Zwischen Rom und Mekka
Millionen Muslimen nach Europa, durch den internationalen Terrorismus muslimischer Extremisten und nicht zuletzt durch die Regensburger Rede des Papstes sei jetzt, heißt es zusammenfassend, der friedliche Austausch zwischen den beiden größten Weltreligionen an die erste Stelle der globalen Religionspolitik gerückt.
Ein weiterer Schritt mit den Sunniten
Nach den Schiiten kamen die Sunniten. Mitte Juni konnte man in Rom einen weiteren Schritt voran im Dialog vermelden. Das »Islamisch-Katholische Verbindungskomitee« beendete nach dreitägigen Beratungen sein (bereits) 14. Treffen unter der Leitung von Kardinal Tauran und dem anerkannten muslimischen Gelehrten Hamid Bin Ahmad al-Rifaie, Präsident des »Internationalen Islamischen Forums für Dialog« im saudi-arabischen Dschidda, unter dem aktuellen Thema »Christen und Muslime als Zeugen des Gottes der Gerechtigkeit, des Friedens und des Mitgefühls in einer Welt, die unter Gewalt leidet«.
Die Teilnehmer, die von Benedikt empfangen und in ihren Anstrengungen ermutigt wurden, bekannten sich in einer offiziellen Presseerklärung zu folgenden Grundlagen:
1. Von der inneren Würde einer jeden menschlichen Person stammen fundamentale Rechte und Pflichten.
2. Gerechtigkeit ist eine Priorität in unserer Welt. Sie verlangt den Respekt vor den fundamentalen Bedürfnissen aller Individuen und Völker durch Liebe, Brüderlichkeit und Solidarität.
3. Frieden ist ein Geschenk Gottes. Besonders die Gläubigen sind aufgerufen, wachsame Zeugen des Friedens in einer von Gewalt in vielen Formen bedrängten Welt zu sein.
4. Christen und Muslime glauben, dass Gott mitfühlend ist, sodass sie es als ihre Pflicht ansehen, Mitgefühl jeder menschlichen Person zu zeigen, besonders der bedürftigen und schwachen.
5. Religionen leisten, wenn sie authentisch gelebt werden, einen bedeutenden Beitrag zu Brüderlichkeit und Harmonie in der menschlichen Familie.
Kardinal Tauran maß dieser gemeinsamen Erklärung mit Sunniten große Bedeutung zu, ebenso wie jener Ende April mit den Schiiten aus Teheran.
König Abdullah in Madrid
Auch anderswo tat sich etwas. Nicht zuletzt, wie man sich dies im Vatikan zuschrieb, weil Benedikt vor dem saudi-arabischen König Abdullah die Juden nicht verschwiegen und die Bedeutung der drei monotheistischen Abraham-Religionen hervorgehoben hatte. Bei einer Konferenz mit Vertretern aller großen und mancher kleinen Religionen Mitte Juli 2008 in Madrid bestärkte Abdullah den Dialog. Er und der spanische König Juan Carlos hatten 300 Autoritäten, darunter auch Kardinal Tauran und der britische Rabbiner David Rosen sowie der Generalsekretär des Jüdischen Weltkongresses, Michael Schneider, eingeladen. Abdullah wies zurück, dass die Religionen die Katastrophen der Geschichte verursacht hätten; nur Extremisten, die sich auf die Religion beriefen, doch sie falsch auslegten, griffen zur Gewalt. Die Erde könne auch mit unterschiedlichen Religionen eine Oase des Friedens werden, so der König. Milde bemerkte der Hüter der heiligen Stätten des Islam: Hätte Gott gewollt, dass die Menschen nur einer Religion angehörten, hätte er sie so geschaffen. Davor, im Juni 2008, hatten 600 führende islamische Theologen, Sunniten und Schiiten, während eines Treffens in Mekka diese Konferenz von Madrid mit ihren Dialogzielen befürwortet.
Kapitel 30
Der große Dialog - Das Katholisch-Muslimische Forum vom 4. bis zum 6. November 2008 in Rom
Der Dialog, den man nicht sieht
Das meiste vom »Dialog« zwischen Rom und Mekka sieht man nicht. Das merkt man spätestens dann, wenn man den Verantwortlichen des Vatikans gegenübertritt und sie befragt. Besser, sie befragen will. Noch genauer, zitierbare Antworten erhalten will. Da ist es oft besser und ergiebiger, ein vertrauliches Gespräch zu vereinbaren und mit dem Hintergrundwissen seine Schlüsse zu ziehen.
Die Verantwortlichen schätzen Diskretion. Nicht, dass sie das Licht der Öffentlichkeit scheuen müssten. Aber sie können nicht recht einschätzen, was es bedeutet, wenn bestimmtes Wissen öffentliches Gemeingut wird, sie fürchten die negativen Auswirkungen. Damit hatten die katholischen Kirchenmänner früher noch größere, oft unüberwindbare Probleme. Durch das Konzil und eine immer offenere Pressearbeit haben Kardinäle und Bischöfe diese Scheu etwas abgebaut. Muslime sind meist noch vorsichtiger oder sprechen gleich ganz propagandistisch.
Der Präsident des Dialog-Rats, Kardinal Jean-Louis Tauran,
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