republik zu liberalisieren und sie aus der auÃenpolitischen Isolation zu führen. Dabei bekundet Khatami zum wiederholten Male sein Interesse an einer Verständigung mit den USA. Der Präsident wird von der groÃen Mehrheit der Iraner unterstützt, wobei sich vor allem die Jugend eine innenpolitische Erneuerung und eine auÃenpolitische Ãffnung des Landes wünscht. Wenn Anhänger Khatamis im Wahlkampf für eine zweite Amtsperiode des Präsidenten im Frühjahr 2001 »Tod den Taliban« skandieren, richtet sich diese Parole nicht gegen die Machthaber in Afghanistan, sondern gegen die Konservativen im eigenen Land.
Im Iran ist die Auseinandersetzung zwischen einem islamischen Reformflügel und den Konservativen, die eine Stärkung der nur schwach entwickelten Freiheitsrechte und eine Ãffnung des Landes verhindern wollen, voll entbrannt.
Aktivisten der Reformbewegung nutzen deshalb so gerne Slogans gegen die Taliban, weil sie unverfänglich sind und die Islamische Republik monatelang am Rande eines Krieges gegen Afghanistan gestanden hat: Im Mai 1998 war es sogar zu Grenzscharmützeln gekommen, nachdem die Taliban dreizehn iranische Diplomaten ermordet hatten. Eine Herrschaft nach dem Vorbild der afghanischen Gotteskrieger ist iranischen Jugendlichen ein Gräuel.
Diese Bereitschaft, sich den USA anzunähern, wird nach den Anschlägen des 11. September besonders deutlich. Auch im Iran reagieren Menschen mit Abscheu, in Teheran bekunden Hunderte mit Kerzen in den Händen ihre Solidarität mit den Opfern. Irans Präsident Khatami unterstützt die Forderung seines US-Kollegen nach einem »Krieg gegen den Terror«, doch solle dieser im Rahmen der Vereinten Nationen geführt werden. »Niemand darf den üblen Vorfall als Vorwand nutzen, eine andere Katastrophe auszulösen«, erklärt Khatami dem saudischen Kronprinz Abdullah dreizehn Tage nach dem Terroranschlag. 4 Doch die
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