Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Zwischen Krieg und Terror

Titel: Zwischen Krieg und Terror Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Tilgner
Vom Netzwerk:
religiösen Herrschaft, aber die Empörung über den Westen stiege ebenfalls. Vor allem unter den Radikalen wird durch äußeren Druck der Kampfgeist geschürt, da sie alle Maßnahmen gegen Iran mit einem Angriff auf den Islam gleichsetzen. So könnten Sanktionen ihnen sogar die Abschottung des Landes erleichtern, die sie seit der Wahl Ahmadinejads anstreben.
    Wirtschaftssanktionen sind ein zweischneidiges Schwert, weil sie zum Verlust eines Marktes führen, ohne möglicherweise die gewünschte Wirkung zu erzielen. Iran wird sich durch internationale Exportverbote nicht von einer Fortsetzung seines Atomprogramms abbringen lassen - ganz im Gegenteil: Das Land hat sich davon schon während des achtjährigen Krieges mit Irak nicht abschrecken lassen und seinerzeit unter wesentlich ungünstigeren Bedingungen mit der Entwicklung und Herstellung von Massenvernichtungswaffen begonnen. Auch die Ursprünge eines militärischen Atomprogramms wurzeln in dieser Kriegszeit. Damals erhielt Iran selbst dann keine Unterstützung aus dem Ausland, als Irak systematisch chemische Waffen an der Front einsetzte. Auch die Angriffe der irakischen Luftwaffe auf Wohnviertel iranischer Städte lösten keinen internationalen Protest aus. Noch heute sterben jährlich Hunderte von Menschen an den Folgen der irakischen Gaseinsätze. Mit diesen Erfahrungen begründen hohe Offiziere der iranischen Streitkräfte ihre intern gestellte Forderung nach einer atomaren Bewaffnung. Auch deshalb steht zu befürchten, dass Sanktionen nicht zu einem iranischen Einlenken in der Atomfrage führen, sondern eher ein militärisches Programm wiederbeleben oder eventuell geheim existierenden Bemühungen einen weiteren Schub verleihen.
    Eine Blockade der iranischen Öl- und Gasexporte würde die islamische Führung dagegen empfindlich treffen. Den Ausfall von sechzig Milliarden Dollar aus dem Ölgeschäft könnte das politische System langfristig nicht verkraften, und eine neue Welle der Kapitalflucht würde die finanziellen Schwierigkeiten noch erhöhen. Denn trotz aller gegenteiliger Behauptungen bleibt die Abhängigkeit des Landes von den Ölexporten bestehen. Staatsbetriebe werden mit Petrodollars subventioniert, und der aufgeblähte Beamtenapparat des Landes ist ohne die Einnahmen aus dem Ölgeschäft nicht zu finanzieren. Versuche der Regierung, das Land abzuriegeln, die Importe zu beschränken und ein rigoroses Sparprogramm einzuführen, würden die Auswirkungen höchstens abschwächen. Denn auch in diesem Fall erwiesen sich die informellen Wirtschaftsstrukturen gegenüber staatlichen Kontrollen als resistent.
    Sollten Irans Bemühungen scheitern, die Exportblockaden durch eigene Öl- und Gasexporte zu unterlaufen, wird das Land den Konflikt ausweiten und versuchen, die Ölexporte der gesamten Region zu verhindern. Wie die Planungen eines Ölkriegs aussehen, ist nicht bekannt, doch Ayatollah Khamenei hat unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass Iran bereit ist, die Exporte aus der Golfregion zu unterbrechen: »Wenn Sie in Bezug auf den Iran einen falschen Schritt tun, wird definitiv der Energiefluss in dieser Region ernsthaft gefährdet.« Am Todestag von Ayatollah Khomeini droht das geistliche Oberhaupt Irans dem Westen für den Fall von Ölsanktionen mit der »Wut der Nation«.
    Khamenei lässt keinen Zweifel daran, dass ein Embargo durch den Weltsicherheitsrat für Iran bereits ein Grund sein kann, den Konflikt mit militärischen Mitteln auszutragen. Schon während des Krieges mit Irak hatte Iran mit Angriffen iranischer Revolutionswächter auf Öltanker versucht, die internationalen Transporte zu erschweren, und damit die Voraussetzungen für ein direktes Eingreifen von US-Streitkräften geschaffen. Sollte Iran versuchen, die knapp sechzig Kilometer breite Wasserstraße von Hormuz zu sperren, Öltransporte zu behindern oder gar erneut Tanker ins Visier zu nehmen, so wäre dies mit hoher Wahrscheinlichkeit der Auslöser für einen Krieg zwischen Teheran und Washington. Militärisch wird auch auf iranischer Seite vorgeplant: Die Revolutionswächter haben bei Manövern bereits schnelle Torpedos getestet. Eine andere Angriffstaktik könnte sich auf mit Sprengstoffladungen bepackte Speedboote stützen, mit denen Selbstmordattentäter Tanker rammen. Der Kommandeur der in der Golfregion stationierten

Weitere Kostenlose Bücher