Zwischen Krieg und Terror
in allen Bereichen von Wirtschaft und Gesellschaft mit dem Westen genutzt werden müssten. Zwar suchen die USA bei den Verhandlungen im Atomkonflikt die Abstimmung mit den anderen Vetomächten im Weltsicherheitsrat und mit Deutschland. Aber bis heute versperrt die US-Regierung den Weg für einen politischen Kompromiss mit der Führung in Teheran, weil die Islamische Republik als Reich des Bösen verteufelt und entsprechend sanktioniert wird.
Mit der Fortführung des Krieges der Worte und mit der Verweigerung unmittelbarer Kontakte zum Iran setzt die Regierung in Washington nicht nur Iran unter Druck, sondern sich auch selbst unter Zugzwang. Sollte es nicht doch in absehbarer Zeit zu einer politischen Lösung des Konflikts mit dem Iran kommen, so bleibt den USA nur der von ihnen selbst immer neu beschworene militärische Weg, um die Machtstrukturen in der Islamischen Republik zu ändern. Doch durch diese Politik der Drohgebärde werden in der iranischen Führung die Kräfte gestärkt, die eine Annäherung in der Atomfrage ablehnen. Und diese Kräfte sind letztlich bereit, die Bombe zu bauen, weil sie glauben, durch ihren Besitz ausländischem Druck besser standhalten zu können.
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Risiko eines Krieges
Von Kriegsdrohungen lassen sich viele Iraner nicht abschrecken. Darin sehen sie ein Zeichen von Schwäche, die niemand offen eingestehen will. Auch deshalb mangelt es an Stimmen, die sich nicht scheuen, einen Kompromiss in der Atomfrage zu fordern. Wenn es um ihre Heimat geht, rücken die Menschen zusammen, selbst die, die eigentlich in Opposition zu Ahmadinejad stehen. Viele halten ihr Land für unangreifbar, schlieÃlich sei Iran fast halb so groà wie die gesamte Europäische Union. Natürlich wissen die meisten sehr genau, dass die Islamische Republik den Hightech-Waffen der US-Armee militärisch nichts Gleichwertiges entgegenzusetzen hat. Aber ohne groà nachzudenken, setzen sie darauf, dass die amerikanischen Streitkräfte im Moment keinen weiteren Krieg führen können. Denn in einem Punkt sind sich Gegner und Anhänger der religiösen Führung weitgehend einig: Wenn die Amerikaner die Probleme im Irak militärisch nicht in den Griff bekämen, dann müsse ein Angriff auf Iran erst recht zum Scheitern verurteilt sein. SchlieÃlich leben in der Islamischen Republik zweieinhalbmal so viele Menschen wie im Nachbarland.
Doch mit der Zuspitzung des Atomkonflikts wachsen leise Zweifel, die Furcht vor einem Krieg nimmt schleichend zu, und das Selbstbewusstsein der Iraner bekommt Risse. Trotz der groÃen Worte sind letztlich nur die wenigsten bereit, für die Fortsetzung des Atomprogramms eine militärische Auseinandersetzung in Kauf zu nehmen. Insgeheim hoffen die Menschen, dass auch Staatspräsident Ahmadinejad letztlich einlenken wird, obwohl viele ihm das taktische Geschick zu diesbezüglichen Verhandlungen mit dem Weltsicherheitsrat absprechen.
Die Drohungen des Präsidenten gegen Israel haben auch zahlreiche Iraner schockiert. Manch einer seiner Kritiker hat die Forderung Ahmadinejads, Israel von der Landkarte zu tilgen, zunächst als aggressive Rhetorik gewertet, mit welcher der Präsident von innenpolitischen Problemen ablenken wollte. Doch nach dem Krieg zwischen der Hisbollah und Israel wachsen die Befürchtungen, Ahmadinejad verfolge schiitische GroÃmachtinteressen. Als Mentor der Schiitenorganisation und ihr Waffenlieferant ist Iran zumindest mittelbar am Konflikt beteiligt, zumal der Präsident mit seinem Rückgriff auf die Parolen der Islamischen Revolution versucht, die Idee des Revolutionsexports wiederzubeleben. Damit betreibt er eine Politik, die seine Vorgänger weitgehend aufgegeben hatten.
Im Libanonkrieg wird deutlich, dass die Meinungsverschiedenheiten zwischen Pragmatikern und revolutionären Eiferern wieder offen ausgetragen werden. Im Bestreben, sein Konzept einer Revitalisierung revolutionärer Ideale zur Richtlinie der Politik zu erheben, blockiert Ahmadinejad gezielt Kompromisse, deren Ziel es ist, die Islamische Republik Iran zu stabilisieren und mit der internationalen Staatengemeinschaft auszusöhnen. So halten einige seiner politischen Kontrahenten die bedingungslose Unterstützung der Hisbollah für falsch, weil dadurch der auÃenpolitische Druck auf Iran nur noch wächst. Seinen Gegnern im Machtapparat mangelt es jedoch an der Stärke, die erforderlich ist, um
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