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Zwischen Nacht und Dunkel - King, S: Zwischen Nacht und Dunkel - Full Dark, No Stars

Titel: Zwischen Nacht und Dunkel - King, S: Zwischen Nacht und Dunkel - Full Dark, No Stars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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möchte ich lieber nicht. Diese Hypothek hat die ganze Zeit wie eine graue Wolke über mir gehangen, und…«
    »Wilf, das ist der springende Punkt !« Der Zeigefinger kam wieder hoch. Diesmal bewegte er sich hin und her wie das Pendel der Standuhr. »Genau das ist der entscheidende Punkt ! Es sind die Leute, die eine Hypothek aufnehmen und dann das Gefühl haben, ständig im Sonnenschein zu spazieren, die zuletzt in Verzug geraten und ihren wertvollen Besitz verlieren! Leute wie Sie, die solche Bankschulden wie eine Ladung Steine an einem trüben Tag herumschleppen, das sind die Leute, die immer pünktlich tilgen. Und wollen Sie mir etwa erzählen, auf der Farm gäbe es nichts
zu verbessern? Ein Dach, das repariert werden müsste? Ein paar Stück Vieh mehr?« Er bedachte mich mit einem spitzbübisch schlauen Blick. »Vielleicht sogar fließendes Wasser wie Ihr nächster Nachbar? Solche Dinge machen sich letztlich von selbst bezahlt. Der Wert solcher Verbesserungen könnte die Hypothekenkosten weit übersteigen. Mehrwert für Geld, Wilf! Mehrwert für Geld.«
    Ich dachte darüber nach. Schließlich sagte ich: »Die Versuchung ist sehr groß, Sir. Das will ich nicht leugnen…«
    »Ist auch nicht nötig. Ein Bankiersbüro, der Beichtstuhl eines Geistlichen - sehr wenig Unterschied. Die besten Männer dieser County haben auf diesem Stuhl gesessen, Wilf. Die allerbesten.«
    »Aber ich bin nur wegen eines Kurzkredits hier - den Sie mir freundlicherweise gewährt haben -, und über diesen neuen Vorschlag muss ich erst ein bisschen nachdenken.« Dann kam mir eine neue Idee, die überraschend erfreulich war. »Und ich sollte ihn mit meinem Jungen besprechen, mit Henry … oder Hank, wie er jetzt genannt werden will. Er kommt in das Alter, in dem er einbezogen werden muss, weil er eines Tages erben wird, was jetzt mir gehört.«
    »Verstanden, völlig verstanden. Aber Sie können nichts Besseres tun, glauben Sie mir.« Er stand auf und streckte mir die Hand hin. Ich stand ebenfalls auf und schüttelte sie. »Sie sind hergekommen, um einen Fisch zu kaufen, Wilf. Ich bin bereit, Ihnen eine Angelrute zu verkaufen. Ein weit besserer Deal.«
    »Danke.« Und als ich die Bank verließ, dachte ich: Ich werde es mit meinem Sohn besprechen. Das war ein guter Gedanke. Ein warmer Gedanke für ein Herz, dem seit Monaten fröstelte.
     
    Der Verstand ist ein komisches Ding, nicht wahr? Ich war in Gedanken so mit der Hypothek beschäftigt, die Mr. Stoppenhauser
mir unverlangt angeboten hatte, dass mir gar nicht auffiel, dass der Wagen, mit dem ich hergekommen war, durch den ersetzt worden war, den Henry für die Fahrt zur Schule benutzt hatte. Ich weiß nicht einmal, ob ich das gleich gemerkt hätte, selbst wenn mir weniger bedeutsame Dinge im Kopf herumgegangen wären. Schließlich waren mir beide Wagen vertraut; beide gehörten mir. Wach wurde ich erst, als ich mich hineinlehnte, um die Kurbel herauszuholen, und auf dem Fahrersitz einen mit einem Stein beschwerten zusammengefalteten Zettel sah.
    Ich blieb einen Augenblick so stehen: halb in dem T, halb draußen, eine Hand am Rahmen der Windschutzscheibe, die andere unter dem Sitz, unter dem ich die Kurbel aufbewahrte. Ich wusste vermutlich, warum Henry die Schule geschwänzt und diesen Tausch vorgenommen hatte, noch bevor ich seine Mitteilung unter dem improvisierten Briefbeschwerer herauszog und den Zettel auseinanderfaltete. Auf längeren Strecken war der Lastwagen zuverlässiger. Zum Beispiel auf einer Fahrt nach Omaha.
    Papa,
    ich habe den Lastwagen genommen. Du weißt wahrscheinlich, wohin ich will. Lass mich in Ruhe.
    Ich weiß, dass du mich von Sheriff Jones zurückholen lassen kannst, aber wenn du das tust, erzähle ich alles. Du denkst vielleicht, dass ich mir die Sache anders überlegen werde, weil ich »nur ein Kind« bin, ABER DAS TU ICH NICHT. Ohne Shan ist mir alles egal. Ich hab dich lieb, Papa, auch wenn ich nicht weiß, wieso, nachdem alles, was wir getan haben, mir nur Ehlend gebracht hat.
    Dein dich liebender Sohn
Henry »Hank« James

    Ich fuhr wie benommen zur Farm zurück. Ich glaube, einige Leute winkten mir unterwegs zu - sogar Sallie Cotterie, die an ihrem Straßenstrand Gemüse verkaufte, winkte mir zu, glaube ich -, und ich erwiderte ihr Winken vermutlich, aber ich habe keine Erinnerung daran. Zum ersten Mal, seit Sheriff Jones auf die Farm gekommen war und seine freundlichen, keine Antworten erfordernden Fragen gestellt und alles mit seinen kalt forschenden

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