Zwischen Olivenhainen (German Edition)
nicht ihre Manieren infrage zu stellen, nur weil er eindeutig vom oberen Ende der Nahrungskette stammte!
„Hey“, sagte sie bissig, „das bin ich. Ich, ohne so viel Geld, wie du es anscheinend hast.“
„Wie kommst du darauf?“
„Armani! Lass mich ausreden, verdammt!“ Sie holte tief Luft. „Danke, jetzt weiß ich es nicht mehr.“ Shit , wie peinlich und erniedrigend. Das hatte er ja schlau angestellt.
„Du gefällst mir besser, wenn du dich nicht so aufregst, Leslie“, sagte er amüsiert.
Na toll. Macho. Sie antwortete nichts darauf. Starrte ihn nur grimmig an.
„Warum bist du in Palermo?“, fragte er sie nach einer Weile des Schweigens.
„Ich habe Sommerferien und bin mit meinen beiden Freundinnen in Urlaub. Was denn sonst“, murrte sie. Sie verzichtete darauf nachzufragen, warum er hier war. Das lag ja wohl auf der Hand. Dann tat sie es trotzdem.
„Und du?“ Eine dämlichere Frage hätte sie nicht stellen können. Da hätte sie besser gleich über das tolle Wetter gesprochen. Sicher wohnte er hier. Klar tut er das, dachte Leslie.
Seine Miene verdunkelte sich. „Geschäfte meines Vaters“, sagte er nur knapp.
Himmel, was hatte sie denn falsch gemacht?
„Dann wohnst du nicht hier?“, fragte sie vorsichtig.
Er schüttelte den Kopf. „Nein“, sagte er. „Ich bin hier in Palermo geboren, aber wohnen tue ich nicht hier. Nicht in der Stadt jedenfalls.“
„Wo dann?“
„Auf dem Land“, sagte er nur. Er schien nicht sonderlich gerne über seine Wenigkeit sprechen zu wollen.
„Wenn du … nicht so viel Geld hast“, begann er vorsichtig, „wie kommt es, dass du im Grand Hotel wohnst?“
Vielleicht dachte er, sie würde erneut so pampig reagieren, aber irgendwie hatte sie keine Lust mehr darauf. Sonst hielt er sie womöglich noch für zickig. Gott bewahre! Außerdem war er ja ganz nett – bis jetzt jedenfalls.
Sie zuckte die Achseln. „Meine beste Freundin Anne und ich können nur dort wohnen, weil es uns Melissas Vater bezahlt. Ihm gehört irgendeine Versicherungsgesellschaft hier … Du müsstest Anne und Meli doch sicher gesehen haben, als du mich beschattet hast“, fügte sie spitz hinzu.
„Beschattet?“, fragte er unschuldig, aber Leslie ging nicht weiter darauf ein. Er konnte nie im Leben abstreiten, dass er genau das getan hatte.
„Mr. Gosetti hat uns also mitgenommen, damit seine Tochter sich in ihrem schicken Hotel nicht so langweilt, während er arbeiten muss –“.
„Mr. Gosetti?“, unterbrach er sie. Ein Schatten legte sich über sein Gesicht, aber vielleicht war es auch nur eine der faserigen Wolken, die sich träge vor die untergehende Sonne schoben, rot glühend wie Feuer.
Sie nickte vorsichtig.
„Matteo Gosetti?“, fragte er forschend und blickte sie scharf an. Da lag etwas in seinen Augen, das sie nicht zuordnen konnte. Sie wich seinem stechenden Blick aus. Scheiße, diese tiefbraunen Augen raubten ihr noch den Verstand.
„Ich weiß nicht, wie er mit Vornamen heißt“, sagte sie vorsichtig und nippte an ihrem Wasser. Die Eiswürfel, die Antonio hinein gefüllt hatte, waren längst auf die Größe ihres kleinen Fingernagels geschmolzen. Sie pustete ins Wasser, um Raffaello nicht ansehen zu müssen.
„Warum fragst du?“, sagte sie leise.
„Ach, ich dachte nur …“, entgegnete er scheinbar völlig in Gedanken versunken. Vorsichtig blinzelte Leslie zu ihm auf. Seine Miene wirkte noch immer angespannt, doch als er ihrem Blick begegnete, hellte sie sich schlagartig wieder auf. Er lächelte.
Schauspieler, dachte Leslie trotzig, aber er faszinierte sie irgendwie. Zum ersten Mal an diesem Abend erwiderte sie sein Lächeln und gleich merkte sie, wie gut ihr das tat. Vielleicht auch ihm, aber sollte das so sein, ließ er sich nichts anmerken.
Leslie musterte die anderen Gäste, die um sie herum an den Tischen saßen. Pärchen, die sich ein Eis teilten, drei alte Damen mit Heißhunger auf Kirscheis, Touristen mit Rucksäcken und dicken Kameras, die eine kurze Verschnaufpause am Abend eingelegt hatten. Und dann war da noch Antonio, der zwischen den Tischen umhereilte und ihr ab und zu einen seltsam verletzten Blick zuwarf. Leslie konnte ihm einfach nicht in die Augen sehen.
So viele Menschen waren da, aber sie kam sich vor, als sei sie vollkommen alleine mit diesem seltsam gutaussehenden jungen Mann. Sein Gesicht hatte nichts Jungenhaftes mehr und auch seine Statur war so breit, wie die eines Erwachsenen. Antonio dagegen wirkte fast
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