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Zwischen Nacht und Dunkel - King, S: Zwischen Nacht und Dunkel - Full Dark, No Stars

Titel: Zwischen Nacht und Dunkel - King, S: Zwischen Nacht und Dunkel - Full Dark, No Stars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Langsam und allmählich kehrten sie zu ihren alten Gewohnheiten zurück, den kleinen Angewohnheiten einer langen Ehe. Darcy putzte sich die Zähne, während er unter der Dusche stand (und meistens irgendeinen Hit aus den Achtzigern sang - tonartgetreu, aber mit nicht sonderlich melodischer Stimme), aber sie tat es nicht mehr nackt, weil sie sofort nach ihm unter die Dusche gehen wollte; sie duschte jetzt, nachdem er zu B, B & A abgefahren war. Falls ihm diese kleine Veränderung ihres Modus operandi auffiel, äußerte er sich nicht dazu. Sie ging wieder in ihren Literaturzirkel und erklärte den übrigen Ladys und den beiden pensionierten Gentlemen, die ihn bildeten, sie sei nicht ganz gesund gewesen und habe außer ihrer Meinung zur neuen Barbara Kingsolver nicht noch ein Virus weitergeben wollen. Darüber schmunzelten alle höflich. Eine Woche später ging sie wieder in ihren Strickkreis »Die neueste Masche«. Manchmal ertappte sie sich dabei, dass sie auf der Rückfahrt von der Post oder dem Lebensmittelgeschäft mit dem Autoradio mitsang. Bob und sie sahen jeden Abend fern - immer Komödien, nie Krimiserien. Er kam jetzt meistens früh nach Hause; seit der Reise nach Montpelier hatte er keine mehr unternommen. Er installierte etwas namens Skype auf seinem PC und sagte, damit könne er Münzsammlungen ebenso leicht begutachten und noch dazu Benzin sparen. Er sagte nicht, dass das auch die
Versuchungen verringern würde, aber das war nicht nötig. Sie las aufmerksam Zeitung, um zu sehen, ob Marjorie Duvalls Ausweiskarten auftauchen würden, weil sie sich ausrechnen konnte, dass Bob in jeder Beziehung lügen würde, wenn er in dieser gelogen hatte. Aber sie blieben verschwunden. Einmal in der Woche gingen sie zum Abendessen in eines der beiden preiswerten Restaurants, die es in Yarmouth gab. Er bestellte Steak, und sie nahm Fisch. Er trank Eistee, sie ein Cranberry Breeze. Alte Gewohnheiten waren schwer auszurotten. Oft, dachte sie, sterben sie erst mit uns.
    Tagsüber, während er fort war, stellte sie jetzt nur noch selten den Fernseher an. Ohne ihn war es leichter, dem Kühlschrank zuzuhören und auf das leise Knacken und Knarren zu lauschen, mit dem ihr hübsches Haus in Yarmouth sich auf einen weiteren strengen Winter in Maine einrichtete. Zudem konnte sie besser nachdenken. Und es war leichter, der Wahrheit ins Auge zu sehen: Er würde es wieder tun. Er würde sich so lange wie irgend möglich beherrschen, das gestand sie ihm gern zu, aber früher oder später würde Beadie die Oberhand gewinnen. Die Ausweiskarten seines nächsten Opfers würde er nicht einschicken, weil er glaubte, sie damit täuschen zu können; andererseits würde er sich nicht viel daraus machen, wenn sie diesen Trick durchschaute. Weil, so würde er argumentieren, sie jetzt darin verwickelt ist. Sie würde zugeben müssen, dass sie es gewusst hat. Das bekämen die Cops aus ihr heraus, auch wenn sie es verheimlichen wollte.
    Donnie rief aus Ohio an. Die Agentur lief großartig; sie hatten einen weiteren Kunden: einen Büroartikelhersteller, der vielleicht landesweit expandieren würde. Darcy beglückwünschte ihn (und das tat auch Bob, der unbekümmert zugab, Donnies Chancen auf beruflichen Erfolg in so jungen Jahren falsch eingeschätzt zu haben). Petra rief an,
um zu sagen, sie hätten sich vorläufig auf blaue Kleider für die Brautjungfern geeinigt: A-Linie, knielang, gleichfarbige Chiffonschals. Ob Darcy glaube, das sei in Ordnung, oder würde dieser Look ein wenig kindisch aussehen? Darcy sagte, er würde bestimmt süß aussehen, und die beiden diskutierten weiter über Schuhe - genauer gesagt über blaue Pumps mit dreiviertelhohen Absätzen. Darcys Mutter drunten in Boca Grande wurde so krank, dass sie kurz davor war, ins Krankenhaus zu müssen, aber dann bekam sie irgendein neues Medikament und wurde wieder gesund. Die Sonne ging auf und unter. In den Schaufenstern wurden die Kürbislaternen aus Papier abgenommen und durch Papiertruthähne ersetzt. Dann wurden die Weihnachtsdekorationen angebracht. Wie auf Bestellung wirbelten die ersten Schneeflocken herab.
    Wenn ihr Mann seinen Aktenkoffer gepackt hatte und ins Büro gefahren war, ging Darcy in ihrem Haus durch die Zimmer, blieb zwischendurch stehen und sah in die verschiedenen Spiegel. Oft sehr lange. Um die Frau in jener anderen Welt zu fragen, was sie tun solle.
    Die Antwort schien zusehends zu lauten, sie werde nichts tun.

14
    Zwei Wochen vor Weihnachten kam Bob an einem

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