Zwischen Rom und Mekka
des Papstes kamen, doch noch einzulösen von wichtigen Führern und in manchen Provinzen der muslimischen Weltgemeinde. Aber Benedikt tat so, als ob er die Anhänger des Propheten für den »Geist des Dialogs« schon gewonnen habe, und »freute sich darüber«. Gleichsam zur Sicherheit, dass auch das Wort des Propheten nichts mit Gewalt zu tun habe, schärfte Benedikt den »lieben muslimischen Freunden« zum Schluss in feierlicher religiöser Eindringlichkeit ein:
»Sie«, so wandte sich der Papst an die Autoritäten, »führen die Gläubigen des Islam und erziehen sie im muslimischen Glauben. Die Lehre ist das Mittel zur Weitergabe von Vorstellungen und Überzeugungen. Das Wort ist der Hauptweg in der Erziehung des Geistes. Sie tragen deshalb eine große Verantwortung in der Erziehung der nachwachsenden Generationen. Ich bin dankbar zu hören, in welchem Geist Sie diese Verantwortung wahren. Gemeinsam müssen wir - Christen und Muslime - uns den zahlreichen Herausforderungen stellen, die unsere Zeit uns aufgibt. Für Apathie und Untätigkeit ist kein Platz, und noch
weniger für Parteilichkeit und Sektentum. Wir dürfen der Angst und dem Pessimismus keinen Raum geben. Wir müssen vielmehr Optimismus und Hoffnung pflegen. Der interreligiöse und interkulturelle Dialog zwischen Christen und Muslimen darf nicht auf eine Saisonentscheidung reduziert werden. Tatsächlich ist er eine vitale Notwendigkeit, von der zum großen Teil unsere Zukunft abhängt. Die Jugendlichen aus vielen Teilen der Erde sind hier in Köln als lebendige Zeugen für Solidarität, Brüderlichkeit und Liebe. Ich wünsche Ihnen, verehrte und liebe muslimische Freunde, von ganzem Herzen, dass der barmherzige und mitleidige Gott Sie beschütze, Sie segne und Sie immer erleuchte. Der Gott des Friedens erhebe unsere Herzen, nähre unsere Hoffnung und leite unsere Schritte auf den Straßen der Welt.«
Dagegen war schwerlich etwas zu sagen. Daran zu erinnern schien notwendig, noch wichtiger, sich daran zu halten.
Kapitel 6
Sonderfall Italien - Der Papst als »Primas Italiae«
Es ist in Rom und in ganz Italien unvergessen. Am Montag, dem 19. Juli 1943, einem heißen Sommertag, flogen 500 Bomber der alliierten Streitkräfte einen Luftangriff auf Rom, die Hauptstadt des Königreichs Italien und des faschistischen Diktators Mussolini. Ihre Bomben sollten die Stazione Tiburtina, einen wichtigen Bahnhof für die Transporte der italienischen und der verbündeten deutschen Truppen, zerstören; sie trafen jedoch vor allem die umliegenden Wohnhäuser und die Kirche San Lorenzo fuori le mura. Papst Pius XII. eilte herbei und hob, umgeben von einer gläubigen Menge, weit die Arme zum Himmel. Klick. Historisches Foto.
Die Wirkung war gewaltig. Nicht einmal eine Woche später wurde Mussolini entmachtet. Die Italiener wollten sich ihre schönen Städte und die Ewige Stadt nicht zerbomben lassen. Das Königreich Italien wechselte auf die Seite der Alliierten, und die historischen Innenstädte wurden - anders als die deutschen - von Bomben künftig weitgehend verschont. Der Papst, Bischof von Rom und, wie sein fünfter Ehrentitel lautet, »Primas Italiae«, hatte sich als Schutzherr von Stadt und Land gezeigt. So sahen es die Italiener.
Patriarch des Abendlands
So war es seit Jahrhunderten. Seitdem aus dem römischen Kirchenführer im Mittelalter der Herr der Sieben-Hügel-Stadt und ein Landesherr, der des »Patrimonium Petri«, des mittelitalienischen
Kirchenstaates, geworden war. Der Papst in Rom fühlte sich für Italien verantwortlich, als »Primas von Italien«. Mehr noch. Er war als »Patriarch des Abendlands« auch Oberhaupt der lateinischen Westkirche, im Unterschied zu den orientalischen Kirchen des Ostens mit den Kaisern in Konstantinopel-Byzanz (bis 1453). Ob aus Anmaßung, wie gefälschte Urkunden des Mittelalters von einer »Konstantinischen Schenkung« oder der »Pseudo-Isidorischen Dekretalen« besagen wollen, oder aus beherztem Sendungsbewusstsein, wie es die Geschichte zuweilen vorantreibt - egal. (Erst im Jahr 2006 hat Benedikt den Ehrentitel »Patriarch des Abendlands« für den Bischof von Rom außer Gebrauch gesetzt, aus Ehrerbietung gegenüber den vier altkirchlichen Patriarchen des Orients, von Konstantinopel, Antiochien, Alexandrien und Jerusalem, kaum aus Rücksicht auf muslimische Empfindlichkeiten.)
Die päpstlichen Bischöfe von Rom organisierten, so weit sie konnten, durch Bündnisse oder Hilferufe an christliche Volksstämme und
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