Zwischen Krieg und Terror
neue Budget ihres Ressorts vor, das helfen solle, die »Sehnsüchte des iranischen Volkes« zu unterstützen, und das man nutzen wolle, »um Unterstützungsnetzwerke für iranische Reformer, politische Dissidenten und Menschenrechtsaktivisten zu entwickeln« 24 . Diese von Rice angeführte Unterstützung der iranischen Opposition wird zwar verstärkt, bildet jedoch kein neues Element in der US-Politik gegenüber Iran.
Aber die Steigerung der Beträge für die Gegner der Regierung in Teheran zeigt den Ernst der Absicht, sich in die iranische Politik einzumischen. Waren es 2005 noch umgerechnet drei Millionen Euro, so stehen 2006 bereits siebzig Millionen zur Verfügung. 25 Mit allein acht Millionen sollen politische Dissidenten, Gewerkschaftsführer, Menschenrechtsaktivisten und unterschiedlichste Organisationen unterstützt werden. Der Löwenanteil von vierzig Millionen Euro ist für TV-Programme vorgesehen, die auf Farsi in die Islamische Republik ausgestrahlt werden. Zwanzig Millionen flieÃen in ein Programm, mit dem die Wiedereinführung demokratischer Verhältnisse gefördert werden soll. Darunter versteht das US-AuÃenministerium auch den Aufbau von Kommunikationsstrukturen sowie die Liberalisierung des Internets.
Im Iran laufen bereits die GegenmaÃnahmen. Aus den USA gesendete Fernsehprogramme sind in Teheran kaum noch zu empfangen, weil sie von Störsignalen mit immer gröÃerer Kraft überlagert werden. Zudem hat die Polizei im Juli und August wieder ohne Genehmigung installierte Satellitenschüsseln abgebaut. Seit Jahren werden sie geduldet, auch wenn es immer wieder für einige Wochen solche Polizeiaktionen gibt.
Gleichzeitig wächst der Druck auf die Kritiker der islamischen Herrschaft. Regierungsgegner werden stärker überwacht und kontrolliert. Die Oppositionsgruppen ziehen sich immer mehr zurück, weil viele befürchten, der Kollaboration mit der US-Regierung beschuldigt zu werden. Neben dieser Angst lähmen auch die katastrophalen Zustände im Irak Gegner und Kritiker der religiösen Herrschaft. Proamerikanische Demonstrationen wie nach den Anschlägen vom 11. September sind in Teheran nicht mehr zu erwarten.
Dabei hegt ein groÃer Teil der iranischen Bevölkerung anders als viele Araber traditionell ausgesprochene Sympathien für die Vereinigten Staaten. Doch von der Unbefangenheit der vergangenen Jahre ist in Teheran immer weniger zu verspüren. Somit verkehren sich Versuche, den vorsichtig eingeleiteten Wandel in eine Zivilgesellschaft zu fördern, vielfach in ihr Gegenteil.
Auch Bemühungen, nationale Minderheiten wie Kurden, Aserbaidschaner, Araber oder Belutschen gegen die Regierung in Teheran aufzuwiegeln, werden nicht die erhoffte Wirkung bringen. Im Laufe der iranischen Geschichte sind Aufstände in den von ethnischen Minderheiten bewohnten Grenzprovinzen immer wieder gescheitert. In Momenten, in denen Iraner den Zusammenhalt ihres Staates gefährdet sehen, rücken sie zusammen. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurden die mehrheitlich von Kurden und Aserbaidschanern bevölkerten Regionen, in denen mit sowjetischer Unterstützung die Republiken Kurdistan und Aserbaidschan ausgerufen worden waren, binnen Wochen von Truppen der Regierung in Teheran erobert.
Heute gehören Aserbaidschaner zur politischen Elite in Teheran und kontrollieren auch Teile des Bazars. Damit kommt eine Abtrennung von Iran nicht in Betracht, insbesondere weil die drei aserbaidschanischen Provinzen im Iran über keine Erdöloder Erdgasvorkommen verfügen. Zwar gibt es in Tabriz, der gröÃten Stadt der Aserbaidschaner, immer wieder Unruhen, doch gehen die Menschen dort nicht für eine Loslösung vom Iran auf die StraÃe, sondern für eine Liberalisierung der Gesellschaftsformen und eine Verbesserung der Lebensbedingungen. Bei den Demonstrationen gegen den Schah hatten Demonstrationen in Tabriz eine Pilotfunktion für die Zentralprovinzen. Sie waren keinesfalls von einem Geist der Abtrennung getragen. So können auch heute Unruhen in der Provinz nur Erfolg haben, wenn sie auf die Hauptstadt Teheran übergreifen.
Sollten US-Geheimdienstkreise glauben, durch die Unterstützung aserbaidschanischer Exilgruppen, die mit einer Abtrennung vom Iran liebäugeln, zur Destabilisierung der islamischen Herrschaft beitragen zu können, so dürfte sich eine solche Politik als Fehlschlag erweisen.
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