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Zwischen Nacht und Dunkel - King, S: Zwischen Nacht und Dunkel - Full Dark, No Stars

Titel: Zwischen Nacht und Dunkel - King, S: Zwischen Nacht und Dunkel - Full Dark, No Stars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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konnte sie nicht beantworten. Sie hatte zu viel Angst gehabt. Es war ihr stundenlang vorgekommen.
    Als sie sich wieder im Griff hatte, machte sie Inventur und zwang sich dazu, langsam und systematisch vorzugehen.
Revolver, Messer, Topfhandschuh. Alles vollzählig vorhanden. Die Drei Kleinen Komplizen. Sie bezweifelte, dass der Topfhandschuh einen weiteren Schussknall dämpfen würde, nicht mit einem so großen Loch; sie würde eben auf die einsame Lage des kleinen Hauses auf dem Hügel setzen müssen. Was das Messer betraf … wenn es so weit kam, dass sie Big Driver mit einem Küchenmesser erledigen musste, saß sie echt in der Scheiße.
    Und in dem Revolver stecken nur noch vier Schuss, daran musst du denken, bevor du anfängst, ihn zu durchsieben. Wieso hast du nicht mehr Munition mitgenommen, Tessa Jean? Du hast zu planen geglaubt, aber du hast keine sehr gute Arbeit geleistet, finde ich.
    »Halt die Klappe«, flüsterte sie. »Tom oder Fritzy oder wer immer du bist, halt einfach die Klappe.«
    Die nörgelnde Stimme verstummte, und sobald sie das tat, merkte Tess, dass auch die reale Welt still war. Der Hund hatte sein verrücktes Kläffen eingestellt, als das Licht erloschen war. Das einzige Geräusch machte jetzt der Wind, das einzige Licht kam vom Mond.

38
    Ohne das gleißend helle Scheinwerferlicht bot der lange Auflieger eine sehr gute Deckung, aber Tess durfte nicht dort bleiben. Nicht, wenn sie tun wollte, wozu sie hergekommen war. Sie hastete hinten ums Haus herum, hatte schreckliche Angst, sie könnte einen weiteren Bewegungsmelder auslösen, und wusste doch, dass ihr keine andere Wahl blieb. Scheinwerfer flammten keine auf, aber der Mond verschwand hinter einer Wolke, und sie stolperte im Dunkeln über den Rahmen eines Kellerfensters, ging in die
Knie und schlug sich dabei fast den Kopf an einer Schubkarre an.
    Während sie dort kniete, fragte sie sich einen Augenblick lang, was sie hier machte und in wen sie sich verwandelt hatte. Sie war ein Mitglied des Schriftstellerverbands, das vor kurzem eine Frau mit einem Kopfschuss erledigt hatte. Nachdem es ihr ein Messer in den Bauch gestoßen hatte. Ich bin aus dem Reservat abgehauen, wie man so sagt. Dann erinnerte sie sich daran, dass er sie eine Schlampe, eine weinerliche Hurenschlampe genannt hatte, und machte sich nichts mehr daraus, ob sie aus dem Reservat abgehauen war oder nicht. Das war ohnehin eine dumme Redensart. Vermutlich noch dazu rassistisch.
    Strehlke hatte hinter dem Haus tatsächlich einen Gemüsegarten, aber der war anscheinend zu klein, als dass es sich gelohnt hätte, ihn durch einen Scheinwerfer mit Bewegungsmelder vor Wildverbiss zu schützen. Hier gab es sowieso nur noch ein paar Kürbisse, von denen die meisten an der Ranke verfaulten. Tess stieg über die Furchen hinweg, bog um die Hausecke und hatte nun die Zugmaschine vor sich. Der Mond zeigte sich wieder und verwandelte ihren Chrom in das flüssige Silber von Schwertklingen in Fantasy-Romanen.
    Tess näherte sich dem Peterbilt von hinten, ging die linke Seite entlang und kniete neben dem kinnhohen (wenigstens für sie) Vorderrad nieder. Sie zog den Smith & Wesson aus der Tasche. In die Garage konnte Strehlke nicht fahren, weil davor die Zugmaschine stand. Selbst wenn die Zufahrt frei gewesen wäre, war die Garage vermutlich voller Junggesellenkrempel: Werkzeug, Angelzeug, Campingsachen, Autoersatzteile, Kästen mit Billig-Mineralwasser.
    Das ist nur eine Vermutung. Vermutungen sind ge fährlich. Dafür würde Doreen dich ausschimpfen.

    Natürlich würde sie das tun, niemand kannte die Ladys des Strickclubs besser als Tess, aber diese Desserts liebenden Mädels riskierten selten etwas. Wenn man das aber tat, war man auch gezwungen, eine gewisse Anzahl von Vermutungen anzustellen.
    Tess sah auf ihre Armbanduhr und stellte überrascht fest, dass es erst kurz nach halb zehn war. Ihrem Gefühl nach war es vier Jahre her, dass sie Fritzy eine doppelte Ration gegeben und ihr Haus verlassen hatte. Vielleicht auch fünf. Auf einmal glaubte sie, einen näher kommenden Motor zu hören, was dann aber doch nicht zu stimmen schien. Sie wünschte sich, dass der Wind weniger laut heulen würde, aber wünsch dir in eine Hand und scheiß in die andere und sieh zu, welche schneller voll wird. Das war eine Redensart, die keine der Ladys des Strickclubs jemals benutzt hatte - Doreen Marquis und ihre Freundinnen tendierten eher zu Weisheiten wie Arbeit spart, wer Ordnung wahrt -, aber sie stimmte

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