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Zwischen Licht und Dunkel

Titel: Zwischen Licht und Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Spitzbart
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zurückgekehrt vom Aufenthalt in der Fremde, konnte sich mir gegenüber gar nicht genug auslassen über ihre eigene Nation. „Isländer sind total durchgeknallt. Wie ist es nur möglich, hier zu leben!?“
    Es tut immer gut, über den eigenen Tellerrand zu schauen und der Heimat für eine Weile den Rücken zu kehren. Die Angelegenheit von außen zu betrachten, an die Relation des eigenen Landes zum Rest der Welt erinnert zu werden. Das gilt freilich nicht nur für Island. Doch meine Insulaner legen eine besonders ausgeprägte Weltgewandtheit an den Tag. Sie liegt ihnen im Blut. In den vergangenen zwei Jahrzehnten weilten immerhin 55.000 Isländer zumindest für ein paar Jahre im Ausland. Das enthüllen die abendlichen Fernsehnachrichten im Mai 2007. Auf der Zielland-Hitliste ganz oben stehen mit drei Vierteln die übrigen Nordländer, allen voran Dänemark. Dort lebten im Jahr 2006 insgesamt 7.600 Isländer. Von der „alten Hauptstadt“ Kopenhagen geht aus historischen Gründen offensichtlich immer noch große Anziehungskraft aus. Insgesamt dürften an die 30.000 isländische Staatsbürger irgendwo im Ausland verstreut sein.
    Bevor ich zum ersten Mal nach Island kam, begegneten mir auf meinen ausgedehnten Reisen niemals Isländer, zumindest nicht bewußt. Aber jetzt, wo ich in dieser Sache sensibilisiert und obendrein der Landessprache mächtig bin, tauchen sie plötzlich überall auf. Ich ertappe mich sogar dabei, explizit nach ihnen Ausschau zu halten. Flughäfen – besonders die Wartehallen und Gepäckausgabezonen – sind für derartige Aufeinandertreffen naturgemäß besonders prädestiniert. Doch auch mitten im schönsten Kurzurlaub im bayerischen Alpenvorland machte ich auf einer Alm eine Isländerin ausfindig, die eine internationale Konferenz dorthin verschlagen hatte. Natürlich musste ich mich mit ihr unterhalten. Die Dame war anfangs ganz verwirrt durch die Enthüllung, dass hier noch jemand ihrer Sprache mächtig war. Sie deutete auf die traumhaft schöne Landschaft und meinte nur: „Ich verstehe nicht, dass irgend jemand Island schön finden kann!“ Ein andermal stieß ich in Schottland auf einen starken Isländer, der auf Highland Games seine Kräfte bewies. Keine Frage, dass er meine volle moralische Unterstützung hatte. Denn auf Island- fernem Boden fühle ich mich den Bewohnern meiner Wahlheimat besonders verbunden.
    Insgesamt sechs von sieben „ausgewanderten“ Isländern kehren irgendwann in die Heimat zurück. Viele davon sind dann um zweierlei reicher: um einen nicht-isländischen Partner und die Erkenntnis, dass Island eben doch nicht das absolute Maß aller Dinge ist.
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    1     Quelle: Isländische Tageszeitung Fréttablaðið vom 2. Dezember 2007, Seiten 22 und 23.

Isländer sein – mit ganzem Herzen
    Könnte doch nur jede Nation so auf die moralische Unterstützung ihrer Landsleute zählen wie Island! Ich glaube, nur hier gibt es ihn noch, den Nationalstolz in seiner reinsten Form. Sogar wissenschaftlich ist es erwiesen, dass das isländische Herz daheim schlägt. An der Universität von Akureyri in Nordisland wurde der Nationalstolz junger Isländer untersucht. Offensichtlich wird er bereits in die Wiege gelegt. Denn 70 % aller Zehntklässler des Landes sind sehr stolz darauf, Isländer zu sein. Selbst wenn nur ein Elternteil von der Insel stammt, liegt die Quote noch bei knapp 60 %. Wer allerdings für eine Weile im Ausland wohnte, trägt weniger Nationalstolz zur Schau.
    „ Wir haben gewonnen!“ Strahlend kommt Stefán vom Sport-Schauen auf der Großleinwand heim und der Abend ist gerettet. Wie die meisten Isländer ist er mehr als nur stolz auf seine Nation. Er identifiziert sich geradezu mit ihr, hält zu ihr in guten wie in schlechten Zeiten. Sieg und Niederlage werden zum persönlichen Anliegen. Dabei muss es nicht einmal eine komplette Mannschaft sein. Ein einziger Insulaner ist völlig ausreichend. Hauptsache er tritt in irgendeiner Form irgendwo gegen irgendwen an. Schließlich gilt es, die viel zu oft ignorierte Insel wieder einmal dem Rest der Welt – oder einem Teil davon – in Erinnerung zu bringen und sie dagegen zu verteidigen. Wer in einem solchen Moment beispielsweise eine Versammlung anberaumt, ist selber schuld. Die Teilnahme wird mit Sicherheit dürftig ausfallen, außer es gibt die Live-Übertragung des Ereignisses gleich inklusive. Einmal wurde im Rahmen einer amerikanischen Reality- TV-Show der Sänger für eine Rockband gesucht. Wie

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