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Zwischen Rom und Mekka

Titel: Zwischen Rom und Mekka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz-Joachim Fischer
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der Piazza Pilotta mitten in Rom, eine offene Diskussion über den »Brief der 138« statt. Wie haltet ihr Religiösen es mit der Gewalt? Wie ist im Islam das Verhältnis zwischen Glaube und Vernunft? Zwei der besten katholischen Experten waren dabei: Christian Troll, emeritierter Jesuitenprofessor von der Frankfurter Hochschule Sankt Georgen und auch bei Muslimen hoch angesehen, und sein Kollege Christian Van Nispen, Professor »für Philosophie und Islamische Studien an der Koptisch-Katholischen Fakultät für die Wissenschaft vom Menschen und der Theologie« aus Kairo.

    Wenn man diese beiden in der Gregoriana hörte, gewann man den positiven Eindruck, es geht voran, aber langsam. Man stellt weiter fest, dass jetzt überall in der Weltkirche der Islam-Dialog angesagt ist, bei Bischofskonferenzen und in den Bistümern. An allgemeinen Universitäten und theologischen Fakultäten wird über den Islam geforscht und gelehrt, in Instituten und Akademien, bei Stiftungen und Gesellschaften. Besonders fleißig auch in Deutschland. Etwa in der Katholischen Akademie zu Berlin am 1. Februar 2008, als zum 70. Geburtstag von Christian Troll ein Resümee über den Dialog mit seinen begrenzten Ergebnissen und noch größeren Hoffnungen gezogen wurde.
    Man sucht selbstverständlich auch in anderen christlichen Kirchen und allgemein in den westlichen Gesellschaften den Kontakt zu Muslimen. Oft trifft man dann auf Vorzeigemuslime, die sich ihrer Bedeutung plötzlich bewusst werden und ganz unterschiedlich reagieren, meist sehr überzeugt von ihrem Glauben. In Deutschland anders als in der Türkei, Indien oder Indonesien, anders in Dubai bei einem zufälligen Gespräch in einem Einkaufszentrum, anders in Kairo an der Universität, anders im Basar von Damaskus. Sie geben sich zuweilen moderat, zuweilen aggressiv, stets selbstbewusst; manchmal drängen sie zum Dialog, manchmal müssen sie dahin getragen werden. Da geschieht einiges in der Kirche des Papstes und anderswo und erstaunlich viel im Islam.

Nicht die Stimmung verderben
    Die schlechte Behandlung christlicher Minderheiten in islamischen Staaten muss in den Dialogveranstaltungen, ob in Rom oder anderswo, zunächst einmal ausgeblendet werden. Das verderbe nur die Stimmung, heißt es, und gelte als Polemik. Da ist aber insgesamt Erstaunliches im Hinblick auf gegenseitiges Zuhören im Gang, auch wenn nicht immer genau zu bestimmen ist, auf welcher Ebene, mit welchem Engagement und welcher Verbindlichkeit dieses Zwiegespräch von Muslimen geführt wird.
    Das lässt sich nicht einmal genau von allen Delegierten sagen,
die in Rom anreisen, mit den Vatikanvertretern sprechen, »edle Gedanken« (Benedikt) äußern und danach hehre Worte unterschreiben. Wer darin nur Papierverschwendung sehen will, findet seine Gründe. Experten mit Erfahrungen aus Jahrzehnten, in Europa und Asien, wie etwa Professor Troll, wenden ein, solange man im Allgemeinen bleibe und nicht konkret werde in Theologie und Praxis, sei noch nicht viel gewonnen. Dennoch ist das religionspolitische Signal wichtig, dass Muslime - ob Schiiten oder Sunniten - auf die Ideale der Vereinbarkeit von Glaube und Vernunft sowie die Gewaltlosigkeit der Religion festgelegt werden können.
    Man deutete im Vatikan dazu einen Vergleich mit »Helsinki 1975« an. Damals unterzeichneten die kommunistischen Staats- und Parteichefs in der »Schlussakte der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa« (KSZE) leichtfertig auch ein Kapitel über die Religionsfreiheit - auf Initiative des Vatikans. Das Papierbekenntnis zur Freiheit setzte damals einiges in den kommunistischen Staaten frei und ermutigte die Untertanen in Prag, Warschau oder Danzig. Deshalb könne es, so lautet ein starkes Argument, gar nicht genug muslimische Bekenntnisse zu den Idealen einer gewaltlosen Religion und eines vernunftgemäßen Glaubens geben! Heißt es in Rom.
    Katholische Theologen berücksichtigten zudem immer mehr, dass der Islam-Dialog mit einem Geburtsfehler startete und dies wiedergutzumachen sei. Der Dialog mit dem Islam gehörte vor 50 Jahren, vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil, nicht zu den Prioritäten. Damals wollten die Bischöfe vor allem das gestörte Verhältnis zu den Juden aufarbeiten; aus taktisch-politischen Gründen wurden auch andere Religionen in die theologische Perspektive mit hineingenommen und die Juden darin gleichsam eingebettet. Erst nach dem Erwachen und Erstarken des Islam, erst durch die Migrationsströme von

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