Zwischen Olivenhainen (German Edition)
schätze, er meint es tatsächlich ernst. Vielleicht solltest du ihm eine Chance geben?“
„Ach? Und wie?“
„Na, du hast doch seine Handynummer.“
Leslie schüttelte den Kopf. „Die hab ich gelöscht.“
„Na super“, murmelte Anne und lehnte sich gegen die Wand. Und nach einer Weile des Schweigens: „Hast du schon mal im Internet nachgesehen?“
„Vergiss es, das bringst nichts“, rief Leslie, als Anne sich auf ihren Laptop stürzte, den sie mitgebracht hatte und wild auf die Tasten einhieb.
„Wie heißt er nochmal?“, fragte sie.
„Verrate ich nicht!“ Anne verdrehte die Augen.
„Raffaello“, murmelte Leslie schließlich.
„Und der Nachname?“
„Weiß nicht, wie man den schreibt …“
„Ja, wie lautet er denn?“, fragte Anne genervt.
Leslie holte tief Luft. „Ruggiero“, sagte sie.
„Hm“, machte Anne und tippte den Namen in den Computer ein. „So, Freundchen“, murmelte sie, während sie das Internet durchforstete, „jetzt kommt die erschreckende Wahrheit über dich – oh …!“ Beunruhigt beugte sich Leslie näher zu Anne hinunter.
„Was ist?“, fragte sie. Anne deutete schweigend auf die Überschrift eines Zeitungsartikels, der auf dem Bildschirm erschienen war:
„Versicherung um 2,3 Millionen betrogen –
S. M. Ruggiero droht Prozess“.
„Oh nein“, stöhnte Leslie. Daran hatte sie gar nicht mehr gedacht. Sie hatte Mr. Gosettis Anschuldigung sogar als vollkommenen Unsinn abgetan. Aber da stand es. Schwarz auf weiß. Es stimmte. Diese Wahrheit war erschreckend.
„Hm, S. M. Ruggiero ist nicht der, den wir suchen, richtig?“, fragte Anne und schloss den Artikel.
„Naja, es gibt sicher viele Ruggieros …“, murmelte Leslie hoffnungsvoll und atmete auf. Anne würde der Sache nicht weiter nachgehen. Hoffentlich …
„Schon wieder dieser S. M. Ruggiero!“, rief Anne und öffnete den nächsten Artikel, der allerdings wesentlich erschreckender war.
„ Des Ruggieros weiße Weste – die Wahrheit über den Politiker “, las Anne. „Der Kerl ist von der Mafia, Leslie!“ Aufgeregt grinste Anne zu ihr hoch. „Cool, oder??“
Leslie nickte. „Cool …“, presste sie tonlos hervor, aber unter ihren Füßen schien der Boden nachzugeben. Nie im Leben, dachte sie, NIE IM LEBEN! Fast war sie daran, trocken aufzulachen.
Anne zuckte die Schultern. „Naja, man kann ihm nichts nachweisen, aber seine Weste scheint laut Polizia nicht ganz so weiß zu sein … Ah! So sieht er aus. Ganz schön alt schon …“ Am Ende des Abschnittes war ein Foto abgebildet. Salvatore Massimo Ruggiero, Raffaellos Vater, stand herausgeputzt mit einem Glas Sekt in der Hand an einem Tisch und blickte ernst in die Kamera. „Salvatore Massimo Ruggiero mit seinem Berater M. Andolini“, las Anne vor. Und da erkannte Leslie Mario. Er stand ein wenig abseits und wurde halb von einem Reporter verdeckt, aber er war es. Was zur Hölle sollte das bedeuten? Was?!
„Oh verdammt, Anne, was ist das?!“, rief Leslie entsetzt. Verwirrt blickte Anne zu ihr auf.
„Was?“, fragte sie. „Das ist doch gar nicht dein Romeo. Was regst du dich so auf?“
„Ja, ich weiß, aber – ach, Scheiße, Anne, mach das weg. Na los!“, fuhr sie sie an, als sie nicht gleich reagierte. Das war absolut jenseits dessen, was Leslie an diesem Tag noch verkraften konnte. Raffaellos Vater – und Mario – in Verbindung mit der Mafia zu bringen! Himmel nochmal, da musste sich irgendjemand gewaltig täuschen. Wahrscheinlich lagen der Polizei falsche Aussagen vor. Mit großer Wahrscheinlichkeit hatte die Presse den Politiker sogar absichtlich diffamieren wollen. Das wäre eine Erklärung. Zugegeben, keine besonders vernünftige.
„O. k., probieren wir’s mal so“, sagte Anne und klickte auf ‚Bilder‘. Keine Sekunde später blickten zahlreiche Raffaellos vom Bildschirm zu ihnen auf. Anne vergrößerte eines der Fotos.
„Ist er das?“, fragte sie. Leslie schluckte. Da war er. Wirres, schwarzes Haar, tiefbraune, leuchtende Augen, die ebenmäßigen Gesichtszüge, die olivbraune Haut, die dichten Augenbrauen und das spöttische Lächeln. Er trug sein schwarzes Hemd und Leslie musste lächeln, als sie seine Sonnenbrille daran entdeckte.
„Erde an Leslie! Ist er das?“ Sie schreckte hoch.
„Ja“, sagte sie hastig. Außerdem stand sein Name unter dem Foto. Sie tastete mit der Hand nach ihrer Kette und mit einem Mal wurde ihr klar, wie weit weg Raffaello war. Aussichtslos, ihn irgendwie zu
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