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Zwischen Nacht und Dunkel - King, S: Zwischen Nacht und Dunkel - Full Dark, No Stars

Titel: Zwischen Nacht und Dunkel - King, S: Zwischen Nacht und Dunkel - Full Dark, No Stars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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teuren Prozess anzustrengen, den Sie bestimmt verlieren würden.«
    Ich stand auf. Ein Träger meiner Latzhose war mir von der Schulter gerutscht, und ich hakte ihn mit einem Daumen wieder hoch. »Tja, da sie nicht hier ist, ist das eine ›hypothetische Frage‹, wie die Juristen sagen, finden Sie nicht auch? An Ihrer Stelle würde ich sie in Omaha suchen.« Ich lächelte. »Oder in Saint Louis. Sie hat immer von Sain’-Loo geredet. Mir kommt’s vor, als hätte sie Farrington ebenso satt wie mich und den Sohn, den sie geboren hat. Jetzt ist sie uns Gott sei Dank los. ›Zum Teufel eure Häuser!‹ Das ist übrigens von Shakespeare. Romeo und Julia . Ein Liebesdrama.«
    »Sie werden entschuldigen, wenn ich das sage, aber das alles erscheint mir höchst befremdlich, Mr. James.« Aus einer inneren Anzugtasche - reisende Anwälte wie er hatten bestimmt jede Menge Taschen - hatte er ein Seidentaschentuch gezogen, mit dem er sich nun das Gesicht abtupfte. Seine Wangen waren jetzt nicht nur gerötet, sondern
feuerrot. Aber es war nicht die Tageshitze, die seinem Gesicht diese Farbe verlieh. »In der Tat höchst seltsam, wenn man bedenkt, welchen Preis mein Mandant für dieses Stück Land, das unweit der Great-Western-Bahnlinie am Hemingford Stream liegt, zu zahlen bereit ist.«
    »Auch ich werde mich erst daran gewöhnen müssen, aber ich bin Ihnen gegenüber im Vorteil.«
    »Ja?«
    »Ich kenne sie. Ich bin mir sicher, dass Sie und Ihre Mandanten geglaubt haben, das Geschäft sei perfekt, aber Arlette James … Na ja, sie auf etwas festnageln zu wollen ist nicht anders, als wollte man einen Wackelpudding an die Wand nageln. Wir sollten nicht vergessen, was Paps Bradlee gesagt hat, Mr. Lester. Jaja, der Mann war ein echtes ländliches Genie!«
    »Dürfte ich im Haus nachsehen?«
    Ich lachte nochmals, und diesmal brauchte ich mich nicht dazu zu zwingen. Der Mann hatte Nerven, das musste man ihm lassen, und dass er nicht mit leeren Händen abziehen wollte, war verständlich. Er war zwanzig Meilen weit in einem staubigen Lieferwagen ohne Türen gefahren, er musste sich weitere zwanzig Meilen durchrütteln lassen, bevor er nach Hemingford City zurückkam (von wo aus er bestimmt mit dem Zug weiterfahren musste), er hatte einen wunden Hintern, und die Leute, die ihn losgeschickt hatten, würden über seinen Bericht, den er nach all diesen Strapazen erstatten konnte, nicht erfreut sein. Armer Kerl!
    »Ich will meinerseits etwas fragen: Würden Sie die Hose runterlassen, damit ich mir Ihre Kronjuwelen ansehen kann?«
    »Das finde ich ungehörig.«
    »Kann ich Ihnen nicht verübeln. Sie müssen es als einen … nein, nicht als einen Vergleich, das ist nicht richtig, sondern als eine Art Parabel sehen.«
    »Ich verstehe Sie nicht.«

    »Na ja, Sie haben auf der Rückfahrt in die Stadt eine Stunde Zeit, um darüber nachzudenken … zwei, wenn Lars’ Red Baby eine Reifenpanne hat. Und ich kann Ihnen versichern, Mr. Lester, wenn ich Sie in meinem Haus - in meinem Privatbesitz, meiner Burg, meinen Kronjuwelen - herumschnüffeln ließe, würden Sie meine Frau nicht tot im Kleiderschrank oder …« Dann kam ein schrecklicher Augenblick, in dem ich beinahe oder im Brunnen liegend sagte. Ich spürte, dass ich plötzlich Schweißperlen auf der Stirn hatte. »Oder unter dem Bett auffinden.«
    »Ich habe nie behauptet …«
    »Henry!«, rief ich. »Komm einen Augenblick her!«
    Henry kam mit gesenktem Kopf durch den Staub geschlurft. Er wirkte besorgt, vielleicht sogar schuldbewusst, aber das war in Ordnung. »Ja, Sir?«
    »Erzähl diesem Mann, wo deine Mama ist.«
    »Das weiß ich nicht. Als du mich am Freitagmorgen zum Frühstück gerufen hast, war sie fort. Zusammengepackt und fort.«
    Lester starrte ihn durchdringend an. »Sohn, ist das die Wahrheit?«
    »Ja, Sir.«
    »Die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit, so wahr dir Gott helfe?«
    »Papa, kann ich wieder ins Haus? Ich muss doch Hausaufgaben nachmachen, weil ich krank war.«
    »Gut, dann geh«, sagte ich, »aber trödele nicht. Denk daran, dass du heute mit dem Melken dran bist.«
    »Ja, Sir.«
    Er stapfte die Stufen der Veranda hinauf und verschwand im Haus. Lester sah ihm nach, dann wandte er sich wieder an mich. »Da steckt mehr dahinter.«
    »Ich sehe, dass Sie keinen Ehering tragen, Mr. Lester. Wenn Sie erst mal einen so lange getragen haben wie ich,
werden Sie wissen, dass das in Familien immer zutrifft. Und Sie werden noch etwas anderes wissen: Man weiß nie, wohin das

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