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Zwischen Rom und Mekka

Titel: Zwischen Rom und Mekka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz-Joachim Fischer
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auszunutzen, um Brücken zu bauen«. Sunniten, Schiiten und Vertreter des Sufismus hätten ein breites Spektrum des Islam repräsentiert, hieß es. Kardinal Tauran wiederum habe sich - offenbar auf muslimische Vorwürfe hin - entschieden gegen eine Gleichsetzung westlicher Politik mit dem Christentum gewandt; dadurch entstünden Spannungen zwischen Kirche und Moschee; Christen seien nicht verantwortlich für die Entscheidungen westlicher Politiker. Wohl wahr.
    Am Donnerstag (6. November) legten die Teilnehmer des Forums ihre gemeinsame Erklärung vor. Diese spricht von Werten, die weithin die Grundüberzeugungen einer modernen Zivilgesellschaft aufnehmen und widerspiegeln. Damit hatten die Offiziellen sich zu Formulierungen durchgerungen, etwa über die Würde und Freiheit der menschlichen Person oder den gleichen Wert der Frau, deren Bekräftigung durch Muslime nicht überall selbstverständlich ist.

Die gemeinsame Erklärung
    Sie lautet:
    1. Für Christen ist die Quelle und das Vorbild für die Liebe zu Gott und zum Nächsten die Liebe Christi zu seinem Vater, zur Menschheit und zu jedem Menschen. »Gott ist die Liebe« (1 Joh 4,16), und »Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat« (Joh 3,16). Gottes Liebe ist durch den Heiligen Geist in das menschliche Herz hineingelegt worden.
    Es ist Gott, der uns zuerst liebt und uns dadurch in die Lage versetzt, ihn zurückzulieben. Liebe schadet dem Nächsten nicht, sondern zielt vielmehr darauf ab, den anderen so zu behandeln, wie man es für sich selbst erhoffen würde (vgl. 1 Kor 13,4-7). Liebe ist die Grundlage und die Zusammenfassung aller Gebote (vgl. Gal 5,14). Die Nächstenliebe kann von der Gottesliebe nicht getrennt werden, ist sie doch Manifestation unserer Gottesliebe. Das ist das neue Gebot: »Liebt einander, so wie ich euch geliebt habe« (Joh 15,12). Christliche Liebe, die auf der aufopfernden Liebe Christi fußt, bedeutet Vergebung und schließt niemanden aus; deshalb schließt sie sogar die eigenen Feinde ein. Sie darf nicht nur in Worten bestehen, sondern muss sich auch in Taten äußern (vgl. 1 Joh 4,18). Das ist Beweis für ihre Echtheit.
    Für Muslime ist die Liebe, wie es in »Eine gemeinsame Welt - A Common World« festgehalten wurde, eine zeitlose transzendente Kraft, die die Rücksicht der Menschen im Umgang miteinander anleitet und verwandelt. Diese Liebe kommt, wie der heilige und geliebte Prophet Mohammed aufzeigte, vor der menschlichen Liebe, die dem einen wahren Gott entgegengebracht wird. In einem Hadith [Überlieferungen über Mohammed] heißt es, dass das liebende Mitgefühl Gottes für die Menschheit sogar noch größer sei als jenes einer Mutter für ihr Kind (Muslim, Bab al-Tawba: 21); deshalb existiert sie vor und unabhängig von der menschlichen Antwort auf
den Einen, der »der Liebevolle« ist. So unermesslich groß sind diese Liebe und dieses Mitgefühl, dass Gott oftmals und an vielen Orten auf vollkommene Art und Weise eingegriffen hat, um die Menschheit zu führen und zu retten, indem er ihr Propheten und Schriften schickte. Das letzte dieser Bücher, der Koran, portraitiert eine Welt voller Zeichen, einen wunderbaren Kosmos göttlicher Kunstfertigkeit, die unsere äußerste Liebe und Ergebenheit weckt, so dass »die, die glauben, Gott noch mehr lieben« (2:165), und der Allerbarmer denen, »die da glauben und gute Werke tun«, Liebe zukommen lassen wird (19:96). In einem Hadith lesen wir, dass »nicht einer von euch gläubig« ist, »solange er nicht für seinen Nächsten wünscht, was er für sich selbst wünscht« (al-Buchari, Bab al-Iman: 13).
    2. Das menschliche Leben ist ein höchst wertvolles Geschenk, das Gott jeder Person macht. Deshalb sollte es in all seinen Phasen bewahrt und geehrt werden.
    3. Die menschliche Würde leitet sich von der Tatsache ab, dass jeder Mensch von einem liebenden Gott aus Liebe erschaffen und mit den Gaben der Vernunft und des freien Willens ausgestattet ist. Deshalb ist er in der Lage, Gott und die anderen zu lieben. Da diese Prinzipien eine feste Grundlage haben, verlangt der Mensch danach, dass seine ursprüngliche Würde beziehungsweise seine menschliche Berufung geachtet wird. Deshalb hat er Anspruch darauf, dass einzelne Personen, Gemeinschaften und Regierungen seiner Identität und seiner Freiheit volle Achtung entgegenbringen, was die Zivilgesetzgebung zu fördern hat, die ja

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