Zwischen Krieg und Terror
In der ölreichen Provinz Khusistan, in der Araber leben, lässt sich Armut sehr leicht nutzen, um Unruhe zu stiften. Denn ähnlich wie im Irak sind in den Dörfern gewaltige Waffen- und Sprengstoffvorräte verborgen. Die Anschläge der vergangenen Monate in der Provinzhauptstadt Ahwaz zeigen, dass die Regierung in Teheran die Untergrundgruppen nicht ausschalten kann. Die Araber sehen den Reichtum der Menschen im nahen Kuwait und wollen endlich, dass die gewaltigen Ãleinnahmen auch zu einer Vebesserung ihrer Lebensverhältnisse beitragen. Der Unmut wächst, da die Araber auf Irans Ãlblasen leben, deren Ausbeutung allerdings allein dem Wohlstand Teherans dient. Doch Unruhen in den Grenzprovinzen werden nur dann auf das Zentrum Irans übergreifen, wenn deren Ziel eine Ãnderung der politischen Verhältnisse im ganzen Land ist. Die Bewohner Teherans sowie der angrenzenden Zentralprovinzen befürchten, dass ihr Lebensstandard im Falle eines Auseinanderbrechens Irans auf das Niveau Afghanistans sinkt, da die Regionen mit den Bodenschätzen und den Meereszugängen von nationalen Minderheiten bewohnt werden.
Einzig die Kurden nehmen im Iran eine Sonderstellung ein.
Sie sind besser integriert als im Irak während der Herrschaft Saddam Husseins, obwohl die Unterdrückung ihrer Kultur und die wirtschaftliche Unterentwicklung der an den Irak grenzenden Provinzen auch das kurdische Nationalbewusstsein stärken. Zwar haben die Regierungstruppen nach der Islamischen Revolution einen Aufstand dieser Volksgruppe niedergeschlagen und oppositionelle Organisationen ins Exil gedrängt, aber Forderungen und Wünsche nach Selbstverwaltung oder sogar nach einem eigenen Staat leben unter den Kurden Irans weiter. Wie im Irak werden sie auch hierzulande jede Chance zur Wiedererlangung ihrer Autonomie nutzen. Mit einer Parteinahme für die Kurden werden sich die USA zwar deren Sympathie sichern, aber gleichzeitig den in Teheran auch unter der Bevölkerung existierenden Antiamerikanismus stärken.
Der Ausbau von Auslandssendern und die Unterstützung von Regierungsgegnern werden zunehmend von militärischen Machtdemonstrationen begleitet. Die Ãbungsflüge und die Truppenkonzentration in der Golfregion werden ergänzt durch Manöver und Waffentests, mit denen Iran eingeschüchtert werden soll. Im Mai 2006 üben Schiffe der türkischen, amerikanischen, französischen und portugiesischen Marine den Einsatz gegen die Verbreitung von Raketen- und Atomtechnologie. Trainiert wird im Rahmen einer drei Jahre zuvor von den USA gestarteten Initiative gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen mit der Bezeichnung »Proliferation Security Initiative« (PSI). Eines der Ziele des Manövers in der Türkei besteht darin, Lieferungen an einem Grenzübergang und auf einem Flughafen zu stoppen. Offiziell richtet sich die Militärübung gegen keinen bestimmten Staat, aber in Teheran wird darin eine Drohung in Richtung Islamische Republik gesehen. In den vergangenen Jahren haben zwanzig solcher Manöver stattgefunden. Aber die arabischen Golfstaaten schicken nur Manöverbeobachter. Bis heute haben die USA vergeblich versucht, sie für eine aktive Teilnahme an den Ãbungen zu gewinnen.
Auch der für Anfang Juni geplante und dann mehrfach verschobene Bombentest mit dem Namen »Göttliche Planke« (Divine Strake) ist Teil des militärischen Bedrohungsszenarios. Hundertvierzig Kilometer nordwestlich von Las Vegas wollen die US-Streitkräfte in der Wüste Nevadas die gröÃte konventionelle Bombe aller Zeiten zünden. Für Versuchsleiter James A. Tegnelia handelt es sich um die »gröÃte einzelne Explosion, die wir uns vorstellen können«. Es soll herausgefunden werden, ob durch die Detonation von siebenhundert Tonnen Sprengstoff unterirdische Bunkeranlagen zerstört werden und groÃe konventionelle Bomben damit taktische Atomwaffen ersetzen können. Der Testtermin muss ebenso wie ein vier Wochen später angesetzter Ausweichtermin nach Klagen von Umweltschützern verschoben werden.
Aus Sicht der psychologischen Kriegführung ist dieser Test auch nicht mehr notwendig, da wieder neue Verhandlungen mit Iran beginnen und eine mögliche militärische Eskalation damit in den Hintergrund tritt.
In den iranischen Generalstabskreisen werden die Befürworter einer eigenen Atombombe dieses Bedrohungsszenario zu ihren Gunsten
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