Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwischen Mond und Versprechen

Zwischen Mond und Versprechen

Titel: Zwischen Mond und Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon Delany
Vom Netzwerk:
Derek mich jemals so aus dem Gleichgewicht gebracht? Ich verscheuchte meine Zweifel. Ich vergötterte Derek. Oder nicht? Natürlich! Er war atemberaubend. Und vielleicht– endlich, endlich– interessierte er sich für mich.
    Aber dieser Sturz aus dem Fenster? Wie konnte man so etwas überleben?
    Ich stieg ab und führte Rio in den Stall. Wir gingen durch den breiten Gang bis zu ihrer Box. Einige der anderen Pferde begrüßten sie mit Wiehern und Schnauben. Hunter und Maggie tobten um einen Heuballen und scharrten an ihm herum. Eine Maus fiepte, was den Ehrgeiz der Hunde nur noch anfeuerte.
    Ich streifte Rio das Zaumzeug ab und massierte die Stellen, wo das Fell angedrückt worden war. Ich erstarrte, Rio schnaubte.
    » Hallo? « , rief ich.
    Keine Antwort. Ich hatte das eindeutige Gefühl, beobachtet zu werden.
    Die Hunde sahen mich mit hängenden Zungen an. Die Maus war vergessen.
    Der Abendwind änderte seine Richtung und wirbelte Heuhalme und Staub auf. Und trug Gerüche von draußen in den Stall. Das Nackenfell von Maggie und Hunter richtete sich auf.
    » Ist da wer? « Meine Stimme hörte sich mutiger an, als ich mich fühlte.
    Und dann war das Gefühl, beobachtet zu werden, plötzlich vorbei, die Hunde entspannten sich, ihr Fell glättete sich und sie wedelten mit ihren Schwänzen.
    » Wirklich merkwürdig « , murmelte ich, während ich Rio absattelte und zügig abbürstete.
    Nachdem Rio für die Nacht gerichtet war, lief ich schnell rüber ins Haus. Ich ging kurz in die Küche und holte mir einen Frühstücksbeutel. Dann stahl ich mich an Dad vorbei, der in seinem Fernsehsessel schlummerte, besann mich aber eines Besseren. Ich schlich zu seinem Sessel und gab ihm einen sanften Kuss auf die faltendurchzogene Stirn. Sie glättete sich nur noch, wenn er schlief.
    Ich stieg die Treppe zu meinem Zimmer hinauf und schloss die Tür auf. Bevor ich das Licht anschaltete, schloss ich sie wieder zu. Meine kleine Schwester war eine Spionin und Petze– schlimm. Ich überprüfte mit einem kurzen Rundblick, ob Annabelle Lee das Schloss geknackt und meine Sachen durcheinandergebracht hatte. Aber eigentlich machte es keinen Sinn, weil sie so ein Auge fürs Detail besaß. Sie brachte nie etwas in Unordnung, außer es diente einem bestimmten Zweck.
    Trotzdem absolvierte ich meinen Sichtcheck und las die Schlagzeilen, die mein kleines Pinbrett zupflasterten. Ich hoffte, dadurch meine Nerven zu beruhigen.
    » Russische Mafia bekommt den Spitznamen › Die Werwölfe ‹ aus dem neuen Mafia-Kartenspiel. «
    » Jeder gegen jeden– die Welt der Russischen Mafia. «
    » Geisterwolf von Farthington: Pfotenspuren für Grauwolf zu groß. «
    » Wieder geheimnisvolle Tierspuren entdeckt! Kryptozoologen behaupten: Phantomabdrücke beweisen Existenz von Bigfoot. «
    Sie hingen noch genau so da, wie ich sie verlassen hatte. Seufzend griff ich in meine Jackentasche und holte die neueste Meldung hervor. Vorsichtig faltete ich sie auseinander.
    Ich pinnte sie an das Brett und las laut: » Werwölfe der anderen Art: unheimliche Verbindung zur russischen Mafia in Farthington aufgedeckt. « Super. Wenn der Neue aus Junction High nichts über Farthington erzählen wollte, würde ich eben alleine weiterrecherchieren.
    Ich kramte das seltsame Fellbüschel aus meiner Hosentasche und steckte es in die Plastiktüte. Diese pinnte ich ebenfalls an das Brett.
    Dann setzte ich mich aufs Bett und kickte die Schuhe von meinen Füßen. Als ich die Socken auszog, bemerkte ich, dass bei einem mein großer Zeh hervorlugte. Na ja, wenigstens merkte das keiner. Ich griff zur Seite und öffnete meine Sockenschublade, doch meine Hände tasteten nur über den leeren Boden der Schublade. Mist. Also war Wäschewaschen angesagt. Ich stand auf, um vielleicht doch noch ein Paar Socken ohne Löcher zu finden. In der Schublade lagen auch meine alten Schützen-Medaillen.
    Dad fragte mich manchmal, warum ich die Medaillen, die ich während meines kurzen Abstechers zu den Sportschützen gewonnen hatte, nicht an einem würdigeren Platz aufhing, immerhin hätte ich lang und hart dafür trainiert. Aber immer, wenn ich sie anschaute, schmerzte mich der Gedanke, dass jede Stunde, die ich mit dieser einsamen Sportart verbracht hatte, eine Stunde weniger mit meiner Mutter gewesen war. Unwiderruflich.
    Meiner Meinung nach war das Leben zu kurz, um es auf einem Schießstand zu verbringen und Löcher in Pappscheiben zu schießen– allein.
    Der Albtraum kündigte sich ganz harmlos an,

Weitere Kostenlose Bücher