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Zwischen Krieg und Terror

Titel: Zwischen Krieg und Terror Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Tilgner
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den ab dem 1. Oktober eingeplanten Sondermitteln von 35 Milliarden Euro haben die USA dann insgesamt 365 Milliarden Euro für die Kriege in den beiden Ländern bereitgestellt. Achtzehnmal musste die US-Regierung in ihrem Feldzug gegen den Terror die Genehmigung zusätzlicher Mittel beantragen. Drei Jahre nach dem Sturz Saddam Husseins belaufen sich die monatlichen Ausgaben allein im Irak auf etwa fünf Milliarden Euro. Darin sind auch Mittel enthalten, die eigentlich für den Aufbau der zivilen Bereiche der irakischen Gesellschaft vorgesehen waren, wegen der katastrophalen Situation aber ebenfalls für militärische Ausgaben genutzt werden.
    Dass der als spontan dargestellte Besuch des Präsidenten als ein Public-Relations-Manöver zur Täuschung der US-Öffentlichkeit geplant war, wurde deutlich, als die Streitkräfte Stunden nach seiner Abreise gewaltige Militäroffensiven begannen, über die regierungskonforme Journalisten ausführlich berichteten. Bush beteuerte, der Einsatz der US-Truppen und ihrer Verbündeten bilde den »Grundstein für den Frieden der kommenden Generationen«. Beobachter in Bagdad bezweifeln jedoch, dass die Soldaten in einem Großeinsatz Aufständische und Terroristen schlagen können. Sie behielten Recht: Drei Wochen nach Beginn wurde die Aktion beendet und als Misserfolg bewertet. Auch in Afghanistan scheiterten die US-Truppen bei zeitgleichen Angriffen, ohne dass der Generalstab erklärte, warum die angekündigten Ziele nicht erreicht wurden. In der europäischen Berichterstattung wurde zu selten auf die innenpolitischen Hintergründe der kostspieligen und kontraproduktiven Militärpolitik eingegangen.
    Eine Analyse der weltweiten Militärausgaben verdeutlicht die Größe des Militärapparats der USA. Nach dem Bericht des Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI) haben diese Ausgaben im Jahr 2005 mit insgesamt 885 Milliarden Euro ein Rekordhoch erreicht. Allein die USA tragen dabei mit 48 Prozent nahezu die Hälfte. 80 Prozent der 33 Milliarden ausmachenden Ausgabensteigerungen gegenüber dem Vorjahr entfallen auf die USA. Die Regierung von US-Präsident George W. Bush habe nach wie vor die »Neigung«, einseitig auf Militäraktionen zu setzen, analysiert das Institut. Die außer Kontrolle geratene Lage im Irak hindere Washington allerdings derzeit daran, weitere Kriege zu führen. 1
    Mit der Erhöhung der Ausgaben ist eine Privatisierung militärischer Aufgaben verbunden. Privatfirmen werden zunehmend für Bereiche herangezogen, für die in der Vergangenheit Soldaten zuständig waren. Bei den laufenden Einsätzen der US-ARMEE im Irak und in Afghanistan nimmt die Bedeutung privater Militärfirmen weiter zu. 2 Systematisch bereiten sich die US-Streitkräfte darauf vor, mehrere Kampfaufgaben gleichzeitig ausführen zu können. Verteidigungsminister Rumsfeld betonte entgegen der SIPRI-Studie, die Armee sei trotz der Beanspruchung durch die derzeitigen Einsätze in der Lage, einen weiteren Krieg zu führen. 3 Die enormen militärischen Möglichkeiten verringern die Hemmschwelle für den Einsatz der Streitkräfte weiter. Colin Powell, der ehemalige US-Außenminister, warnt vor einer solchen Entwicklung in einem Interview mit einem japanischen Fernsehsender: »Nur weil die Möglichkeit existiert, militärische Stärke einzusetzen, sehe ich keine Notwendigkeit, gerade jetzt darüber nachzudenken.« 4 Drei Jahre zuvor hatte Powell mit falschen Aussagen vor dem Weltsicherheitsrat für einen Militärschlag gegen Irak geworben. In der Rückschau bedauert er seinen Auftritt, obwohl er den Krieg nach wie vor für richtig hält. 5
    Bei den gewaltigen Ausgaben wächst die Versuchung, Fehlschläge zu beschönigen und zu versuchen, auch künftig politische Probleme mit Waffengewalt aus der Welt zu schaffen. Dabei haben die militärischen Auseinandersetzungen seit dem 11. September 2001 mit dem Feldzug gegen den Terror gezeigt, wie begrenzt die Erfolge beim Einsatz militärischer Mittel sind. Auch im Libanonkrieg im Juli 2006 konnte die israelische Armee ihr erklärtes Ziel, die Hisbollah zu zerschlagen, nicht verwirklichen. Obwohl die israelische Armee über eines der weltweit am besten ausgestatteten Waffenarsenale verfügt, vermochten die zahlenmäßig unterlegenen und vergleichsweise schlecht ausgerüsteten Schiitenkommandos einen

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