Zwischen Rom und Mekka
es, die zivile Säkularreligion des Westens, der Bürger in den entwickelten modernen Gesellschaften.
Mit diesen Menschenrechten und Grundwerten haben sich nicht nur die Päpste in den letzten drei Jahrhunderten zunächst schwergetan. Sie schienen außerhalb der traditionellen christlichen Religion und deshalb verdammenswert, wenn auch, wie Benedikt jetzt lehrt, aus ihrem Innern gekommen. Es bedurfte des Zweiten Vatikanischen Konzils, um zwischen Kirche und Moderne Frieden zu schließen. Dieser Friedensschluss gelang, weil die Kirchenführer an ureigene christliche Werte wie Freiheit und Gleichheit wieder anknüpfen konnten, die zugunsten anderer Entwicklungen in der Kirche wie Einheit und Macht zurückgedrängt worden waren. Auch dafür gilt das Leitwort Benedikts, dass es die »Frucht einer langen, mühsamen Suche« war. Doch jetzt ist aus dem Friedensschluss ein Bündnis geworden, in dem die Päpste gerade diese säkularen Menschenrechte und Grundwerte verteidigen und jene Grundlagen stabilisieren, die der pluralistische Staat oder Minderheitseliten nicht schaffen können. Die westliche Kulturrevolution nach 1968 hat die Notwendigkeit gemeinsamer Grundüberzeugungen verschärft.
Aufgaben für die Zukunft
So bildet sich im Dialog mit dem Islam eine Interessengemeinschaft zwischen den Eliten der pluralistischen Gesellschaften und den Führern der Kirche, ein gemeinsamer Raum des modernen Denkens und der christlichen Theologie aus dem Geist Benedikts. Die Trennung zwischen Religion und Staat richtet sich dabei aus nach dem Bibelwort: »Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist!« Davon können Christen oder Religionslose der abendländischen Tradition kaum abgehen. Damit ist der Kirche wie der Moschee eine Grenze gezogen. Zugleich wird die Einladung ausgesprochen, aus der religiösen Willkür zu nachvollziehbaren Regeln der Vernunft zu kommen. Das betrifft nicht nur Krieg und Frieden zwischen den Völkern, sondern auch die Einzelnen, etwa die Stellung der Frau oder die Rechtsstrukturen der Familie.
Dieses neue Bündnis zeigte sich besonders deutlich bei dem Besuch Benedikts in Paris im September 2008. Der Papst respektierte die französische Aversion gegen jede Einmischung der Kirche in die öffentlichen Angelegenheiten der Republik im Geist der »Laicité«, der laizistischen, liberalen Freiheit, so wie er schon in der Türkei Ende November 2006 diese moderne Mündigkeit gegenüber dem Islam gelobt hatte. Der französische Präsident Sarkozy wünschte sich in »positiver Laizität« die Unterstützung der Kirche für die geistigen Belange und geistlichen Bedürfnisse der Bürger, die dem Staat nicht gleichgültig sein können, bei deren Bildung er sich jedoch immer hilfloser und ratloser zeigt, von den Schulen bis zu den Gefängnissen. Es wäre verrückt, so Sarkozy, sich der Religion(en) zu berauben. Das galt nicht nur dem päpstlichen Gast, sondern zeichnete auch die Aufgaben der Zukunft für die Muslimführer vor.
Anmerkungen
Der Autor hat sich entschieden, die notwendigen Anmerkungen in den Text zu integrieren. Dafür sprachen viele Gründe. Zunächst soll in diesem Buch ohne Fußnoten das Lesen erleichtert und lästiges Suchen mit langwierigem Umblättern erspart werden; »Neben«-Bemerkungen wurden entweder weggelassen oder, als doch von Belang, in den Text aufgenommen. Wichtiger jedoch war, dass im Hauptteil über die Päpste, von Pius XII. bis zu Benedikt XVI. (1939 bis heute, Ende 2008), Ort, Datum und Quelle zwanglos in den Text einfließen konnten.
Für den weiteren Verzicht auf Anmerkungen war die Überlegung maßgeblich, nicht durch einen wissenschaftlichen Apparat überzeugen, sondern Text und Argumente für sich selbst sprechen lassen zu wollen. Damit konnte zudem die Gefahr vermieden werden, durch die Überfülle des Materials den Text zu ersticken und die Grenzen dieses Buches zu sprengen. Bei einem aktuellen Buch, dessen Inhalt und Form modernen Kriterien folgen, schien dies erlaubt, ohne die Seriosität und Verlässlichkeit der Darstellung aufs Spiel zu setzen.
Bibliografie
Der Verzichtgedanke gilt auch für die Bibliografie, die deshalb auf einige wesentliche, vor allem nützliche Titel beschränkt wurde. Für den Autor ist dieses Buch über Päpste und Islam auch die Frucht jahrzehntelangen Studiums, wissenschaftlicher Beschäftigung mit dem Papsttum und journalistischer Begleitung der Päpste. Dabei hat sich in den letzten Jahren das Interesse in besonderer Weise
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