Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwischen Mond und Versprechen

Zwischen Mond und Versprechen

Titel: Zwischen Mond und Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon Delany
Vom Netzwerk:
vorsichtig aus ihrem Schoß gleiten und kippte ihn nach hinten. » Los « , sagte sie.
    Max kniete neben Pietr, seine Hände lagen auf seinem Brustkorb. Er drückte rhythmisch Pietrs Brustbein, während Catherine schnell bis dreißig zählte. Dann unterbrach Max und Catherine hielt Pietr die Nase zu und pustete zweimalin seinen Mund. Dann nahm Max seine Arbeit wieder auf.
    Mit weichen Knien kämpfte ich gegen die Angst in meinem Bauch und versuchte, mich zu konzentrieren. » Wir müssen die Blutung stoppen « , flüsterte ich. Ich ging um den am Boden liegenden Pietr herum und kniete neben seinem Kopf nieder. Über seiner linken Augenbraue klaffte ein etwas fünf Zentimeter langer Schnitt. Aber auch aus einer kleinen Kopfwunde kann viel Blut fließen.
    » Druckverband « , erinnerte ich mich, öffnete den Reißverschluss meines Schutzanzugs und schlängelte mich aus meinem Shirt– so schnell und unauffällig wie möglich– und zog den Reißverschluss wieder zu. Niemand beachtete mich. Ich wickelte mein Shirt zu einer festen Rolle, die ich auf Pietrs Stirn presste.
    Und ich betete. Ich betete für Pietrs Leben. Ich betete, dass er mir vergeben möge. Und einmal, als Max und Catherine einen angstvollen Blick tauschten, versprach ich dem lieben Gott sogar, dass, wenn er– oder sie– Pietr am Leben ließe, ich meine Gefühle für ihn nicht mehr verheimlichen wollte.
    Ein Husten. Pietrs Brust hob sich, sein Kopf zuckte unter dem Druck meiner Hände.
    » Gott sei Dank « , flüsterte ich. » Wenn du noch einmal fährst… dein Leben aufs Spiel setzt… «
    Sarah kauerte an Pietrs Seite und hielt seine Hand. Seine Augen sahen zu dem fast nackten Geäst der Herbstbäume empor. » Jess… « , ächzte er.
    » Sie ist hier « , beruhigte ihn Catherine. » Sie hilft, die Blutung zu stoppen. «
    » Ich blute? « , flüsterte er. Seine Pupillen waren geweitet. Er war noch nicht ganz bei sich. » Jess versucht, die Blutung zu stoppen? « Er kicherte. Es war ein unheimliches, fernes Geräusch, das mir eine Gänsehaut über den Körper jagte. » Weiß sie denn nicht, dass ich… «
    » … du total fantasierst? « , unterbrach ihn Catherine mit Bestimmtheit. Wieder wechselte sie einen besorgten Blick mit Max. » Ich bin ziemlich sicher, dass sie es weiß « , sagte sie und stieß ein hysterisches Lachen aus.
    Max schüttelte den Kopf. » Wir müssen die Wunde versorgen. «
    Ich zog vorsichtig das blutige Shirt von Pietrs Augenbraue. Es hörte sich wie ein Klettverschluss an. Mir wurde kotzübel.
    Die Blutung hatte aufgehört.
    » Sieht ganz gut aus « , meinte Max.
    » Er wäre fast gestorben « , sagte ich, fassungslos über seine mangelnde Anteilnahme.
    » Da. Ja « , sagte Max und sah mir fest in die Augen, » Aber ist er nicht. «
    » Vielleicht hat er eine Gehirnerschütterung « , mutmaßte ich. » Er muss genäht werden. Wir sollten ihn in die Notaufnahme bringen. «
    » Wir gehen nicht zu Ärzten « , erklärte Catherine.
    » Was? « Ich fragte mich, ob mein Gehirn ebenfalls einen Schlag abbekommen hatte.
    » Wir glauben nicht an Ärzte « , erklärte Max.
    » Was? « , erwiderte ich. » Ich versichere euch– Ärzte existieren wirklich! «
    Catherine lachte. » So hat er es nicht gemeint. «
    Pietr richtete sich stöhnend auf. » Geht schon wieder « , keuchte er.
    Ich stellte mich vor ihn, beugte mich vor und sah ihm in die Augen. Seine Pupillen waren klar.
    » Ich werde schnell wieder gesund « , murmelte Pietr scheu.
    » Du fängst auch schnell an zu bluten « , warnte ich ihn. » Warum hast du nicht auf den Weg geachtet? « Aus meiner Angst war schlagartig Wut geworden.
    Pietr seufzte.
    Max half ihm auf die Beine.
    » Für uns ist eine Woche erst komplett, wenn Pietr sich durch seine Dummheit oder seinen Leichtsinn mindestens einmal in Gefahr gebracht hat « , sagte Catherine grinsend. Aber es klang, als steckte hinter ihren Worten ein Stück finsterer Wahrheit.
    » Nun… « , ich suchte verzweifelt nach Worten. Ich war so wütend. » Nun… das war schlichtweg bescheuert von dir ! «
    Catherine half uns wieder auf die Quads. Dann wurde ihr klar, dass Pietr, Sarahs Fahrer, vorübergehend außer Dienst war.
    » Ich fahre ihn « , sagte ich. » Ich habe dir vorhin zugesehen. Wir werden ein bisschen langsamer sein, aber ich werde schon zurechtkommen « , versicherte ich.
    » Gut, setz dich hin « , befahl ich Pietr. » Und setz den Helm wieder auf. Nicht dass du dir heute noch einmal dein Hirn demolierst.

Weitere Kostenlose Bücher