Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Zwischen Krieg und Terror

Titel: Zwischen Krieg und Terror Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Tilgner
Vom Netzwerk:
schnellen Vormarsch der israelischen Truppen zu verhindern. Ähnliches widerfährt den hochgerüsteten US-Truppen im Irak. Beim Einsatz gegen Guerillakämpfer bekommt selbst eine mit modernster Technik ausgestattete Armee ihre Grenzen aufgezeigt.
    Auch wenn Politiker und Militärs vehement widersprechen, so stehen die ausländischen Soldaten im Irak vor ähnlichen Problemen wie die amerikanischen Streitkräfte in den sechziger Jahren in Vietnam. Ihre Gegner weichen Angriffen aus und entwickeln Anschläge und Terror zu ihren wichtigsten Kampfformen. Am systematischen Einsatz von Selbstmordattentätern wird deutlich, dass diese Art asymmetrischer Kriege weder rasch zu gewinnen noch zu beenden ist.

Primat der Politik
    Kofi Annan sieht die drohenden Gefahren von Eskalationen. Er hatte den US-Angriff auf den Irak abgelehnt und auch noch achtzehn Monate später als einen Verstoß gegen die UN-Charta verurteilt. Für den UN-Generalsekretär besteht das Grundprinzip der internationalen Ordnung in einer strikten Begrenzung des Einsatzes militärischer Mittel. Während des Libanonkriegs warnt er in einer Rede vor dem Weltsicherheitsrat eindringlich vor der Anwendung von Gewalt und mahnt die diplomatische Lösung von Konflikten an: »Krieg ist nicht - und ich wiederhole -, Krieg ist nicht die ›Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln‹. Im Gegenteil, er stellt ein katastrophales Versagen politischen Könnens und Vorstellungsvermögens dar.« 6 Damit erklärt Annan den Lehrsatz des preußischen Generals Carl von Clausewitz als für nicht mehr zeitgemäß. Dieser hatte vor zweihundert Jahren Krieg als »bloße Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln« definiert.
    Nur zu gern greifen Politiker bis heute auf diese in einer von Militärkultur geprägten Gesellschaft entwickelten Formel zurück, um den Einsatz von Gewalt als etwas Natürliches erscheinen zu lassen. Dabei wurden und werden Kriege vor allem geführt, um politische Interessen durchzusetzen und Einfluss-sphären zu sichern oder gar auszudehnen. Doch nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und des Kolonialzeitalters hat sich die internationale Gemeinschaft weitestgehend darauf verständigt, Konflikte nicht mehr gewaltsam, also mit Waffen, zu lösen. Mit der fortschreitenden Globalisierung entwickeln sich internationale Beziehungen zu einer Art Weltinnenpolitik. Ob dringend benötigte Maschinenteile oder Computer-Hardware, die Entfernung zwischen Produzent und Konsument spielt heute keinerlei Rolle mehr. Während technologische Neuerungen dazu führen, dass Telefonate von Kontinent zu Kontinent in Einzelfällen bereits billiger als Gespräche innerhalb eines Landes sind, haben sich die politischen Entscheidungsprozesse diesen neuen Gegebenheiten noch nicht angepasst.
    In einer solchen Situation mit starken kulturellen und wirtschaftlichen Brüchen und Ungleichzeitigkeiten führt ein weitgehend auf den Einsatz von militärischen Mitteln reduzierter Krieg gegen den Terror in die Sackgasse. Mit der Konzentration auf das Militärische werden die Auseinandersetzungen nur verstärkt und Bündnisse der radikalen Kräfte in der islamischen Welt befördert, die einem weiteren Vordringen westlicher Werte Einhalt gebieten wollen. Bin Ladens Einfluss ist nicht geschwächt, vielmehr wächst seine Bedeutung in der islamischen Welt vor dem Hintergrund des sich zuspitzenden Kulturkampfes. Bisher beschränkt sich der Erfolg der Terroristen vor allem auf die sunnitischen Teile der islamischen Welt. Ein militärisches Vorgehen gegen Iran könnte ihnen weiteren Schub verleihen und möglicherweise zu einer Front von sunnitischem und bisher international selten ausgeübtem schiitischem Terrorismus führen. Die Erfahrungen der Entwicklung des Terrorismus im Irak und in Afghanistan zeigen, dass die Gefahr seiner Ausweitung als Folge eines weiteren Krieges gar nicht groß genug eingeschätzt werden kann.
    Solange die US-Regierung im Einsatz der Streitkräfte den »Grundstein für den Frieden der kommenden Generationen« sieht 7 , wird in der islamischen Welt die Ablehnung dieser Art der Politik wachsen. Nicht nur im Nahen und Mittleren Osten machen sich die USA mehr Feinde als Freunde. Überwogen in den ersten Monaten nach dem Sturz Saddam Husseins Gefühle der Enttäuschung, so sind sie drei Jahre später in offene Ablehnung umgeschlagen. Altes

Weitere Kostenlose Bücher