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Zwischen Rom und Mekka

Titel: Zwischen Rom und Mekka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz-Joachim Fischer
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gekommen.
    Die Gespräche zwischen Papst und König, so resümierte das offizielle Kommuniqué des vatikanischen Presseamts, »fanden in einem herzlichen Klima statt und erlaubten, Themen zu berühren, die den Gesprächspartnern am Herzen lagen. Im Besonderen wurden das Eintreten für den interkulturellen und interreligiösen Dialog bekräftigt, mit dem Ziel eines friedlichen und fruchtbaren Zusammenlebens zwischen den Menschen und Völkern, sowie der Wert der Zusammenarbeit zwischen Christen, Muslimen und Juden [!] für die Förderung von Frieden, Gerechtigkeit sowie der geistlichen und moralischen Werte, besonders zur Unterstützung der Familie.« Dass die Juden Eingang in das Kommuniqué gefunden hatten, erstaunte, erfreute und ver ärgerte, je nach Standpunkt.

Religionsfreiheit
    Benedikt verschwieg nicht den Wunsch der Kirche nach (mehr) Religionsfreiheit in Saudi-Arabien. Dazu hieß es, der Heilige Stuhl habe im Blick auf die Christen seinen Wunsch nach »Wohlergehen für alle [!] Einwohner des Landes« ausgedrückt und damit besonders die christlichen Gastarbeiter aus Asien gemeint. Der König habe ausweichend - aber nicht empört, vielmehr als ob von einer Diskriminierung der Christen in Saudi-Arabien keine Rede sein könne und dürfe - reagiert; man müsse jetzt zusammenarbeiten, um einen »Zusammenstoß der Kulturen« zu verhindern; man habe so viele Werte gemeinsam.
    Auch die Aufnahme der - bisher von den Saudis aus historischen Gründen vermiedenen - diplomatischen Beziehungen wurde besprochen; Verhandlungen über Details würden zuständigen Delegationen überlassen.

Was bedeutet ein Schwert?
    Nach dem Treffen wurden Einzelheiten bekannt: Dass ursprünglich nur eine halbe Stunde geplant war, dass daraus aber fast 70 Minuten wurden, mit einem intensiven Gedankenaustausch in italienischer und arabischer Sprache. Dass König Abdullah dem Papst eine aus Gold und Silber gefertigte Skulptur des heimischen Kunsthandwerks schenkte, einen Kamelreiter unter einer Palme, und ein mit Juwelen besetztes goldenes Prunkschwert. Dass Benedikt als Geschenk, etwas weniger spendabel, eine goldene Pontifikatsmedaille und einen Renaissancestich des Vatikans darbot.
    Über die Geschenke des arabischen Königs gerieten manche ins Grübeln und sogar in helle Empörung. War der Kameltreiber der Prophet? Hätte der Papst ein Christusbild ausgesucht? War das Schwert eine Geste des Friedens, wie wenn man seinem Gegner die Waffe ausliefert? Oder eine Kampferklärung? Oder einfach nur eine traditionelle wertvolle Gabe, die in den Magazinen der Beschenkten - oder in den Vatikanischen Museen, wie manches andere dieser Art - verschwinden kann?

    Wie wichtig das Treffen zwischen König und Papst für die muslimische Welt war, wurde bald deutlich. Benedikt ließ nicht nur den Brief beantworten. Er wollte aktiv den Dialog mit dem Islam verstärken. In besonderer Weise sollte die Initiative der 138 (und mehr) muslimischen Religionsführer und Intellektuellen aufgenommen werden, mit einem »Seminar« in Rom. Diese hätten sich, so wurde lobend vermerkt, deutlich von extremistischen Kräften innerhalb des Islam und von fundamentalistischen Interpretationen des Koran distanziert. Man sprach von mehreren Treffen unter Führung der zuständigen vatikanischen Institutionen, des ministeriellen »Rats für den Interreligiösen Dialog« sowie des »Instituts für islamische Studien«, und einem wissenschaftlichen Kolloquium unter Federführung der von Jesuiten geführten Gregoriana-Universität. Benedikt werde nicht nur die katholischen und muslimischen Teilnehmer des Treffens in einer Audienz empfangen, so wurde versprochen, sondern auch die direkte Schirmherrschaft übernehmen und die Ergebnisse des Treffens durch seine Anwesenheit und eine richtungweisende Ansprache gleichsam sanktionieren, so lautete der Ende Dezember 2007 in Rom bekannt gewordene Plan.

Nicht nur Religion
    Der jordanische Prinz Ghazi Bin Muhammad Bin Talal, ranghöchster Unterzeichner des »Briefes der 138«, reagierte schnell und wünschte in einer Rückantwort an Kardinalstaatssekretär Bertone, dass die Initiative weiterentwickelt werden und in konkrete Handlungen einmünden müsse. Ausdrücklich bezog sich der Prinz auf das Treffen zwischen dem Papst und dem saudi-arabischen König Abdullah Anfang November im Vatikan. Vor allem sollten - in offensichtlicher, doch erstaunlicher Übereinstimmung über die (religions)politische Zielsetzung - die moderaten, nicht

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