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Zwischen Olivenhainen (German Edition)

Zwischen Olivenhainen (German Edition)

Titel: Zwischen Olivenhainen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Wirthl
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seiner Idee.
    Das Restaurant, vor dem sie einige Minuten später hielten, war wirklich ‚schick‘. Zu schick für Leslies Geschmack. Sie seufzte und sah ihn flehend an.
    „Ich hab’ doch gar nichts Passendes an“, versuchte sie es und stellte fest, dass das ziemlich mitleiderregend klang, aber er kümmerte sich nicht um ihre Einwände, sondern beugte sich plötzlich einfach vor, um sie zu küssen. Sie zog den Kopf zurück. Ihre Knie wurden beängstigend weich.
    „Wenn“, stotterte sie, „wenn du mir ein paar Fragen ehrlich beantwortest – und ich meine ehrlich –“, sagte sie, „dann darfst du mich küssen.“ Sie rang sich ein Grinsen ab und wartete auf seine Reaktion.
    „Ehrlich?“, seufzte er mit gespielter Verzweiflung. „Oh je, wird schwer werden.“ Und da spürte sie auch schon seine Lippen auf ihren. Gott sei Dank saß sie im Auto, sonst wäre sie wahrscheinlich einfach umgekippt.
    „Du schmeckst nach Kaugummi“, stellte sie fest, als er sich von ihr gelöst hatte.
    „Und du nach: Ich-hab’-Hunger.“ Er grinste und öffnete die Wagentür, kam ums Auto herum und hielt Leslie die Tür auf. Vorsichtig kletterte sie heraus, sorgsam darauf achtend, nicht allzu aufgewühlt und wackelig auszusehen. Sein Kuss saß ihr noch in allen Knochen. Und die waren erschreckend weich geworden.
    Es war etepetete in dem Restaurant. So richtig. Leslie fühlte sich kläglich fehl am Platz, aber als Raffaello ihre Hand ergriff, entspannte sie sich ein bisschen. Er war passend gekleidet, ganz in Schwarz, das war zeitlos und elegant, aber sie trug bloß ein hellblaues Trägertop und einen Jeansrock, der obendrein noch ziemlich kurz war. Nervös zupfte sie daran herum. Sie spürte, wie einige Gäste sie von oben bis unten musterten, einige sichtlich empört, andere eher neugierig. Wahrscheinlich fragte sie sich, was ‚so eine‘ mit einem reichen Schnösel zu schaffen hatte, der ganz offensichtlich gute Manieren hatte. Einer der Männer, die an einem runden Tisch in einer dunklen Ecke saßen, schien den ‚reichen Schnösel‘ zu kennen – jedenfalls nickte er Raffaello kühl zu, und als sie an seinem Tisch vorbeigegangen waren, und Leslie noch einmal über die Schulter blickte, schauderte sie, als sie dem eiskalten Blick des Mannes begegnete. Sie schätzte ihn auf Anfang sechzig. Er war recht dick, sein Bauch hing schwer auf seinen kurzen Knien. Die anderen Männer, die bei ihm saßen, schienen einigen Respekt vor ihm zu haben. Erschrocken wandte Leslie den Blick von ihm ab, als er sie direkt ansah. Er hatte kalte, graue Augen. Sie schauten plötzlich alle zu ihr und Raffaello herüber. Jeder der Fünf mit einem Pokerface. Raffaello stöhnte genervt auf.
    „Nirgendwo hat man seine Ruhe“, knurrte er, während er Leslie den Stuhl unter den Hintern rückte und sich dann ihr gegenüber niederließ. Er schielte zu ihren Tischnachbarn hinüber. „Ich hätte dich besser mit zu mir genommen. Da wären wir wenigstens ungestört.“ Vorsichtig folgte Leslie seinem Blick. Die Blicke der Männer lagen noch immer auf ihr und Raffaello, auch wenn sie nun versuchten, es nicht ganz so offensichtlich aussehen zu lassen.
    „Wer ist das?“, fragte Leslie leise, obwohl im Raum ein allgemeines Stimmengewirr herrschte. Raffaello beäugte sie skeptisch.
    „Gehört das zu den Fragen, die du mir stellen willst?“, fragte er. Sie nickte.
    „Jetzt schon.“
    Ein Kellner erschien, um ihnen einen Wein unter die Nase zu halten. Raffaello beachtete ihn gar nicht groß, sondern grummelte nur irgendetwas auf Italienisch. Der Kellner schenkte ihnen beiden den Rotwein ein. Angeekelt schnupperte Leslie an der dunkelroten Flüssigkeit. Sie nippte daran – und fand es scheußlich, trank aber noch einen Schluck, um Raffaello in dem Glauben zu lassen, der Wein würde ihr schmecken.
    „Das …“, sagte er und spielte mit seinem Glas, „ist Don Michele Spavento. Einer wie ich.“
    „Oh“, machte Leslie. Ein Mafiaboss also. Himmel, wimmelte es denn hier in Palermo von denen?! Aber dann dachte sie darüber nach, dass sie ihm gar nicht begegnet wäre, wenn sie nicht mit Raffaello unterwegs gewesen wäre – und wäre sie ihm so über den Weg gelaufen, hätte sie nicht einen zweiten Gedanken an den dicken Mann verschwendet.
    „Die Spaventos sind ... nun ja ...“
    „Deine Erzfeinde?“, fragte sie vorsichtig. Er blickte sie grimmig an.
    „Gosetti hat von einem … Krieg erzählt …“, murmelte sie hastig und nahm einen Schluck

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