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Zwischen Rom und Mekka

Titel: Zwischen Rom und Mekka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz-Joachim Fischer
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Benedikt damit
»ergebnisoffene« Verhandlungen zwischen Anhängern verschiedener Religionen meint, als ob sie über Positionen ihres eigenen Glaubensbekenntnisses gleichsam »verhandeln« könnten. Die Dogmen und moralischen Überzeugungen dürfen jedoch von einem Dialog nicht angetastet, korrigiert oder redigiert werden. »Aggiornamento«,Anpassung an die Moderne, ist daher von dem Dialog im engen Sinn weder für die eigene noch die fremde Position beabsichtigt. Zunächst nicht. Wie der Dialog wirkt, ist eine andere Sache. Wie bereits dargelegt.
Keine ergebnisoffenen Religionsgespräche
    Papst, Kardinäle und Bischöfe, Scheichs, Muftis und Ayatollahs treten also nicht in ergebnisoffene Religionsgespräche ein, bereit, ein wenig hier, ein bisschen dort von ihrem Areal des Glaubens und der Gebote aufzugeben und dafür ein paar fremde Grundsätze anzunehmen. »Ich bin doch der Papst«, antwortete Johannes Paul II. fast naiv-selbstbewusst auf solche Wünsche oder Befürchtungen und zeigte keinerlei Berührungsängste bei den verschiedenen Treffen mit den Führern anderer Religionen. Von einem Papst weiß man, was er glaubt, wofür er steht. Von einem Ayatollah auch. Man mag sich einen »weichen« Papst ersehnen. Aber die weltpolitische und geistesgeschichtliche Wirklichkeit ist der »Felsen Petri«. So wird er vielleicht nicht von allen Christen, wohl aber von den Muslimen wahrgenommen.
    Genauso hat es Benedikt XVI. in den letzten Monaten empfunden, als er immer wieder nach der Bedeutung, nach dem Stellenwert und dem Sinn des Dialogs zwischen Katholiken und Muslimen auf höchster Ebene, eben auch unter der Autorität des Päpstlichen Rats, gefragt wurde. Deshalb warnte er im Herbst 2008 vor Illusionen im interreligiösen Dialog und lehnte ausdrücklich diesen »Dialog im engen Sinn des Wortes« ab. Damit sind Verhandlungen über religiöse Kernsätze, etwa über das Prophetentum Mohammeds, die Gottessohnschaft Jesu Christi oder die unterschiedlichen göttlichen Offenbarungen, ausgeschlossen. Dazu war es im November in Rom auch in der Tat nicht gekommen.

    Nach dieser Abwehr fährt der Papst jedoch fast dialektisch fort: »Umso notwendiger ist der interkulturelle Dialog, der die kulturellen Konsequenzen der religiösen Grundentscheidung vertieft. Während«, so heißt es weiter in dem Brief-Vorwort, »über Letztere ein wirklicher Dialog nicht möglich ist, ohne den eigenen Glauben in Klammern zu setzen, muss man in öffentlicher Auseinandersetzung die kulturellen Konsequenzen der religiösen Grundentscheidungen angehen. Hier sind der Dialog und eine gegenseitige Korrektur und eine wechselseitige Bereicherung möglich und notwendig.«
    Also doch! Aber offenbar auf einem anderen Feld, in einer anderen Ebene und Dimension. Das ist nicht theologische Haarspalterei, sondern die wichtige Unterscheidung zwischen dem Primär-Religiösen der fest verwurzelten Glaubensüberzeugungen und dem Sekundären der »kulturellen Konsequenzen«. Auch wenn diese Unterscheidung in der europäischen Geistestradition leichter fallen mag als im Islam.
»Multikulturalität unmöglich«
    Die Freiheit zu diesem Dialog im weiten Sinn erwachse jedoch nur, so Benedikt weiter, wieder fast dialektisch, aus der Festigkeit der eigenen Identität. Denn auch für die westliche Welt gilt, dass »zur Substanz des Liberalismus seine Verwurzelung im christlichen Gottesbild gehört: von Gott haben wir das Geschenk der Freiheit«. Ebenso bekräftigt der Papst des Senators Pera kritische Darstellung der »Multikulturalität«; sie sei »innerlich widersprüchlich« und daher »politisch und kulturell unmöglich«. Europa müsse daher von seinem »christlich-liberalen Fundament seine Identität« finden, nicht eine imaginäre »kosmopolitische«.
    Die Sätze des Papstes fanden sofort ein weites internationales Echo, meist im Sinn einer klärenden Unterscheidung. Allerdings musste der Vatikansprecher Lombardi erläutern, der Papst wolle damit keineswegs friedlichen Zielen des interreligiösen Dialogs abschwören. Benedikt habe seine Bereitschaft zum Dialog durch Besuche in Moschee und Synagoge hinlänglich demonstriert, so
Lombardi. Alles andere wäre auch wenig sinnvoll. Denn der Dialog muss schon deshalb weitergeführt werden, weil seine Verweigerung - von wem auch immer - schweren politischen Schaden anrichten würde.
    Mit seiner Klarstellung setzt sich Benedikt von zwei Deutungen des interreligiösen Dialogs ab. Die eine wird durch die unter Christen

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