Zwischen Krieg und Terror
beschlossenen Pipeline verzögert sich immer wieder, weil deren Rohre auch durch die von Aufständischen kontrollierten Gebiete Südafghanistans verlaufen sollen. Und mit »Nabucco«, einer 3300 Kilometer langen, von der Türkei nach Ãsterreich verlaufenden Pipeline, ist ein drittes GroÃprojekt in Planung. Auch die Verlegung dieser Leitung ist noch nicht beschlossen. Eingespeist werden könnte Gas aus Aserbaidschan, Iran oder auch Irak. Ob die 4,6 Milliarden Euro teure Pipeline überhaupt realisiert wird, entscheidet sich Ende 2007. 33
Russlands Präsident Wladimir Putin hat in die Entscheidungen um die Errichtung der Pipelines eingegriffen und angeboten, über das Staatsunternehmen »Gazprom« die Verlegung der Leitung von Iran nach Indien finanziell und technologisch zu unterstützen. 34 Denn die Russen haben gleich aus zwei Gründen Interesse an dem Bau dieser Pipeline. Mit ihr wäre das durch Afghanistan geplante Projekt hinfällig und Turkmenistan weiter darauf angewiesen, einen Teil seines Gases an Russland zu liefern. Gleichzeitig würde Iran durch die Steigerung seiner Exporte nach Indien und China weniger stark als Konkurrent Russlands auf dem europäischen Markt auftreten.
Eine Kooperation bei der iranischindischen Gaspipeline würde auch eine von den Präsidenten Russlands und Irans angestrebte Abstimmung der Gaspreise erleichtern. Bei den gewaltigen Ressourcen der beiden Länder könnte eine koordinierte Verkaufspolitik eine der dem Einfluss der OPEC auf den Ãlmarkt vergleichbare Wirkung erzielen. Eine russischiranische Gasunion wäre in der Lage, über mindestens 43 Prozent der nachgewiesenen Weltvorräte zu verfügen. 35
Sollte Iran diese Ostorientierung seiner Ãl- und Gasexporte verwirklichen und die Handelsbeziehungen mit Indien und China stabilisieren, so wären die USA auf Dauer von diesem gewaltigen Energiemarkt ausgeschlossen. Diese Kombination chinesischer Produktionskraft, russischer Technologie und iranischer Rohstoffe würde allen drei Konkurrenten der USA zugute kommen und deren herausragende Stellung im internationalen Machtgefüge langfristig unterminieren.
Zwar zieht Iran eine Kooperation mit den Staaten des Westens vor, allein schon, um sich technologisch schneller entwickeln und selbstständiger auf dem Weltmarkt agieren zu können. Doch die bereits heute von Washington praktizierten Sanktionen gegen Iran, denen sich viele japanische und westeuropäische Firmen anschlieÃen, um Strafzahlungen und den Ausschluss vom US-Markt zu vermeiden, lassen Iran praktisch keine andere Wahl, als sich Russland und China zuzuwenden, um den Technologie- und Kapitalbedarf zu decken. Nach Schätzungen der Internationalen Energieagentur beläuft sich der Kapitalbedarf der Islamischen Republik im Ãl- und Gassektor auf mindestens 120 Milliarden Euro.
So befindet sich die US-Regierung in einer paradoxen Situation. Einerseits fordern die USA die Ãffnung der Märkte für internationales Kapital, während sie andererseits die Integration Irans in den Weltmarkt mittels politischem Druck und einem Geflecht von Sanktionen verhindern. Gleichzeitig beansprucht die US-Regierung jedoch, die Entwicklung Irans zu beeinflussen, die mit einem von auÃen herbeigeführten Regimewechsel gesichert werden soll. Doch genau eine solche einschneidende Veränderung zeichnet sich im Iran auch weiterhin nicht ab. Es sind gerade die gewaltigen Energievorräte des Landes, die dem Regime in Teheran bei den auch künftig zu erwartenden hohen Ãlpreisen Einnahmen sichern, mit denen es nicht nur seinen Machterhalt, sondern auch eine beeindruckende wirtschaftliche und technologische Entwicklung zu finanzieren in der Lage ist.
Doch die Integration des Ãl- und Gasgiganten Iran in die Weltwirtschaft erfolgt in verzerrter Form, da das Land seinen Handel bereits seit dem Sturz des Schahs nur unter den Bedingungen eines US-Wirtschaftsembargos entwickeln kann. Sanktionsbeschlüsse des Weltsicherheitsrats werden eine weitere Abwendung Irans von allen Staaten des Westens zur Folge haben. Schon heute führt der erschwerte Zahlungsverkehr dazu, dass europäische Firmen bei der Vergabe von Projekten weniger berücksichtigt werden und asiatische Firmen bevorzugt von den iranischen Behörden Aufträge erhalten.
Zug um Zug werden bei dieser Entwicklung Brücken abgebrochen, die eigentlich für eine langfristige Zusammenarbeit
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