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Zwischen Krieg und Terror

Titel: Zwischen Krieg und Terror Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Tilgner
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USA setzen einzig auf eine taktische Kooperation mit Iran in der bevorstehenden militärischen Auseinandersetzung mit den Taliban und nutzen die Angebote nicht für eine Neuorientierung ihrer Iranpolitik.
    Während der iranische Präsident im Kampf gegen den Terror für eine Zusammenarbeit mit den USA eintritt, gehen die Konservativen auf Distanz. Sie sehen in dem Afghanistanfeldzug nur einen ersten Schritt, auch Iran militärisch anzugreifen. Für sie ist die Aussage des US-Präsidenten, er führe einen »neuen und andersartigen Krieg« gegen all jene, »die den Terror exportieren wollen, und einen Krieg gegen jene Regierungen, die die Terroristen unterstützen und ihnen Unterschlupf gewähren« 5 , auch gegen die Islamische Republik gerichtet.
    Doch während des Afghanistankriegs treten diese inneriranischen Widersprüche zurück. Revolutionswächter organisieren in Westafghanistan einen Vormarsch gegen die Taliban. In Absprache mit den US-Streitkräften werden Aufständische von Iran aus nach Afghanistan geschickt und dort von iranischen Kommandos unterstützt. Die unter iranischem Einfluss stehende und auch teilweise vom Iran ausgerüstete Nordallianz trägt die Hauptlast des Bodenkriegs, in dem die Taliban binnen fünf Wochen vernichtend geschlagen werden. Wie weit die Kooperation zwischen den USA und Iran geht, bleibt unklar, da beide Seiten bisher dazu schweigen.
    Die meisten Iraner nehmen mit Freude zur Kenntnis, dass ihre Regierung während des Afghanistankriegs ein stilles Bündnis mit den USA geschlossen hat. Bis heute sind Politiker in Teheran verärgert, dass die Regierung in Washington die Zusammenarbeit nicht genutzt hat, um die informellen Kontakte zwischen beiden Seiten in politische Verhandlungen überzuleiten. Das Gegenteil ist der Fall: Am 29. Januar 2002, also wenige Wochen nach Ende des Afghanistanfeldzugs, heizt US-Präsident Bush den Krieg der Worte noch weiter an. In seiner Rede zur Lage der Nation spricht er von der »Achse des Bösen«, die von Irak, Iran und Nordkorea gebildet werde. »Staaten wie diese und ihre terroristischen Verbündeten … bewaffnen sich, um den Weltfrieden zu bedrohen. Mit ihrem Streben nach Massenvernichtungswaffen stellen diese Regime eine ernste und zunehmende Gefahr dar.« 6 Mit dieser Aussage bereitet Bush die Bevölkerung seines Landes auf den nächsten Militäreinsatz vor. Die USA würden tun, was zur Sicherung der nationalen Interessen notwendig sei, erklärt der Präsident vieldeutig.
    In Teheran steht die Regierung unter Schock. Statt die Zusammenarbeit in Afghanistan zu würdigen und Verhandlungen anzubieten, äußere der US-Präsident unverblümt Kriegsdrohungen. Damit gefährde er den Weltfrieden, meint Außenminister Kamal Kharrazi und weist vier Tage später in einem Brief an den UN-Generalsekretär die »unbegründeten Vorwürfe« zurück. »Die haben innenpolitische Ziele und sollen helfen, die Militärausgaben der USA zu verdoppeln.« Kharrazi spricht von einer »goldenen Gelegenheit für die internationale Gemeinschaft, gegen Gewalt und Terrorismus zu mobilisieren«. 7 Die Idee des US-Präsidenten, eine Weltkonferenz gegen den Terrorismus abzuhalten, wird begrüßt. Schließlich habe Iran als erstes Land die internationale Gemeinschaft vor dem Terror und der Drogengefahr gewarnt, die von einem durch die Taliban kontrollierten Afghanistan ausgehe.
    In der Rede des US-Präsidenten sieht die iranische Führung einen Beleg, dass man es in Washington nicht aufgegeben hat, die islamische Ordnung gewaltsam zu stürzen. Präsident Khatami wirft den USA »kriegshetzerische Politik« vor. Die Kampagne gegen den Terrorismus diene nur als Vorwand, die Welt in Richtung Krieg und Gewalt zu drängen. Systematisch werden die iranischen Streitkräfte auf einen Angriff der Amerikaner vorbereitet und vollständig umgruppiert. Zusätzlich stellt die militärische Führung umgehend neue Freiwilligenverbände auf.
    Doch die zunehmende Konfrontation zwischen Iran und den USA wird von dem sich abzeichnenden Irakkrieg überlagert. Bereits in den Monaten vor dem amerikanischen Einmarsch wird deutlich, dass sich die Führung in Teheran zwar gegen einen Krieg ausspricht, praktisch jedoch den Einsatz der US-STREITKRÄFTE zum Sturz Saddam Husseins unterstützt. So weigert sich Ayatollah Sistani, Iraks

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