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Zwischen Mond und Versprechen

Zwischen Mond und Versprechen

Titel: Zwischen Mond und Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon Delany
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Jacke höher.
    » Du hast es immer noch nicht kapierst, oder? « , blaffte Alexi. » Sie ist nicht wie du– keiner von ihnen ist so. Wir kommen aus einer anderen Welt. «
    » Njet, nein « , murmelte Pietr zornig. » Wir leben nur ein anderes Leben. «
    Anscheinend verletzte es ihn, dass seine Familie so anders war. Ich beugte mich vor, bis der Sicherheitsgurt spannte. » Wenn ihr über eure russischen Wurzeln sprecht… « , setzte ich an. » Ich beschäftige mich gerade für ein Projekt in Geschichte mit der russischen Kultur. «
    Alexi riss das Lenkrad herum und zog den Wagen so schnell an den Straßenrand, dass mir die Luft wegblieb und ich mich am Vordersitz festkrallte. Er richtete den Rückspiegel und sah auf den Bernsteinanhänger an meinem Hals. Der Anhänger der Rusakovas, den Pietr mir gegeben hatte. » Ach, wirklich? « Seine Augen sprühten blaue Funken.
    Ich nickte langsam. Ich behaupte nicht, dass ich mich in diesem Augenblick mit Alexi und Pietr im Auto nicht sicher gefühlt hätte, aber eine gewisse Mulmigkeit verspürte ich durchaus in meiner Magengegend.
    » Hast du schon einmal etwas über den Kalten Krieg gelesen? « , fragte Alexi heftig.
    » Ja « , versicherte ich, gebannt von seinem funkelnden Blick.
    » Und weißt du auch, wie verzweifelt unsere Leute versuchten, euch überlegen zu sein– was sie bereit waren, dafür zu riskieren? «
    » Hör auf, Alexi! « , brüllte Pietr so laut, dass die Autoscheiben klirrten.
    Alexi hämmerte auf das Lenkrad ein. » Du bist so dumm « , fauchte er.
    Aber Pietr hatte sich schon wieder gefangen. » Nicht dumm. Eigennützig « , gestand er.
    » Njet. Dumm. Absolut, unwiderruflich, besch… « Er sah mich durch den Rückspiegel an.
    Ich hätte schwören können, dass ich das Knirschen seiner Zähne hörte.
    » Dumm. Mit ihr heute Nacht in den Wald zu gehen… «
    » Wir wollen einen netten Abend miteinander verbringen « , wehrte ich mich. Matt.
    Alexi lachte. » Das ist nicht der richtige Zeitpunkt « , warnte er Pietr. » Nicht ausgerechnet heute Nacht. « Er schwieg und überlegte sich eine neue Strategie. » Catherine muss allein feiern. «
    Das ließ Pietr kalt.
    Sie sprachen miteinander, als wäre ich gar nicht da. Und obwohl sie kein Russisch sprachen, schien hinter ihren Worten eine Bedeutung zu liegen, die ich nicht wahrnehmen konnte.
    Alexi wandte sich Pietr zu und zog wütend seine Oberlippe nach oben. » Ich nehme an, dass sie heute Nacht alles erfahren soll, stimmt’s? Du spielst mit dem Feuer, Brüderchen « , sagte er warnend. » Und du riskierst dabei den Untergang unserer ganzen Familie. «
    Pietr sah ihn kurz an. » Wirst du mich aufhalten? «
    Alexi kniff seine Augen zusammen und malte mit den Kiefern. » Njet. «
    » Bist du sicher? «
    » Und du? « , fragte Alexi zurück. In seiner Stimme schwang Resignation.
    Pietrs Blick war Antwort genug.
    Mit einem Schnappen stellte Alexi den Rückspiegel wieder gerade, trat das Gaspedal durch und gab seiner Frustration mit quietschenden Reifen freien Lauf.
    Der Kampf war vorüber.
    Die restliche Strecke zu den Rusakovas brachten wir in einem zum Schneiden dicken Schweigen zu.
    Das Haus kam mir diesmal weniger einladend vor als das letzte Mal. Aber vielleicht lag das nur an Alexis Haltung, die mich aus dem Gleichgewicht gebracht hatte.
    Wir gingen sofort in Pietrs Zimmer hinauf. Auf seinem Bett lag ein Buch. Ich nahm es. » Was ist das? « , fragte ich und las den Titel. » Bisclavret? «
    Er riss es mir aus der Hand. Und wurde tatsächlich rot. » Das ist die Neufassung eines alten französischen Gedichts. Auf Englisch « , erklärte er. » Und in Romanform. « Er stellte es in eins der Bücherregale.
    » Französische Dichtung? « , fragte ich erstaunt. » Etwa eine Liebesgeschichte? «
    Er holte das Buch wieder hervor und reichte es mir.
    Ich sah ihn grinsend an. » Du liest eine Liebesgeschichte? «
    Er sah mich finster an und nahm mir das Buch wieder weg. » Njet « , sagte er barsch, » das ist ein Werwolfroman. Die Geschichte einer Rache. «
    » Wirklich? Zeig her. Vielleicht sollte ich es lesen. «
    » Wenn ich fertig bin. Die Werwolfsache wird gerade interessant. «
    Eine Weile schwieg er. » Was meinst du, wodurch ein Mensch zum Ungeheuer wird? Ganz konkret. «
    Im ersten Moment überraschte mich die Frage. War sie doch eine Fortsetzung unserer letzten, sehr privaten Unterhaltung. Ich presste nachdenklich die Lippen zusammen. » Ich weiß nicht « , wich ich aus.
    » Du lügst. «
    »

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