Zwischen Krieg und Terror
nutzen. Schon heute gibt es Teheraner Politiker, die glauben, mit Atomwaffen könne sich die Islamische Republik wesentlich besser gegen mögliche Angriffe der USA verteidigen. Der Regierung in Washington wird unterstellt, den Atomkonflikt nur als Vorwand zu nutzen, um erneut die Kontrolle über die iranische Wirtschaft zu erringen, die die USA durch den Sturz des Schahs verloren hätten. Da in den vergangenen siebenundzwanzig Jahren alle Versuche seitens der Amerikaner gescheitert sind, mittels Wirtschaftssanktionen oder politischem Druck den Einfluss im Iran zurückzugewinnen, verdächtigt man die Regierung in Washington, dass sie sich den Zugang zu den Rohstoffen des Landes jetzt mit militärischen Mitteln erzwingen wolle.
Irans strategische Rohstoffreserven
Für den wachsenden Bedarf der Weltwirtschaft nach Ãl spielt Iran eine wichtige Rolle. Mit elf Prozent der heute bekannten Reserven verfügt die Islamische Republik neben Saudi-Arabien und Irak über die weltweit gröÃten Vorkommen. 26 Hinzu kommt, dass das Land nach Russland die zweitgröÃten Gasreserven der Welt besitzt. Für die Energiekonzerne der USA entwickelt sich das von der eigenen Regierung erlassene Handelsverbot mit Iran damit zu einem Albtraum, da sie an Beziehungen zu einem der wichtigsten Lieferanten gehindert werden. Dabei ist es für die Ãlversorgung der USA bereits problematisch, dass sich nahezu zwei Drittel aller weltweit bekannten Ãlreserven im Nahen und Mittleren Osten befinden, allein 22 Prozent in Saudi-Arabien. Damit besteht die Gefahr einer zu groÃen Abhängigkeit von einer Krisenregion.
»Um Amerika konkurrenzfähig zu halten, bedarf es erschwinglicher Energie. Und da haben wir ein ernstes Problem - Amerika ist süchtig nach Ãl, das oft aus instabilen Teilen der Welt importiert wird«, muss US-Präsident Bush im Januar 2006 in seiner Rede zur Lage der Nation eingestehen. 27 Da bietet es sich an, diese Teile der Welt zu stabilisieren und dort für sichere Handelswege zu sorgen. Zwar will der US-Präsident 75 Prozent des aus dem Mittleren Osten importierten Ãls bis zum Jahre 2025 ersetzen, doch auch »nur« zwanzig Jahre können eine sehr lange Zeit sein - insbesondere wenn die bekannten Ãlreserven der USA den Verbrauch des Landes für nur vier Jahre decken. Bereits heute verbrauchen die USA täglich 21 Millionen Barrel (1 Barrel = ca. 159 Liter). Von ihnen werden täglich 14 Millionen eingeführt, eine Menge, welche ungefähr den Exporten der drei gröÃten Ãlländer, also Saudi-Arabien, Iran und Irak, entspricht. Denn in den USA werden nur sieben Millionen Barrel gefördert. 28
Werden die Vereinigten Staaten bei so niedrigen eigenen Reserven und einem so gewaltigen Bedarf hinnehmen, dass sie über einen längeren Zeitraum von den iranischen Ãlquellen abgeschnitten sind? Und wird die Regierung in Washington sich nur mit der Rolle des Zuschauers begnügen, wenn sich China, der groÃe Konkurrent auf dem Weltmarkt, die iranischen Rohstoffreserven durch umfassende Verträge sichert? Eine Zurückhaltung der Amerikaner in der Ãlfrage ist kaum zu erwarten - vor allem dann nicht, wenn es um die Konkurrenz mit China geht.
Mit sieben Millionen Barrel gehört das Land bereits heute zu den GroÃverbrauchern des Welterdöls. 29 Und der Bedarf des Riesenreichs ist in den vergangenen vier Jahren um jeweils zehn Prozent gestiegen. Ein Ende des chinesischen Ãlhungers ist nicht abzusehen. Experten rechnen mit einer Verdopplung des Verbrauchs bis 2025. Nach Berechnungen der Energie-Informationsverwaltung der US-Regierung verbrauchte China in den vergangenen vier Jahren vierzig Prozent der Steigerung des Weltölbedarfs. 30 Die zunehmenden chinesischen Importe sind zurzeit einer der bedeutendsten Faktoren des Weltölmarkts. Die Chinesen und die Amerikaner haben dabei das gleiche Problem: Sie verbrauchen viel mehr Ãl, als sie selbst zu fördern in der Lage sind, und auÃerdem werden die Vorräte im eigenen Land binnen weniger Jahre zur Neige gehen. Die USA verfügen nur über 2,5 Prozent der Weltreserven, China gar über noch weniger, nämlich 1,4 Prozent. 31
Angesichts der US-Wirtschaftssanktionen und der Zurückhaltung von Firmen europäischer Staaten, mit Iran langfristige Verträge zu schlieÃen, orientiert man sich in Teheran in Richtung Osten. Auf dem Ãl- und Gassektor existieren bereits
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