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Zwischen Krieg und Terror

Titel: Zwischen Krieg und Terror Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Tilgner
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Ahmadinejad auszubremsen, eine Einstellung der Urananreicherung zu erzwingen und eine Einigung in der Atomfrage durchzusetzen.
    Die Auseinandersetzungen innerhalb der Führung des Landes werden als Staatsgeheimnis behandelt und sind an den ausweichenden Antworten auf Forderungen der Atomenergie-Behörde oder des Weltsicherheitsrats zu erkennen. Die Pragmatiker verhindern eine eindeutige Ablehnung, und die Radikalen verweigern die Zustimmung zu einer sofortigen Einstellung der Urananreicherung. Völlig unterschiedliche und sich oft widersprechende Aussagen über die iranische Haltung in der Atomfrage sind Anzeichen für diesen Machtkampf, obwohl man versucht, ihn hinter pathetischen Phrasen zu verstecken.
    Die Menschen auf der Straße begegnen diesem politischen Gezerre zwischen den Mächtigen mit Gleichgültigkeit. Doch es handelt sich um keine wirkliche Distanzierung von der Politik. Obgleich ein großer Teil der Iraner Ahmadinejads Israelpolitik ablehnt, finden seine Versicherungen, Iran sei nicht einzuschüchtern, stillschweigende Zustimmung, wenn nicht sogar eine gewisse Bewunderung. Solche schmalen Brücken der Gemeinsamkeit können sich in den Stunden von Krisen und Chaos als ausgesprochen tragfähig erweisen. Denn das revolutionäre Pathos von Ahmadinejad ist gepaart mit einem Chauvinismus, der sich auf die große Mehrheit der Iraner ansteckend auswirkt.

Wagenburgmentalität
    Versuche, die iranischen Politiker durch Sanktionen, Kriegsdrohungen und schließlich durch einen militärischen Angriff zum Einlenken zu zwingen oder die Geschlossenheit der iranischen Gesellschaft aufzubrechen, dürften scheitern. Iraner haben gelernt, Ausnahmesituationen zu bewältigen. So wissen Geschäftsleute, wie sie Blockaden im Geldverkehr, Lieferkontrollen oder Importbeschränkungen umgehen können. Bereits heute sind die Handelsbeziehungen weitgehend durch die Sanktionen der USA geprägt. Das Emirat Dubai verdankt einen Teil seines ökonomischen Aufschwungs iranischen Geschäftsleuten und Unternehmern. Bereits heute schließen viele Verträge in Dubai, wo sie auch einen Teil ihrer Güter zwischenlagern. Die Bedeutung dieses Handelswegs ist nicht aufgrund der US-Sanktionen zustande gekommen. Reiche Iraner haben im Emirat Appartements erworben und Firmen gegründet. Damit entziehen sie sich der Kontrolle der iranischen Regierung. Doch diese Strukturen können auch genutzt werden, um Sanktionen des Weltsicherheitsrats zu umgehen. Seit Jahren läuft ein großer Teil des iranischen Handels mit den USA über Dubai. Wer in Teheran hochwertige Computer aus den USA bestellen will, wickelt das Geschäft über einen Freund in Dubai ab. Wenige Tage später sind die Rechner dann in der iranischen Hauptstadt im Einsatz, mit rund zehn Prozent Sanktionsaufschlag belegt.
    Auch Waren europäischer Hersteller gelangen zunehmend über Drittländer in den Iran. Diese umständlichen Handelswege bezahlen die Iraner mit höheren Preisen. Im Alltagsleben sind die Auswirkungen der Handelsbeschränkungen begrenzt spürbar. Zwar sind die Maschinen der iranischen Fluggesellschaften völlig überaltert, und es fehlen Raffinerien, aber die Bevölkerung hat sich an diese Beschränkungen gewöhnt.
    Weitere Wirtschaftssanktionen würden daher wirkungslos verpuffen. Einige Iraner begreifen sie sogar als Herausforderung. Für Industrielle bieten vom Weltsicherheitsrat verhängte Handelssperren gar eine Chance, die eigene Warenproduktion zu erhöhen. Denn dies lohnt sich oft erst, wenn die Importgüter wieder teurer werden und sie mit diesen eigentlich kostengünstigeren ausländischen Produkten konkurrieren können.
    Viele iranische Firmen haben in den vergangenen Jahren ihre Produktion eingestellt, weil sie der Schwemme von Billigwaren vor allem aus Fernost nichts entgegensetzen konnten. So würde eine Ausweitung der Sanktionen die Marktchancen einheimischer Unternehmen nur verbessern.
    Ausländische Politiker überschätzen die Druckmöglichkeiten, während sie den Gewöhnungseffekt durch die Dauersanktionen der USA gegen die Islamische Republik unterschätzen. Eine Ausweitung der Handelsbarrieren infolge entsprechender Beschlüsse des Weltsicherheitsrats wird an der politischen Stimmung im Iran nicht grundsätzlich etwas ändern können. Eventuell wüchse bei einer Anzahl Iraner der Wunsch nach einer Beseitigung der

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