Zwischen Olivenhainen (German Edition)
setzte seine Sonnenbrille ab. Antonio fiel die Kinnlade herunter. Er musterte erst Leslie völlig entsetzt, was sie ziemlich verunsicherte, und dann Raffaello.
„ Ciao , Ruggiero“, sagte er dann kühl, doch bevor er weiterreden konnte, fuhr Raffaello ihn genervt auf Italienisch an, woraufhin Antonio ihnen mit grimmiger Miene vorauseilte und ihnen den Platz am Fenster anbot, an dem Leslie am Mittag mit ihren Freundinnen gesessen hatte. Sie fragte sich, ob er das mit Absicht getan hatte.
Raffaello schob Leslie galant den Stuhl unter den Hintern und ließ sich dann ihr gegenüber nieder und musterte sie erwartungsvoll.
„Was möchtest du essen?“, fragte er sie.
„Gar nichts“, sagte Leslie. Der Gedanke an eine erneute Riesenportion Eis behagte ihr absolut nicht. Mist. Das durfte eigentlich gar nicht sein.
Er hob die Brauen. „Du bist doch nicht etwa auf Diät?“, fragte er und musterte sie eingehend. „Das hast du ganz sicher nicht nötig.“
Trotzig schob sie die Unterlippe vor. Ihr Schmollmund wurde noch voller, wenn sie beleidigt war. Aber eigentlich nahm sie das, was er gesagt hatte, als Kompliment. Was schon wieder nicht sein durfte. Verdammt aber auch.
„Hm“, machte Raffaello und lehnte sich lässig zurück, um nach Antonio zu winken, der gleich darauf mit einer nicht zuzuordnenden Mischung aus Wut und Enttäuschung auf dem Gesicht an ihren Tisch trat.
„Wasser?“, fragte Raffaello sie und sie nickte.
„Leslie nimmt ein Glas Wasser – und ich auch“, sagte er zu Antonio.
„Nur Wasser?“, fragte sie ihn erstaunt. „Willst du nichts anderes?“
„Ich nehme das, was du nimmst“, sagte er fast ein wenig großspurig.
Schleimer. Er lächelte. Leslie nicht. Sie schämte sich noch immer. Raffaello musterte sie mit hochgezogenen Augenbrauen.
„Kennst du diesen Antonio persönlich?“, fragte er dann nach einer Weile des Schweigens. „Es schien mir, als sähe er es nicht besonders gerne, dich hier mit mir anzutreffen …“ Ein spöttisches Lächeln stahl sich in seine Mundwinkel. Aber Leslie antwortete ihm nicht.
„Vor dir scheint er ja mächtig Respekt zu haben“, stellte sie nur trocken fest, doch insgeheim interessierte sie Antonios Verhalten brennend.
Raffaello zuckte die Schultern. „Eine alte Prügelei unter Schülern“, behauptete er und spielte mit der Speisekarte, die in der Mitte des Tisches stand.
„Schulprügelei“, knurrte Antonio verächtlich, als er ihnen zwei Gläser Wasser reichte. Scheinbar hatte er alles gehört. Raffaello bedachte ihn mit einem scharfen Blick, doch Antonio ließ sich davon nicht beeindrucken. Jedenfalls tat er so, denn jetzt beeilte er sich doch zusehends, möglichst schnell wieder hinter seinem Tresen zu verschwinden.
Leslie rührte mit dem Finger in ihrem Wasser herum und schwieg. Sie hasste so viel Kohlensäure. Davon wurde ihr nur schlecht. Raffaello zog eine Augenbraue in die Höhe. Das musste Leslie ihm lassen, er hatte die Mimik eines Schauspielers.
„Hast du dir vorher die Hände gewaschen?“, fragte er sichtlich angeekelt.
Leslie hob den Kopf und sah ihn herausfordernd an.
„Werde ich jetzt tot umfallen, weil ich deine Hand geschüttelt habe? Hast du vielleicht die Pest?“, entgegnete sie nur und rührte weiter.
Ein leises Lächeln huschte über sein perfektes Gesicht.
„Du magst keine Kohlensäure, sag das doch gleich“, seufzte er. „Jetzt wird unser lieber Antonio noch angekotzter von mir sein.“ Und damit winkte er Antonio zu, der widerwillig an ihren Tisch getrabt kam, und bevor Leslie auch nur protestieren konnte, hatte Raffaello ihm ihr volles Glas in die Hand gedrückt, fast schon mit entschuldigender Miene, und irgendetwas auf Italienisch gesagt, woraufhin Antonio grummelnd davoneilte. Raffaello musterte Leslie eingehend.
„Er hat gesagt, für dich macht er es. Du kennst ihn doch besser, hm?“ Leslie wich seinem forschenden Blick aus.
„Geht dich noch lange nichts an“, murrte sie, mehr zu sich selbst, als zu ihm.
„Ach“, machte er, „nett von dir.“ Fast klang er beleidigt.
Sie schwiegen eine Weile. Nachdem Antonio Leslie ihr Glas Wasser gebracht hatte, schlürfte sie es in kleinen Schlucken und kaute auf dem harten Rand herum. Sie spürte genau, wie Raffaello sie ansah, tat aber so, als bemerkte sie es nicht.
„Kaust du immer an Gläsern?“, fragte er. „Ich kann dir auch etwas zu Essen bestellen?“
Leslie merkte, wie sie wütend wurde. Für wen hielt er sich eigentlich? Er hatte doch
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