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Zwischen Rom und Mekka

Titel: Zwischen Rom und Mekka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz-Joachim Fischer
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einen friedlichen Wettbewerb zugunsten des Menschen und der Menschheit einmünden zu lassen. Durch Dialog die Konkurrenz der Kulturen und Religionen entschärfen ist seither die vatikanische Leitlinie, in der Diplomatie wie in den päpstlichen Verlautbarungen.

    Die Päpste Paul VI. und Johannes Paul II. nahmen sogar hin, dass in Rom die größte Moschee Europas gebaut wurde. Das umgekehrte Ansinnen, in Mekka eine christliche Kathedrale zu errichten, würde vermutlich zu Aufruhr in der islamischen Welt führen. Allein die hypothetische Erörterung einer solchen Utopie empfinden Muslime als Entweihung ihrer heiligen Stätten, als Gotteslästerung.
    So konnte der Vatikan lange nur einen Dialog der kleinen Schritte führen. Eine untadelige Grußbotschaft des »Interreligiösen Rates« zum Ende des Fastenmonats Ramadan an die »lieben muslimischen Freunde« oder respektvolle Worte des Papstes bei passender Gelegenheit, freundliche Gesten dazu. Doch ohne Aufsehen und ohne öffentliche Aufmerksamkeit - darauf legt der Islam-Abteilungsleiter im »Rat«, Khaled B. Akasheh, Wert - wurde ein Netzwerk mit muslimischen Gesprächspartnern, mit »Autoritäten des Islam« aufgebaut.
    Dabei gibt es für den Vatikan nicht »den« Islam. Nicht einmal abstrakt, als philosophisch-theologisches Glaubenssystem, weil da wie im Christentum vieles zu unterscheiden ist. Die große Weltreligion des Islam, gestiftet im 7. Jahrhundert durch den Propheten Mohammed, mit rund 1,2 Milliarden Anhängern in vielen Ländern der Erde, vor allem verbreitet in dem Staatengürtel von Marokko bis Indonesien, inzwischen auch in Europa, verlangt genaues Hinschauen.

Kein Papst bei den Muslimen
    Die Muslime sind so zahlreich wie die Katholiken, doch ohne Papst. Kein Papst könne also, gibt Khaled Akasheh zu bedenken, zur Feder oder zum Telefon greifen und seinen muslimischen Amtskollegen bitten, die Extremisten in den eigenen Reihen zu ermahnen: Sie sollten es mit dem Fundamentalismus, der willkürlichen, wortwörtlichen Auslegung mancher Offenbarungen, nicht zu genau nehmen und vor allem der Gewalt als Mittel zur Lösung von Konflikten widersagen. Immer wieder haben die Päpste die Führer anderer Religionsgemeinschaften aufgefordert, ihren Gefolgsleuten die Erwägung und den Einsatz
von Gewaltmitteln als unmenschlich und widergöttlich auszureden. Oft musste man in Rom erfahren, dass es mit der Dialogbereitschaft auf muslimischer Seite höchst unterschiedlich bestellt ist.
    Dass Johannes Paul II. als erster Papst im Mai 2001 in Damaskus in der geheiligten Omaijaden-Moschee zusammen mit muslimischen Führern betete, markiert ein historisches Datum und sicherte dem Papst Anerkennung in der islamischen Welt. Noch größer wurde dieses Prestige, als Johannes Paul II. sich entschieden, mehrfach und laut gegen den Krieg der Vereinigten Staaten von Amerika im Irak aussprach. So wurden es keine Kreuzzüge einerseits, keine heilige Gegenwehr andererseits.

Friedliche Ausbreitung des Christentums
    Die Grundlage der päpstlichen Islampolitik bildet zunächst die milde Botschaft des Christentums von der Feindes- und Nächstenliebe; dem entspricht die friedliche Ausbreitung des Christentums in den ersten Jahrhunderten, gemäß - wie immer wieder im »Rat« hervorgehoben wird - dem Auftrag des Jesus Christus. Wie es zum Schluss im letzten Kapitel (28) des Matthäusevangeliums heißt, Verse 19 und 20: »Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker: taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe.« Da ist von Gewalt keine Rede.
    Weiter bestimmend ist die philosophisch fundierte Überzeugung, dass Gewalt zur Lösung von Konflikten zwischen Völkern und Menschen nicht tauge und deshalb scharf, einmütig und entschieden abgelehnt werden müsse. Im Vatikan wird jedoch immer mit Sorge darauf hingewiesen, dass Politik und Religion, weltliche und geistliche Herrschaft - entgegen den christlichen Einsichten und geschichtlichen Lehren in Europa - im Islam in eins fallen, wenn auch in den einzelnen Staaten unterschiedlich. Dies musste auch Johannes Paul II. erst genauer lernen, wie ich einmal selber bei einem Sommerseminar in der päpstlichen Residenz von Castel Gandolfo bei Rom im Kreis
von Wissenschaftlern der wichtigen Religionen aus aller Welt miterleben durfte.
    Es bestehe zudem die Versuchung, besagt die vatikanische Analyse, politische Unterlegenheit gerade durch religiösen oder

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