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Zwischen Rom und Mekka

Titel: Zwischen Rom und Mekka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz-Joachim Fischer
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(Letztere vor allem im Iran) und das Fehlen einer zentral organisierten Hierarchie entgegen. Doch die Einigung mit den Schiiten war ein gewaltiger Fortschritt. So legte es danach Mahdi Mostafavi auch in einem ausführlichen Interview mit der katholischen Zeitschrift »30 Giorni« (Mai 2008) dar.
    Mehr noch als die Erwägungen über den islamischen Gesprächspartner und die Aufzählung von jeweils sieben weiteren, in ihrer Religionsgemeinschaft bekannten Autoritäten zählt, was das Kommuniqué als Ergebnis der Beratungen angab.

Benedikts Vorgaben
    Man hatte nach gründlicher Vorbereitung über wesentliche Themen des unterschiedlichen Glaubensverständnisses von Katholiken und Schiiten gesprochen, über, so heißt es wörtlich:
    1. Glaube und Vernunft - welche Beziehung?
    2. Theologie/Kalam als Untersuchung über die Rationalität des Glaubens;
    3. Glaube und Vernunft in Bezug zum Phänomen der Gewalt.
    Es waren genau jene Themen, die Papst Benedikt in seiner Regensburger Vorlesung angeschlagen hatte. Nicht zuletzt hatte der offizielle Besuch des (sunnitischen) saudi-arabischen Königs Abdullah für den Vatikan bekräftigt, dass der Dialog, nicht nur der über religiöse Fragen, sondern auch jener, welcher in den politisch-gesellschaftlichen Raum hineinführt, die Billigung und Unterstützung maßgeblicher Staatsführer im islamischen Raum haben müsse und habe.

Sieben Grundsätze
    Die sieben Grundsätze, auf die man sich nach vorbereiteten Papieren geeinigt hatte, konnten nun die Grundlage des weiteren Dialogs sein:
    1. Glaube und Vernunft sind beides Geschenke Gottes an die Menschheit.
    2. Glaube und Vernunft widersprechen einander nicht, aber Glaube kann in einigen Fällen über der Vernunft sein, aber nie gegen sie.
    3. Glaube und Vernunft sind in sich nicht gewalttätig. Weder Vernunft noch Glaube sollte für Gewalt gebraucht werden; unglücklicherweise wurden beide zuweilen missbraucht, um Gewalttaten zu begehen. In jedem Fall können diese Ereignisse weder Vernunft noch Glaube infrage stellen.
    4. Beide Seiten stimmten überein, in der gemeinsamen Förderung wahrer Religiosität fortzufahren, in besonderer Spiritualität, um die Achtung für heilig gehaltene Symbole zu ermutigen und moralische Werte zu fördern.
    5. Christen und Muslime sollten über Toleranz hinausgehen in der Anerkennung der Unterschiede, doch im Bewusstsein der Gemeinsamkeiten und Gott dafür dankbar sein. Sie sind berufen zu gegenseitigem Respekt und verurteilen deshalb die Verspottung des religiösen Glaubens.
    6. Verallgemeinerungen sollten im Gespräch über Religionen vermieden werden. Unterschiede zwischen den Konfessionen innerhalb des Christentums und des Islam sowie die Verschiedenheit historischer Kontexte sind wichtige, beachtenswerte Faktoren.
    7. Religiöse Traditionen können nicht auf der Basis eines einzelnen Verses oder einer Passage in den jeweiligen heiligen Büchern beurteilt werden. Sowohl eine Gesamtschau als auch eine adäquate hermeneutische Methode sind notwendig für ihr faires Verständnis.
    Dass diese sieben Grundsätze sowohl von katholischen als auch islamischen Autoritäten gemeinsam gebilligt wurden, wurde in Rom als »historisch« bezeichnet. Denn was christlichen Theologen oder westlich Aufgeklärten selbstverständlich erscheinen mag, hat ungeahnte Folgen für die islamische Welt und den Glauben der Muslime. Benedikt empfing die Teilnehmer des Kolloquiums in einer Audienz und äußerte sich »besonders zufrieden mit der Wahl des Themas und dem Verlauf des Treffens«. Die nächste Dialog-Konferenz mit den Schiiten werde, hieß es, nach weiteren gründlichen Vorbereitungen im Jahre 2010 in Teheran stattfinden.
    Dennoch blieb der Dialog ein schwieriges Geschäft. Auch wenn er unter Benedikt an Schwung, Dringlichkeit und intellektueller Qualität gewonnen hatte. Denn was ist er genau? Was tut sich, wenn katholische und islamische Autoritäten miteinander in Rom palavern? Ein Wechselgespräch wie bei Sokrates und Platon, mit dem eine noch verborgene Wahrheit, die andere, die eigene, ans Licht gebracht wird? Was Aufgeklärte schon wissen und nur Religiöse noch nicht? Was geschieht außer schönen, langen Reden wirklich? Wer sind konkret die Partner und welches Gewicht haben sie? Beim Vatikan weiß man das. Bei den Muslimen nicht.

Intellektuelle in der Gregoriana-Universität
    Anfang Mai 2008 etwa fand in der Aula Magna der Päpstlichen Gregoriana-Universität, der Elitehochschule der katholischen Kirche an

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